Tödliche Jagd
Spaten nach rückwärts
wie eine Streitaxt, die scharfe Kante traf den Soldaten tödlich an
der Halsschlagader. Max hielt das AK47 des Postens in seinen
großen Händen, noch bevor dieser zu Boden gesunken war,
stellte er auf Vollautomatik und feuerte eine lange Salve in Richtung
des jungen Offiziers und der beiden anderen Wachen, die daraufhin in
Deckung gingen.
Der Schubs in den Rücken, den mir St. Claire gab,
war nicht unbedingt nötig, doch er machte mir Beine. Ich rannte in
den Wald, tief gebückt, als die ersten Schüsse durch die
Zweige über mir pfiffen. Einen Augenblick später kam ich an
eine ungefähr fünfzig Meter breite Lichtung, auf der eine
Herde Wasserbüffel graste. Ich zögerte; zum Glück kam
St. Claire gleich danach und stieß mich vorwärts. »Geh
weiter!« rief er. »Wenn sie kommen, bevor wir drüben
sind, ist's aus.«
Er gab einige Schüsse auf die
Wasserbüffelherde ab, die in alle Himmelsrichtungen
auseinanderstob, und ich fing wieder an zu laufen, bahnte mir den
kürzesten Weg durch das hohe Elefantengras.
Auf der anderen Seite der Lichtung stieg das
Gelände ziemlich steil an; wir kämpften uns durch dichtes
Unterholz voran, Dornen zerrissen meinen Arbeitsanzug, dann fiel die
Böschung hinunter zum Fluß ebenso steil wieder ab.
Das Durchqueren des Gewässers
bereitete uns keine besonderen Schwierigkeiten. Der Grund war fest, und
das Wasser stand uns höchstens bis zur Brust. Der Fluß war
vielleicht dreißig Meter breit, und St. Claire erreichte das
andere Ufer vor mir, weil er schneller vorankam als ich. Als ich es
schließlich auch geschafft hatte, kniete er bereits hinter einem
Gebüsch und hielt das AK47 im Anschlag, um mir eventuell
Feuerschutz geben zu können.
Ich lag etwa zwei, drei Minuten keuchend auf dem Bauch, bis ich wieder einigermaßen bei Puste war.
»Hast dich ganz gut gehalten, mein Junge. Wirklich nicht schlecht.«
»Nach dieser Eskapade werden sie Hackfleisch aus uns machen.«
»Aber nur, wenn sie uns erwischen.«
»Worauf warten wir dann noch?«
»Bis zur Demarkationslinie sind es
zweihundertsiebzig Kilometer. Mit einem Gewehr und dem, was noch im
Magazin ist, schaffen wir's nicht«, erklärte er mir unsere
Lage.
In diesem Augenblick traten der junge Offizier und die
beiden Soldaten etwas flußabwärts auf der anderen Seite aus
dem Wald. Ohne zu zögern machten sie sich daran, den Fluß zu
durchwaten. »Jetzt!« flüsterte ich, als sie, die
Gewehre über den Kopf haltend, in der Flußmitte waren.
St. Claire schüttelte nur den Kopf und stellte
das AK auf Halbautomatik. »Ich will ihre Ausrüstung.
Weiß nicht, wieviel Schuß noch in diesem Ding sind. Mach
dich also darauf gefaßt, dir die Hände schmutzig machen zu
müssen.«
Doch dazu kam es nicht. Als sie, der Offizier voraus,
die beiden anderen dahinter, aus dem Wasser stiegen, gab St. Claire
drei Schüsse ab, die so rasch aufeinanderfolgten, daß sie
sich wie ein einziger anhörten.
Wir nahmen ihnen alles ab, was uns
irgendwie nützlich sein könnte. Die Wasserflaschen,
Bajonette, die Regenumhänge der beiden Wachen, ein AK für
mich, mehrere hundert Schuß Munition, die Pistole des Offiziers
und drei Handgranaten. Daß sie keine Marschverpflegung dabei
hatten, war unter den gegebenen Umständen nicht verwunderlich,
bereitete uns aber kein Kopfzerbrechen.
Als wir alles hatten, was wir brauchten, warfen wir
die drei Leichen in den Fluß; die ganze Geschichte hatte nicht
länger als fünf Minuten gedauert. Wir begaben uns zurück
in den Schutz des Dschungels.
Ich war außerstande, alles zu verarbeiten, so
kurz war die Zeitspanne zwischen sicher geglaubtem Tod und
wiedergewonnenem Leben. Ich lehnte mich an einen Baum, zitterte am
ganzen Körper. St. Claire zog sich den Regenumhang über den
Kopf und nahm sein AK in die Hand.
»Hör mir mal zu, mein Junge, hör mir
genau zu, denn was ich jetzt sag', sag' ich nur einmal. Langsam gehen,
nicht laufen, heißt das oberste Gebot im Dschungel. Wir haben
eine Chance, es zu schaffen, wegen des Monsuns. Wir bleiben im
Hochland, ernähren uns von dem, was wir kriegen. Affen und
Papageien schmecken ganz gut, wenn man nichts anderes hat. Wir machen
einen weiten Bogen um jedes Dorf, denn auch den Bergbewohnern kann man
nicht trauen. Wenn du dich an das alles hältst, wirst du am Leben
bleiben. Tust du das nicht, kannst du nicht mehr mit mir rechnen, dann
mußt du dich allein durchschlagen.«
»Einverstanden. Sie
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