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Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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hier. Es war sein privater Zufluchtsort. Dennoch konnte er die braune Kiefer vor der Hütte nicht ansehen, ohne einen Stich zu verspüren. Der kleine Stich und das Bild von Edel in hohen Stiefeln, die, den geflochtenen Korb am Arm, vom Pilzesammeln zurückkam. Er fragte sich manchmal, warum er gerade dieses Bild vor Augen hatte. Warum kein anderes, und warum dazu immer dieser Stich? Von der hohen Kiefer führte ein kleiner Pfad die fünfundzwanzig Meter zur Hütte, die sich zwischen zwei hohen Felskuppen versteckte. Auf der Vorderseite offenbarte sich das Wunder. Im Frühling, Sommer und Herbst. Hier hatte sie das erreicht, was in dieser Klimazone überhaupt möglich war. Und er hielt es in Stand. Schon jetzt, als er Ordner und Unterlagen aus dem Wagen lud, zeigte sich auf seiner Stirn eine besorgte Falte, als er an das Wasserproblem im Sommer dachte. Man wusste es nie – so ein Fall wie der Mord an Reidun Rosendal konnte sich hinziehen. In den kommenden Wochen würde er bestimmt nicht hier wohnen können, aber wie würde es im Mai sein, wenn vielleicht die Frühjahrstrockenheit einsetzte?
    Seine Gedanken wurden von brechenden Zweigen und schweren Schritten unterbrochen. Aus dem Unterholz am Wegesrand trat ein Mann in einem verwaschenen Isländer und einer zerlumpten alten Hose. Gunnarstranda erkannte seinen Hüttennachbarn Sørby, der grüßend die Hand an die Stirn legte und nervös grinste.
    Gunnarstranda murmelte etwas Unverständliches zur Antwort und ließ sich Zeit mit seinem Gepäck.
    Sørby gehörte zu einer Gruppe von Rentnern, die hier draußen zusammenhockte, Akkordeon spielte und sich um sonst nichts kümmerte. Gunnarstranda mochte ihn nicht. Er war ein Wichtigtuer und sprach in einem Ton über seine Kinder als verriete er ein Staatsgeheimnis.
    Gunnarstranda waren anderer Leute Kinder und Kindeskinder restlos egal. Vor allem die, für die dieser Fettsack verantwortlich war. Außerdem hatte er den Verdacht, dass die Rentner an ihren Akkordeonabenden über ihn herzogen.
    So wie Sørby da stehen blieb, unsicher und zahm, konnte er ja keine ehrlichen Absichten haben.
    Gunnarstranda blickte aus zusammengekniffenen Augen abweisend in Richtung des Mannes. Was hatte dieser Kerl auf seinem Grundstück zu suchen gehabt? Hatte wahrscheinlich rumgeschnüffelt. Er und die anderen.
    Zusammen waren sie stark. Aber dann kam einer nach dem anderen angekrochen, um um Ableger und Wurzeln zu bitten. Wer sich nicht traute, schnüffelte hier herum, wenn Gunnarstranda in der Stadt war. Er fand immer ihre Spuren. Später wuchsen oft kleine Kümmerlinge zwischen Sørbys Kiefern und gingen bald ein. Denn weder seine Frau noch der Idiot selbst wussten, was es mit Spaten, Dünger oder Kalk auf sich hatte.
    »Das wird ja schön dahinten«, versuchte der Rentner sich anzubiedern und deutete zu dem hinüber, was vom geplanten Ausbau der Hütte schon zu sehen war.
    Gunnarstranda zuckte mit den Schultern und packte mit jeder Hand eine Tasche.
    »Ist das nicht schrecklich teuer?«, plauderte der Dicke.
    »Doch. Sauteuer, du kannst dir das bestimmt nicht leisten.«
    Du bist bestimmt nicht daran gewöhnt, beleidigt zu werden, dachte Gunnarstranda, genoss einen Moment lang den Anblick des ausdruckslosen Gesichts, dann verabschiedete er sich kurz von dem Mann und drehte ihm den Rücken zu.
    Anschließend ging er an der Felswand entlang und betrachtete die Ranken, die sich über den Boden zogen, untersuchte Knospen und Stängel. Er ging weiter zur Westwand, wo eine Grube von fünf mal einem Meter ein Stück von der Wand entfernt den Felsboden bloßlegte. Es waren bereits Pfähle eingelassen worden. Sørbys Fußspuren zeichneten sich im nassen Kies klar ab. Gut, dass ich noch kein Baumaterial gekauft habe, dachte er. Dann kommt er nicht in Versuchung.
    Er zog die Plastikplane über dem kleinen Zementmischer zurecht und ging zurück. Er setzte sich auf den Hocker vor dem Kamin und zündete sich eine Zigarette an.
    Edel war diejenige gewesen, die Kontakt zur Außenwelt gehalten hatte. Er hatte durch seine Arbeit genug mit Menschen zu tun. Zu viel, um seine Freizeit mit Geplauder zu vergeuden. Edel hätte sicher Mitleid mit dem Dicken gehabt. Hätte ihn mit Pflanzen und guten Ratschlägen versorgt. Aber genutzt hätte es doch nichts, die Ratschläge wären umsonst gewesen.
    Es war windstill. Aber hier war man immer windgeschützt. Nur von Süden konnte der Wind hier hereinkommen, und das war nur selten der Fall. Der See unten im Tal lag still

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