Tödliche Investitionen
den Polizisten, der sich schnell erhob. Sie sprang wieder auf und kam langsam auf ihn zu, während sie ein Paar schwarze Handschuhe auszog. Sie enthüllte schlanke Hände, elegant und mit nur wenig Gold. Das Edelmetall trug sie in Form von einigen dünnen Armreifen, die leise klirrten, als er ihre Hand ergriff. Sie war trocken, und es war angenehm, sie zu berühren.
»Tag«, sagte sie. »Ich bin Sonja Hager.«
Mit ihr war ein Schwall frischer Luft hereingekommen. Sie sah ihm mit einem neugierigen kleinen Lächeln in die Augen, als er sich vorstellte. »Dann haben wir ja bereits miteinander gesprochen!«, rief sie und fuhr in gedämpftem Tonfall fort:
»Es war ein entsetzlicher Schock. Es ist eine Sache, wenn ein Mensch stirbt, mit dem man viel zu tun gehabt hat, aber es ist doch etwas ganz anderes, wenn er auf so entsetzliche Weise getötet wird.«
Sie drehte sich um und hängte ihre Pelztiere in eine Ecke hinter der Fahrstuhltür. Danach stand sie in einem damenhaften Rock und einer geblümten Weste über einer lockeren Bluse vor ihm. Sie war eine wohlhabende Frau. Eine, die ein teures Auto fuhr und sicher edles Porzellan sammelte.
»Manche Männer müssten kastriert werden, finde ich«, sagte sie leichthin und zog ihre Bluse zurecht.
Frølich bemerkte zwei Ketten an ihrem Hals. Eine kurze aus Gold und eine längere, deren Anhänger sich bei ihren Brüsten versteckte, die schwach irgendwo unter den Kleidern wogten.
»Es steht noch nicht fest, ob sie vergewaltigt worden ist oder nicht!«
»Aber das liegt doch auf der Hand!«
Sie wühlte in einem Aktenschrank herum und winkte mit einer Kekspackung. »Eine Tasse Kaffee?«
»Ja, gerne.«
Sie trat zum Telefon, wählte eine kurze Nummer und sprach.
»Es ist besser so«, sagte sie danach zu ihm. »Ich möchte nicht gern in der Kantine verhört werden.«
»Aber das ist doch kein Verhör.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
Sie setzte sich ihm gegenüber auf das Sofa. »Wir alle sind es Reidun schuldig, dabei zu helfen, den zu erwischen, der sie umgebracht hat.«
Frank Frølich hob entschuldigend seinen Notizblock.
»Wie gut haben Sie Reidun gekannt?«
»Im Grunde kaum. Sie war ja neu hier, aber sehr …«
Sie suchte nach dem passenden Wort. Einen kleinen Moment lang wirkte sie geistesabwesend. »Positiv«, fügte sie nach einer Weile mit in sich gekehrtem Blick hinzu. »Wir konnten gut miteinander kommunizieren«, fügte sie hinzu. »Eine intelligente Frau, die Manieren hatte und die überall Freunde fand. Aber es hat zwischen uns nie einen engeren Kontakt gegeben.«
Frølich nickte. Es lag sicher ein tiefer Graben zwischen der Mietwohnung in Grünerløkka und dem Schloss, in dem diese Frau residierte.
»Sie war überhaupt eine gute Verkäuferin«, erklärte sie.
Sie wurden von einer Frau mittleren Alters unterbrochen, die ein Tablett mit zwei Kaffeetassen hereinbrachte und es auf einem Kasten neben der Tür abstellte. Sonja stand auf, um das Tablett zu holen. Sie richtete ihre Frisur, ehe sie zurückkam. Setzte sich, schlug ein Bein über das andere und riss ein kleines Loch in die Sahnepackung aus Pappe.
Frølich lehnte höflich ab, er trank den Kaffee schwarz, nippte behutsam an der Tasse und fragte: »Inwiefern war sie eine gute Verkäuferin?«
»Wie sollte eine gute Verkäuferin sein?«
Eine gescheite Frau. Sie stellte eine Gegenfrage. »Na ja …«
Er wartete. »Glatt«, schlug sie mit ihrem permanenten Lächeln vor. »Verkäufer sind glatt und gerissen, und man weiß nie, was man von ihnen halten soll.«
Wollte sie ihm etwas mitteilen? Er konnte ihr Lächeln nicht ganz deuten. Es war aufgesetzt. Und in ihren Augen sah er zwei stechende Punkte.
»Hatte Reidun Rosendal diese Eigenschaften?«
»Reidun war intelligent, schön und … jung.«
»Hatte sie Feinde hier im Haus?«, fragte er ruhig.
»Ganz im Gegenteil.«
»Hatte sie mit irgendwem besonders engen Kontakt?«
Sonja nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. »Nein.«
Frølich notierte, dann fragte er weiter: »Bregård hat erzählt, dass er ein Verhältnis mit ihr hatte.«
»Er hat was gesagt?«
Sie starrte in ihre Kaffeetasse.
»Na ja. Ich hatte den Eindruck.«
»Was für einen Eindruck?«
Die Reaktion kam etwas zu schnell. Das Lächeln, das der Frage den Stachel ziehen sollte, war zu steif. Ihre Lippen bebten schwach und ein wenig unkontrolliert. Frølich konzentrierte sich und gewann Zeit, indem er sich vorbeugte und doch noch etwas Sahne in seinen Kaffee goss.
Danach
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