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Toedliche Intrige

Toedliche Intrige

Titel: Toedliche Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
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Als ich damit eintraf, nahm sie die Flaschen entgegen, aber von Bezahlung war keine Rede. Wahrscheinlich war die Aussicht auf Wodka der Grund dafür, dass sie mich eingeladen hatte. Sie schenkte sich unverzüglich ein Glas ein, pur, schaute mich dann an, wie um mir etwas anzubieten,und als ich den Kopf schüttelte, kippte sie den Inhalt in einem Zug hinunter, füllte das Glas wieder und setzte sich. Danach wirkte sie etwas ruhiger. Angeblich arbeitete sie als Krankenpflegerin in Privathaushalten. Nach einem ausführlichen Gespräch über die Schule und die alten Zeiten kam ich auf Bettý zu sprechen, zunächst vorsichtig, aber dann ziemlich direkt. »Kennst du Bettý?«, fragte sie.
    »Nur oberflächlich«, antwortete ich knapp. »Ich habe sie im Zusammenhang mit diesem Projekt angerufen, und sie verwies mich an dich.«
    Sylvia nickte und führte sich einen weiteren Schluck zu Gemüte.
    »Es ist viele Jahre her, seit ich sie zuletzt getroffen habe«, sagte sie. »Also, bestimmt ... ich meine, es ist bestimmt fünfzehn Jahre her oder so was. Ist sie nicht nach Akureyri gegangen?«
    »Stimmt«, sagte ich. »Wie war Bettý, als du sie kennen lerntest?«
    Ich wollte mir einerseits keine Informationen aus der Nase ziehen lassen, aber andererseits auch nicht zu interessiert wirken.
    »Sie war in Ordnung«, sagte Sylvia. »Das intelligenteste Mädchen, das mir je im Leben begegnet ist. Die ließ sich absolut nichts bieten. Sie hat es mit den Jungs aufnehmen können, da kannte sie gar nichts.«
    Ich fragte sie, ob sie ein Bild von Bettý aus der Zeit besäße, als sie zur der Schule ging.
    »Nee«, sagte Sylvia lang gedehnt, »das glaube ichnicht. Ich besitze gar keine Fotos aus dieser Zeit mehr. Bei mir zu Hause wurden keine Fotos gemacht, und bei Bettý war es, glaube ich, genauso. Ihr Vater ...«
    »War es nicht ihr Stiefvater?«, warf ich ein.
    »Doch, der Kerl war ein richtig brutales Schwein. Die Schreie von Bettýs Mutter konnte man im ganzen Haus hören.«
    »Hatte Bettý Geschwister?«
    »Nee, oder warte mal, doch, aber auf jeden Fall Halbgeschwister, zwei Brüder, so richtige Halbstarke. Sie waren älter, und Bettý hatte keine Verbindung zu ihnen. Ich glaube, der eine von denen saß damals sogar in Litla-Hraun ein.«
    Sylvia stand auf und schenkte sich das nächste Glas ein. Sie schien nicht das Bedürfnis zu haben, irgendwelche Erklärungen abzugeben, weswegen sie am helllichten Tag Wodka pur in sich hineinschüttete. Derartige Skrupel hatte sie längst hinter sich gelassen.
    »Sie hat immer davon geträumt, reich zu sein«, sagte sie, als sie sich wieder gesetzt hatte. »Bettý hatte nur ein einziges Ziel im Leben, als wir uns kennen lernten, und das war, reich zu werden. Sie wollte im Geld schwimmen, wenn sie erwachsen wurde. Sie wollte sich alles leisten können und ein Luxusleben führen. Sie hat oft darüber geredet, was sie alles machen würde, wenn sie reich wäre. Sie wollte auf einer Insel im sonnigen Süden leben und nie wieder in dieses beschissene Land zurückkehren.«
    Sylvia lächelte.
    »Davon haben wir alle geträumt, glaube ich«, sagte sie. Dann trank sie wieder einen Schluck.
    »Sie nannte es ein beschissenes Land, sie hasste die Kälte und den Dreck hier im Winter. Sie war ganz schön raffiniert, das war sie. Aber da war irgendwas ... etwas ...«
    »Was?«
    »Ach, ich weiß nicht, wie man so was nennt. Vielleicht Falschheit. Sie kannte überhaupt keine Moral. Sie dachte ausschließlich an sich selbst. Sie hat sich darauf verstanden, uns hier im Block oder in der Schule gegeneinander aufzuhetzen, und sie konnte andere Kinder derart mobben und schikanieren, dass sie sich nicht mehr vor die Tür trauten. Aber sie konnte auch unheimlich lieb und nett sein und irgendwie ...«
    Sylvia war jetzt so alkoholisiert, dass sie immer leiser sprach und auf einmal mitten im Satz aufhörte. Sie saß nachdenklich da, während sie das leere Glas umklammerte, versunken in Erinnerungen, die sie anscheinend völlig in den Hintergrund gedrängt hatte.
    »Du weißt vielleicht, wie sie war, oder? Kann sein, dass sie immer noch so ist.«
    »Wie sie war?«
    »Mit Mädchen. Ist sie immer noch so?« »Ich kenne ...«
    »Sie war gut, das muss man ihr lassen.« Sylvia stand auf, holte die Wodkaflasche und stellte sie auf den Tisch. Sie war nur noch halb voll.
    »Bettý war aber auch mit Jungs zusammen. Damalshat sie es sowohl mit Jungs als auch mit Mädchen getrieben. Sie war ausgesprochen frühreif ...« Sylvia schaute

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