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Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Er bewegte den Kopf und bekam lauter Haare in die Nase. Schließlich hob er die Hand und strich ihre Haare beiseite. Er war fast wach, drehte sich aber schwer auf die Seite. Das Telefon dröhnte, aber Eva-Britt schlief noch immer tief. Ihr Kopf bestand nur aus blonden Haaren, und die Brustwarzen leuchteten im Dunkeln wie zwei dunkelblaue Wegweiser. Er tastete nach dem Telefon. Reckte sich. Erwischte den Hörer, nahm ihn ab und legte wieder auf.
    Endlich Stille. Ein schwacher Luftzug strömte durch das gekippte Fenster. Ihr Parfüm ließ die Luft ein bisschen süß erscheinen. Zum Glück hatte er nur ein Glas Schwarzgebrannten getrunken. Der Teufel sollte Gunder holen! Der Mechaniker drängte Eva-Britt immer wieder sein Gebräu auf. Normalerweise schüttete sie es ins Klo. Gestern hatte sie das allerdings nicht getan, und er war dumm genug gewesen, später zu Haus davon zu trinken.
    Er merkte, wie Eva-Britt sich auf die Seite drehte. Ihr Hintern schien ihm herzförmig entgegen. Er streichelte ihre Hüfte. Sie bewegte sich schwerfällig und seufzte von weither. Vorsichtig zog er die Decke über sie beide und drehte sich herum, um weiterzuschlafen.
    Wieder klingelte das Telefon.
    Er riss die Augen auf und starrte in die Dunkelheit. Blickte durch den Spalt zwischen den Matratzen auf den zerbrochenen Lattenrost. Er musste sich hinknien, um den Hörer zu erwischen. Es knisterte. Der Chef war am Apparat. Gunnarstrandas Stimme tönte energisch an sein Ohr. Frølich senkte die Hand mit dem Hörer »Ist dir bewusst, dass es mitten in der Nacht ist?«, fragte er gepresst.
    »Ja«, knisterte das Telefon. »Zieh dich an.«
    Frølich stolperte über das Bett. Es war ungewohnt, die Matratze auf dem Boden zu haben. Das tat weh! Er rollte sich auf den Boden. Scheißtelefon. Jetzt arbeiten zu müssen! Warum zum Henker hatte er den Stecker nicht rausgezogen?
    Er hockte auf allen vieren auf dem Boden. Er hatte weniger Lust zu arbeiten als ein staatlicher Vermittler bei der Tarifverhandlung. Sein Gehirn hockte noch hinter dem Sofa wie eine Schildkröte. Ihm grauste vor dem Aufstehen, aber es ging. Ihm wurde schwindlig. Dem Himmel sei Dank, keine Übelkeit. Er hatte den Geschmack von Bier, Knoblauch und süßem Weizenbrot im Mund.
    Frølich schwankte ins Badezimmer und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Sein Kopf schien unter einem Bretterstapel verborgen zu liegen. Er putzte sich die Zähne. Hielt sich danach die Hand vor den Mund, roch zur Probe an seinem Atem, ohne gleich in Ohnmacht zu fallen. Er zog sich an, stapfte in die Küche und schrieb Eva-Britt eine Nachricht auf eine Ecke vom Brotpapier. Er riss die Ecke ab und zögerte kurz vor der Schlafzimmertür.
    Das Bettgestell rahmte die Matratze und Eva-Britt ein.
    Sie lag ohne Decke auf der Seite und hatte ihm ihr Gesicht zugekehrt, wie in einer Schachtel. Ihr glatter Bauch, ihre runden Beine und dieser dünne Streifen von Haaren, die sich zum Bauch hin kräuselten. Und ich kann nicht mal Überstunden berechnen, verdammte Pest, dachte er bitter. Faltete seinen Zettel in der Mitte zusammen und stellte ihn wie ein Zelt auf den Schreibtisch vor das Telefon. Dann schloss er leise die Tür hinter sich.
    Auf der Treppe wurde ihm wieder schwindlig. Draußen regnete es. Er zögerte einen Moment, dann stieg er ins Auto. Ein Blick auf die Uhr: Viertel vor drei. Er verspürte einen Anflug von schlechtem Gewissen und pfiff darauf. In seiner Jackentasche fand er einen Kaugummi und wickelte ihn aus. Es schmeckte wie ein Stück Pappe.
    Sein Wagen sauste über den Ringvei. Die Scheibenwischer bewegten sich rhythmisch über das Fenster, und die Ampel bei Sinsen spiegelte sich leer und gewaltig im glänzenden nassen Asphalt. Eine scharfe Frauenstimme redete im Radio vor sich hin. Schließlich verstummte sie und machte Platz für »When the night comes« von Joe Cocker, und er bekam bei dem Gitarrensolo nach dem obligatorischen Gebrüll eine Gänsehaut. Die Ampeln blinkten gelb in der leeren Hans Nielsen Hauges Gate. Eine blonde Frau drückte sich in einer Telefonzelle an der Ecke Sandakerveien an einen Mann. Das musste kalt sein. Mitten im April. Die blinkenden Lichter wirkten in der Dunkelheit düster, fast orange. Frølich hielt auf dem Taxistand am Advokat Dehlis Plass. Stieg aus, blieb stehen und schnappte im Nieselregen frische Luft. Der Bordstein glänzte vor Feuchtigkeit, und das Licht des Juweliers ließ alles funkeln. Frølich merkte, dass seine Kiefer schmerzten, und spuckte den Kaugummi in

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