Toedliche Intrige
Schmerzen in der Zunge.
»Wieso ich weiß, dass es Leo war?«, echote Stella. »Sie hat mich angerufen, als sie den Titel in der Tasche hatte. Sie rief im Krankenhaus an und fragte mich nach meinem Fuß. So war Bettý. Total hip, wahrscheinlich war sie sogar gedopt. Und dann hat sie es mir gesagt. Sie hat es mir glatt ins Gesicht gesagt.«
»Was hat sie gesagt?«
»Leo lässt grüßen. Sie sagte: Leo lässt grüßen.«
Wir schwiegen. Die Tür flog auf, und zwei Kinder schossen herein zu ihrer Mutter.
»Und dann hat sie den Hörer aufgeknallt«, sagte Stella und strich sich über den Knöchel.
*
Ich starrte den Spiegel im Verhörraum an. »Ist sie dahinter?!«, schrie ich.
»Ganz ruhig«, sagte Lárus. »Hinter dem Spiegel ist niemand.«
»Mach nicht schon wieder Theater, Sara«, sagte Dóra. »Das bringt nichts, das weißt du doch. Du marschierst sonst nur umgehend wieder in deine Zelle.«
»Was hat sie euch alles gesagt?«
»Bettý ist nicht dort«, sagte Lárus. »Beruhige dich!«
Ich erhob mich, ohne die Blicke vom Spiegel abzuwenden. Die beiden standen ebenfalls auf. Die Tür öffnetesich, und ein Gefängnisaufseher postierte sich im Türrahmen.
»Beruhig dich«, sagte Dóra in besänftigendem Ton. »Was hast du ihnen erzählt?«, schrie ich den Spiegel an.
»Setzen!«, befahl Lárus und sah den Wärter Hilfe suchend an.
»Setz dich doch«, sagte Dóra ganz ruhig. »Hinter dem Spiegel ist niemand. Du bildest dir das ein. Und falls dort jemand wäre, dann ganz gewiss nicht Bettý. Glaub mir. Es ist völlig ausgeschlossen, dass Bettý da hinter dem Spiegel sein könnte.«
Ich versuchte, mich zu beruhigen, und schaute sie an.
»Du lügst mir nichts vor?«
»Nein«, versicherte Dóra.
»Mich lügen alle an«, sagte ich. »Mich haben von Anfang an alle angelogen.«
»Schon gut«, sagte Dóra, »nun setz dich wieder, und dann reden wir darüber, wer dich alles angelogen hat.«
»Mich haben alle in Bezug auf alles angelogen«, sagte ich.
Die Spannung in dem Zimmer lockerte sich etwas. Der Gefängniswärter stand unschlüssig in der Tür. Dóra gab ihm ein Zeichen, dass er sich zurückziehen sollte. Lárus nahm wieder Platz. Dóra und ich standen noch, schauten uns in die Augen, und ich hatte das Gefühl, als verstünde sie mich. Ich war etwas ruhiger geworden und sank auf meinen Stuhl.
»Mich lügen alle an«, wiederholte ich.
»Wir haben die Zeugenaussage eines Mannes«, begann Dóra vorsichtig. Er kann sich an bestimmte Dinge erinnern, die Tómas Ottósson Zöega über dich gesagt hat. Ich werde dir sagen, um was es geht. Aber du darfst dich nicht wieder aufregen. Verstehst du? Sonst wirst du unverzüglich in die Zelle zurückgebracht.«
»Uns reicht es jetzt so langsam mit diesem Zirkus«, erklärte Lárus.
»Was meinst du eigentlich? Was für eine Zeugenaussage?«
»Tómas hat diesem Mann gesagt, einem von seinen Angelfreunden, dass du es gerne etwas grob hättest. Weißt du, wovon ich rede?«
»Grob?«
»Und brutal«, sagte Lárus. »Worüber redet ihr eigentlich?« »Über dein Sexleben.« »Mein Sexleben?!« Sie saßen schweigend da.
»Mein Sexleben? Hat jemand über mein Sexleben geredet? Ein Angelfreund von Tómas?« »Stimmt das?«, fragte Dóra.
»Nein, das stimmt nicht«, sagte ich. »Das ist eine Lüge. Noch so eine verdammte Lüge. Weshalb sollte Tómas über mein Sexleben geredet haben? Er wusste ja überhaupt nichts darüber.«
Das musste von Bettý kommen, wie alles andere. Sie schien Tómas mit allen möglichen unwahren Informationenüber mich gefüttert zu haben. Und genau dasselbe Spiel spielte sie mit der Polizei.
»Wir haben einen Zeugen, dass es anders war«, sagte Lárus.
»Anders war?«
»Dass ihr ein Verhältnis miteinander hattet«, sagte Dóra. »Oder so was wie ein Hassliebe-Verhältnis, so wurde es, glaube ich, ausgedrückt.«
»Ich und Tómas?!«
»Und dass es mit Vergewaltigung geendet hat«, sagte Lárus.
»Deswegen hattest du einen Grund, dich an ihm zu rächen. Da haben wir das Motiv für einen Mord.«
»Wer denkt sich bloß solche infamen Lügen aus? Ich hab es euch tausend Mal gesagt: Es hat keine Vergewaltigung gegeben. Tómas und ich hatten kein Verhältnis miteinander, verdammt noch mal!«
*
Ich weiß nicht, wie ich darüber reden soll. Von allem, was mir passiert ist und in was ich mich selbst hineinverstrickt habe, ist nichts so schmerzhaft wie die Vergewaltigung - und ich bin nicht imstande zu sagen, was sich da abgespielt hat. Ich leide
Weitere Kostenlose Bücher