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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sind der Boß.«
      »Zweihundertsiebzig Kilometer bis zur
Demarkationslinie«, wiederholte St. Claire und setzte sein
berühmtes Lächeln auf. »Aber wir schaffen's, mein
Junge. Dreißig Tage wird's dauern.«
    Er hatte sich verschätzt. Wir
verbrachten den ganzen Juni und den halben Juli im Dschungel.
Zweiundfünfzig Tage vegetierten wir wie Tiere, kämpften ums
nackte Überleben. Zweiundfünfzig Tage bis zu jenem
Sonntagnachmittag, an dem wir in der Nähe von Khe Sanh von einem
Huey-Helikopter, der Nachschub zu einem Stützpunkt der
Südvietnamesen flog, auf einer Lichtung entdeckt wurden.
      So kam ich aus dem Dschungel, doch ich war nicht mehr der, der einst in den Dschungel gegangen war.

    3
Donnergrollen

    Die Psychologen haben, wenn mich nicht alles täuscht, sogar
einen eigenen Ausdruck dafür – ein Ereignis dringt mit allen
seinen Einzelheiten wieder ins Bewußtsein, so daß man sich
nicht einfach nur daran erinnert, sondern die Situation noch einmal
ganz real erlebt, durchlebt.
      Ich saß in meinem Sessel in meinem Haus, hielt
mit der Rechten noch immer krampfhaft das Whiskyglas fest. Sheila stand
am Fenster, sah hinaus und rauchte dabei eine Zigarette. Der Hund lag
zu ihren Füßen.
      Er drehte den Kopf in meine Richtung, als ich mich
bewegte, stand er langsam auf und trottete zu mir herüber.
Ohnmächtige Wut und Todesangst schnürten mir die Kehle zu,
und das Glas zerbrach in meiner Hand.
      Der Hund blieb erschrocken stehen, Sheila fuhr
zusammen und drehte sich zu mir um. Ihr Blick verriet tiefe Besorgnis.
    »Ellis, was hast du?«
      Ich rappelte mich aus meinem Sessel hoch und wich
verängstigt zurück. »Bring ihn raus. Tu mir einen
Gefallen und bring ihn raus.«
    Einen Augenblick schien sie verwundert,
ging dann aber doch zur Küchentür und rief leise nach Fritz.
Er gehorchte ihr aufs Wort, trabte hinaus in die Küche, und sie
schloß die Tür hinter ihm.
      Sheila kam zu mir herüber, legte mir die
Hände auf die Schultern und drückte mich sanft in den Sessel
zurück. »Es ist doch nur Fritz, Ellis, nichts, was dich
bedroht«, sagte sie beruhigend.
      »Aber Fritz ist tot!« rief ich. »Ich
hab' ihn da draußen liegen sehen mit einer Kugel im Kopf.«
    »Ah ja, jetzt verstehe ich. Wann war das?«
      Ihre Ruhe hatte auf mich die gegenteilige Wirkung. Ich
packte sie am Oberarm und hielt sie fest. »Sie waren da
draußen, Sheila. Vietkong. Ich hab' sie gesehen.«
      Nackte Angst spiegelte sich plötzlich in ihren
Augen, ein für mich schrecklicher Anblick, und sie riß sich
von mir los. »Du brauchst noch einen Schluck, Ellis. Ich hol' dir
was.«
      Sie ging in die Küche und schloß die
Tür hinter sich, ließ mich allein mit meinem schrecklichen
Alptraum. Das leise Klingeln des zweiten Telefons auf dem Tisch neben
dem Fenster brachte mich in die Wirklichkeit zurück.
      Hätte ich den Hörer abgenommen, wäre
sie darauf aufmerksam geworden, daß ich das Gespräch
mithöre. Ich stand deshalb auf und ging vorsichtig zur Durchreiche
in der Wand zwischen Wohnzimmer und Küche.
      Die Schiebetür stand nur einen Spalt offen, doch
weit genug, daß ich einen Teil ihres Gesichts und die Hand, die
den Hörer hielt, sehen konnte. Sie sprach leise; Furcht schwang in
ihrer Stimme mit. »Nein, ich muß Doktor O'Hara unbedingt
persönlich sprechen. Es ist äußerst wichtig.«
      Sean O'Hara. Die Kapazität auf diesem Gebiet. Ich hätte es wissen müssen.
    »Sean?« fragte sie.
»Sheila Ward hier. Ja, wegen Ellis. Ich glaube, Sie sollten
sofort herkommen. Es geht ihm so schlecht wie noch nie. Er ist vorhin
völlig aufgelöst wiedergekommen und hat gesagt, er habe
Vietkongs draußen in der Marsch gesehen. Er glaubt, wieder in
Vietnam zu sein.« Dann entstand eine Pause, die nicht enden
wollte. »Nein, mir geht's gut. Hab' vorhin mit Max St. Claire
telefoniert. Er müßte bald hier sein.«
      Als sie den Hörer auflegte, stieß ich die
Tür auf. Sie war so erschrocken, daß sie kurz aufschrie,
worauf der Airedale zähnefletschend auf mich losging und mich
drohend anknurrte.
      Sie packte ihn am Halsband und zog ihn weg. »Du
glaubst also, es ist soweit«, rief ich aufgebracht. »Ich
bin am Durchdrehen. Bin wieder in Vietnam. Aber ich werd's dir
beweisen. Was ich gesehen hab', hab' ich gesehen. Von wegen, ich und
durchgedreht!«
      Im Schirmständer neben der Haustür hatte ich
meine Gewehre stehen. Ich nahm die Schrotflinte vom Kaliber 16,
hängte mir den Patronengürtel um den

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