Toedliche Intrige
Höllenqualen. Ich kenne nur eine Methode, um damit fertig zu werden, nämlich es so tief wie möglich in die Abgründe der Seele zurückzudrängen.
Bruchteile dringen manchmal an die Oberflächeund bewirken, dass ich mich vor Entsetzen zusammenkrümme. Seine Hände auf meinem Körper. Sein nach Alkohol stinkender Atem. Sein Gewicht, als er sich auf mich wälzte. Meine kraftlosen Tritte. Der Schmerz, als er ...
Und die Qualen.
All diese Qualen, die ich nicht länger unterdrücken kann.
*
Eine ganze Weile war unter tiefem Schweigen verstrichen. Sie schauten mich an, und es hatte fast den Anschein, als hätten sie Mitleid mit mir. Ich war es satt. Ich hatte das Lügen satt und das ganze Versteckspiel. Mehr als satt.
»Habt ihr es wirklich noch nicht herausgefunden?«, fragte ich schließlich.
»Was herausgefunden?«, entgegnete Dóra.
»Über Bettý und mich«, sagte ich.
»Was ist mit Bettý und dir?«, fragte Lárus.
»Wir hatten ein Verhältnis miteinander«, sagte ich. »Sie hat Tómas mit mir betrogen, nicht umgekehrt. Bettý und ich waren zusammen.«
28
I ch erinnere mich nicht mehr, wie ich von Stella nach Hause gekommen bin. Ich weiß nicht mehr, wie ich gefahren bin. Als ich mich von ihr verabschiedete, war ich mit meinen Gedanken ganz woanders. Sie fragte mich, ob alles in Ordnung sei. Sie sah, dass mich irgendetwas aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, aber sie wusste nicht, was. Die arme Stella. Ich war am Ende meiner Kräfte, als ich in meine Wohnung kam, und legte mich aufs Sofa. Ich war völlig durcheinander und wusste nicht mehr, was ich glauben sollte. Die Welt drehte sich vor meinen Augen und entzog sich meinem Zugriff.
Leo und Bettý.
Schon immer. Bettý und Leo und dann ich, der alles in die Schuhe geschoben werden sollte.
Ich lag wie gelähmt auf dem Sofa und versuchte, mir einen Reim darauf zu machen. Wann hatten die beiden angefangen, den Mord an Tómas zu planen? Als Bettý und Tómas zusammenzogen? Als es in der Beziehung zu kriseln begann? Und wie kam ich in das Bild? Warum ausgerechnet ich?
In der dunklen Wohnung schrillte das Telefon. Ich schleppte mich hin und nahm den Hörer ab. Es war der geschäftsführende Direktor in Akureyri. Er hatte mir einige Fragen zu juristischen Zweifelsfällen zur Bearbeitung gegeben, und er fragte, wann er damit rechnen könnte. Ich erfand ein paar Lügen, um ihn zufrieden zu stellen. Dann fing er an, über Tómas zu reden und dass sie endlich die Leiche gefunden hätten. Ich hörte ihm geistesabwesend zu, bis mir auf einmal einfiel, ihn nach Leo auszufragen. Ich pirschte mich an das Thema heran und erwähnte zunächst die Freundschaft zwischen Tómas und Leo.
Er ging prompt darauf ein. »Tómas und Leo waren mit Sicherheit nicht befreundet. Leo hat vor etwa vier Jahren bei uns angefangen und hat sich ziemlich schnell zu seiner rechten Hand hochgearbeitet und war dann so etwas wie ein Hansdampf in allen Gassen in der Firma. Er hat es verstanden, Tómas um den Bart zu gehen. Typisch Leo, der ist nicht auf den Mund gefallen.«
Ich glaubte herauszuhören, dass der Mann keineswegs begeistert von Leo war.
»Warum wurde er denn eingestellt?«
»Dafür hat Bettý gesorgt.«
»Bettý?«
»Sie hat gesagt, es sei ein Verwandter von ihr oder so etwas.«
»Ein Verwandter?« »Ja.«
»Aber Leo ist doch gar nicht mit Bettý verwandt«,sagte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Meine unterdrückte Wut war nicht zu überhören, und seine Neugier erwachte.
»Warum fragst du nach Leo?«, sagte er mit einem verwunderten Unterton in der Stimme.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und knallte den Hörer auf die Gabel. Ich riss die Telefonschnur aus der Steckdose und warf den Apparat auf den Boden.
Ich kämpfte mit den Tränen.
Ich musste Bettý treffen. Ich musste mit ihr reden. Ich musste es aus ihrem Mund hören. Sie musste es mir selber sagen.
Ich schreckte hoch, als sich mein Handy auf dem Wohnzimmertisch meldete: The Hills are alive with the Sound of Music. Ich ging zum Tisch und starrte auf den Apparat, während diese absurde Melodie erklang. Es hörte und hörte nicht auf. Ich nahm das Handy und antwortete.
»Hier ist die Polizei«, sagte eine Stimme am anderen Ende der Leitung.
*
»Willst du damit sagen, dass du und Bettý ein lesbisches Verhältnis miteinander hattet?«
Lárus glaubte mir augenscheinlich nicht.
»Du und Bettý, wart ihr zusammen?«, fragte Dóra.
Dóra immer so korrekt. Immer höflich. Ließ sich nie von
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