Tödliche Investitionen
geholfen haben kann.«
Er beugte sich vor und erklärte die Theorie der Techniker, dass das Tor unten weit offen gestanden haben musste, als das Schloss mit dem Hammer bearbeitet worden war. Dass die Kerbe im Verputz zum Griff gepasst hatte. »Es sieht fast so aus, als ob uns jemand in die Irre führen wollte«, schloss er. »Als ob jemand uns glauben machen wollte, das Schloss sei aufgebrochen worden.«
»Wollen Sie andeuten, dass in der Wohnung gar nicht eingebrochen worden ist?«
»Die Wohnungstür war aufgebrochen worden, das haben Sie ja selber gesehen. Aber ob das Tor aufgebrochen wurde, ist fraglich.«
»Sie halten also die Einbruchsspuren am Tor für gefälscht?«
»Das ist durchaus möglich.«
»Worauf genau wollen Sie hinaus?«
»Ich versuche, einen Zusammenhang zu finden, mehr nicht. Warum haben Sie uns Ihre Auseinandersetzung mit Software Partners verschwiegen?«
»Weil es Sie nichts angeht.«
»Da bin ich anderer Ansicht. Die einzige logische Ursache der Einbruchsspuren am Tor muss sein, dass der Einbrecher das Tor selber öffnen konnte, dass er also in diesem Haus wohnt.«
Gunnarstranda wartete kurz. »Und dann gäbe es nicht sehr viele Kandidaten.«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, gab Bjerke etwas zahmer zu.
»Und dann müsste irgendein armer Bulle jedenfalls gewisse Untersuchungen durchführen müssen.«
»Was für Untersuchungen?«
»Die Aufschluss darüber geben können, welcher Kontakt zwischen einem Wirtschaftsprüfer aus Grünerløkka und Terje Engelsviken bestanden hat.«
Gunnarstranda registrierte, dass Bjerke jetzt steif und konzentriert auf dem Sofa saß. Er legte die Arme auf die Oberschenkel und lehnte sich ein wenig vor, leicht verkniffen, als säße er auf der Toilette.
Der Polizist bemerkte die Stille im Kinderzimmer. Er sah sich um. Sie stand in der Tür, hinter ihrem Mann, und sah ihn schweigend an. Bjerke rührte sich nicht. Nicht einmal, als sie durch das Zimmer kam, sich setzte, verschlossen, mit fest zusammengepressten Knien und starrem Ausdruck im blassen Gesicht. Ihr Mann ignorierte sie.
Gunnarstranda nickte ihr höflich zu. Sie war eine tolle Frau. Aber ihr Mienenspiel wirkte künstlich. Dir ist unklar, wie viel du weißt, dachte er. Unklar, was es bedeutet, wenn du überhaupt etwas weißt. Dennoch konnte der Kriminalhauptkommissar nicht umhin, die Wirkung zu registrieren, die sie auf ihren Mann hatte. Sein Gesicht war blasser geworden. Die Fassade bröckelte. Na gut, jetzt geht’s los, dachte Gunnarstranda und wandte sich an ihren Mann. »Sie haben uns die ganze Zeit unterschätzt, Bjerke.«
Der andere schwieg.
»Heute Abend, vor wenigen Stunden, habe ich mit dem Gedanken gespielt, Sie zu verhaften.«
Die Frau schluckte.
»Eine solche Verhaftung hätte meine Vorgesetzten und etliche Journalisten durchaus besänftigt.«
Gunnarstranda legte eine Pause ein. Bjerke wich dem Blick seiner Frau aus.
Der Kriminalhauptkommissar fuhr fort: »Manchmal buchten wir irgendwen ein, der am Tatort beobachtet worden ist. Aber da wir den in der Regel wieder freilassen müssen, wägen wir vorher sorgfältig ab.«
Irgendetwas geschah zwischen Mann und Frau. Das ging ihn nichts an. Er hatte die besseren Karten und beschloss zu erhöhen.
Er starrte über den Tisch. »In der Regel haben wir den wahren Täter nicht erwischt. Und deshalb können wir auch die Verwirrung nicht beeinflussen, die der Täter empfindet, wenn der Falsche verhaftet wird. Deshalb bekommen wir auch die Fehler nicht mit, die er dann begeht.«
Er streckte die Hand aus. »Das einzige Resultat ist, dass die Medien ein Opfer haben. Die Leser bekommen pikanten Stoff vorgesetzt, ihr Bedürfnis nach Zirkus, von dem unsere Zeit die Menschen abhängig gemacht hat, wird zufrieden gestellt.« Gunnarstranda nickte und dachte, wie gut, dass ich allein bin, dann kann mich nachher niemand wegen dieses sentimentalen Gewäschs auslachen. Er streckte beide Beine aus und stopfte die Hände in die Hosentaschen. »Wir sind zur Rücksichtnahme verpflichtet.«
Er schauderte innerlich und fuhr fort: »Selbst, wenn wir später vielleicht den wirklichen Täter fassen und er verurteilt und bestraft wird, steht doch nicht fest, dass an dem Unschuldigen nichts hängen bleibt. In zwei, drei oder fünf Jahren weiß niemand mehr, wer tatsächlich der Mörder war. Die Leute erinnern sich aber, wenn sie sich überhaupt an etwas erinnern, an das Foto der über den Kopf gezogenen Jacke. Oder die Kindheitsepisode, die die Zeitungen
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