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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Hals und stürmte
nach draußen. Sie hatte immer noch ziemlich Mühe, den Hund
zurückzuhalten.

    Kalter Regen peitschte mir entgegen, prasselte mir so hart ins
Gesicht, daß es sich nicht um Einbildung oder Traum handeln
konnte; dies war Realität. Ich atmete die feuchte, salzige Luft
tief ein und lief den alten Fahrweg entlang.
      In Shoeburyness wurde wieder geschossen; das gleiche
dumpfe Grollen schwerer Geschütze wie vorhin. Ich hielt einen
Moment inne, weil mich ein kalter Schauder durchlief, der das
neugewonnene Selbstvertrauen, das mich mit wilder Entschlossenheit aus
dem Haus getrieben hatte, ganz plötzlich wieder zerstörte.
Hatte sich wirklich etwas ereignet? War inzwischen überhaupt Zeit
verstrichen? War ich noch immer oder schon wieder hier draußen?
    Ich versuchte, meine Zweifel zu
verdrängen, und es gelang mir für kurze Zeit. Ich hatte schon
einmal überlebt, als viele andere umgekommen waren. Ich hatte doch
nicht alle Höllen von Vietnam durchgestanden, um schließlich
in den Salzwiesen an der Nordseeküste kaputtzugehen. Zugegeben:
Für die Sache mit dem Hund hatte ich keine Erklärung,
versuchte ich auch gar nicht erst, eine zu finden; die beiden
Männer aber mußten Realität sein. Wenn sie nicht
existent wären, gäbe es dafür nur eine Erklärung,
und die war so schrecklich, daß ich mich weigerte, länger
darüber nachzudenken.
      Meine Flinte war ein einläufiges,
sechsschüssiges Repetiergewehr. Auf kurze Entfernung eine
tödliche Waffe. Ich schob im Laufen die Patronen ins Magazin,
verließ dann den Feldweg und ging auf einem schmalen Pfad weiter,
der durch die Marschen führte. Ich mußte vorsichtig sein,
denn an manchen Stellen genügte ein falscher Schritt, und ich
würde auf Nimmerwiedersehen im Morast versinken.
      Ich mußte aber nicht nur wegen des
tückischen Geländes vorsichtig sein. Auch von den gefiederten
Bewohnern der Marsch, den Pfeif-, Stock- und Krickenten, drohte mir
Gefahr. Wenn sie sich durch mich nur im geringsten gestört
fühlten, würden sie auffliegen und die ganze Welt auf mich
aufmerksam machen.
      Aber ich fügte mich unauffällig ein in diese
Landschaft; ich hatte zu lange überlebt, um nicht genauestens zu
wissen, wie man sich in solchen Gegenden verhält. Hatte
überlebt, weil ich die Vietkongs mit ihrer eigenen Taktik
geschlagen hatte. Sie beherrschten sie zwar sehr gut, aber eben doch
nicht gut genug für mich. Sie warteten jetzt irgendwo da
draußen auf mich: darauf, daß ich mich zeigte, daß
ich einen Fehler machte – so, wie sie es immer taten. Aber auch
ich konnte dieses Spielchen mitspielen. Ich versteckte mich, die
Schrotflinte im Anschlag, im Schilf und wartete wie schon so oft auf
ein Geräusch, auf das leiseste Anzeichen für die Anwesenheit
Fremder.

    Als ich aus Vietnam zurückkam, wurde ich nicht wie ein Held
empfangen; die Stimmung in der Öffentlichkeit war gegen mich. Ich
wurde, genau wie jeder andere Söldner, der nach 1945 die Kriege
anderer ausgefochten hatte, gewogen und zu leicht befunden.
      Mein Großvater unternahm den Versuch eines neuen
Anfangs, vermutlich deshalb, weil Orden und Auszeichnungen, von denen
ich weiß Gott jede Menge besaß, eine Sprache sprachen, die
er verstand. Es wurde jedoch nichts daraus. Er war ein alter Mann mit
feuchten Augen geworden, der die Angewohnheit hatte, lange schweigend
vor sich hin zu starren. Nach zehn für mich sehr unangenehmen
Tagen ließ ich ihn in der Obhut derer, die besser für ihn
sorgen konnten als ich, und fuhr zurück nach London.
      Was danach kam, war beinahe unvermeidlich. Das aus
freien Stücken gewählte langsame, aber sichere Abgleiten in
ein asoziales Dasein mit der obligatorischen Flasche Whisky pro Tag,
der fast zwanghafte Drang zur Selbstzerstörung. Alte Freunde, die
mich bei meiner Rückkehr noch recht wohlwollend begrüßt
hatten, machten bald einen großen Bogen um mich. Es hatte den
Anschein, als sei mein freier Fall ins Nichts unaufhaltsam.
      Und dann, als ich an der Wand neben dem Eingang zur
Saloon Bar eines Pubs in der Milner Street unweit von King's Road
lehnte, weil der Wirt sich und mir einen Gefallen erweisen wollte und
mich hinausgeworfen hatte, erschien Black Max wieder auf der
Bildfläche und rettete mir ein zweites Mal das Leben.
      Es regnete ziemlich heftig; ich bemühte mich
gerade darum, einigermaßen aufrecht davonzuwanken, als ein
narzissengelber Alfa Romeo GT Veloce neben mir anhielt und eine Stimme
mich anrief, die klang, als käme

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