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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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lagen gleich mehrere Pullover, und ich nahm mir einfach den
obersten von dem Stapel, einen schweren Norweger, und ein Paar Socken.
      Hinter der Tür hing ein Mantel, den ich mir
aneignen wollte, doch dann entdeckte ich darunter etwas viel Besseres,
nämlich einen alten, schon recht ausgebleichten Trenchcoat.
      Ein vorsichtiger Blick hinaus auf den Gang, und ich war wieder in der Wäschekammer.
      Ich behielt den Schlafanzug an – zog einfach die
Hosen und den Pullover darüber. Die Stiefel waren, wie ich
vermutet hatte, etwas zu groß, aber ich konnte darin ohne
nennenswerte Schwierigkeiten laufen. Den Trenchcoat knöpfte ich
bis oben hin zu und schlug den Kragen hoch.
    Alles, was noch geschehen sollte, hatte
für mich ab diesem Zeitpunkt den Charakter des Unvermeidlichen. Es
kam mir so vor, als wären die Ereignisse bereits vorgezeichnet und
ich unentrinnbar in sie verwickelt, als würden sie mich einfach
mitreißen, wohin, war für mich im Moment noch nicht
erkennbar. Ich gewann diese Gewißheit ganz plötzlich, und
sie vermittelte mir ein seltsames Gefühl der Sicherheit, gab mir
neues Selbstvertrauen, als ich hinaus auf den Gang trat und zum Lift
strebte.
      Der Keller schien mir der sicherste Ort zu sein, weil
sich an einem Samstagabend um halb acht kaum jemand dort aufhalten
würde; im Erdgeschoß hingegen würde ich sicher auf
Angehörige des Personals treffen.
      Als die Lifttüren sich öffneten,
drückte ich schnell noch den Knopf für den zweiten Stock,
bevor ich ausstieg. Die Türen schlossen sich hinter mir, und der
Lift fuhr nach oben. Ich befand mich auf einem schmalen Gang.
      An dessen Ende führten drei Stufen hoch zu einer
oben und unten verriegelten, massiven Holztür, unter der
Regenwasser durchsickerte. Ich löste die Verriegelung,
öffnete die Tür und stand in einem dunklen Loch, von dem aus
eine Treppe nach oben auf den Hof führte.
      Ohne zu zögern ging ich die Treppe hoch, die
Hände in den Manteltaschen, weil ich mir sagte, ich müsse
mich ganz normal verhalten, um niemandem aufzufallen.
      Aber ich hatte meine Freiheit noch nicht ganz
wiedergewonnen, als ich mit schnellen Schritten über den Hof und
dann seitlich am Hauptgebäude vorbeilief. Die Chancen, den
elektrischen Zaun zu überwinden, schätzte ich sehr gering
ein, und so blieb nur noch das große Eingangstor, und das
wiederum bedeutete, daß ich auf ein Transportmittel angewiesen
war.
    Ich entschloß mich, meine einzige
Chance wahrzunehmen, und rannte über den Rasen vor dem Haus zu den
Buchen, die ich am Morgen bei meinem Blick aus dem vergitterten Fenster
gesehen hatte, und schaffte dies, wie mir angesichts meiner
körperlichen Verfassung schien, in Rekordzeit.
      Ich hatte plötzlich den Eindruck, eine seltsame
Veränderung sei in mir geschehen. In diesen Minuten und noch
einige Zeit danach fühlte ich mich so wohl wie noch nie seit
Beginn des bösen Spiels, das man mit mir trieb; ein kaum
beschreibliches Gefühl der Freude und wilden Entschlossenheit
hatte mich erfaßt, das mich stark an jenes erinnerte, das ich
zusammen mit St. Claire auf der anderen Seite des Flusses bei Tay Son
ganz zu Beginn unseres abenteuerlichen Marsches durch den Dschungel
empfunden hatte. Es gab mir auf jeden Fall die Kraft für alles,
was noch auf mich zukommen sollte.
      Ich lief durch den kleinen Buchenhain und versteckte
mich dort, wo der Fahrweg vom Hauptgebäude im rechten Winkel
Richtung Eingangstor abbog, im Gebüsch. Ich durfte wohl zu Recht
annehmen, daß jedes Fahrzeug, das hier vorbeifuhr, stark
abbremsen mußte.
      Nach ungefähr fünf Minuten kam ein Pkw, kurz
danach gefolgt von einem zweiten, doch beide waren für meine
Zwecke ungeeignet. Ich wartete weiter, wurde dabei immer nasser und
fragte mich bereits, ob ich wohl die ganze Nacht so zubringen
müßte. Dann hörte ich jedoch das Dröhnen eines
größeren Motors, und ein alter Bedford-Dreitonner kam aus
der Dunkelheit auf mich zu. Er blieb fast stehen, bevor er ganz langsam
um die Ecke fuhr.
      Als ich über die hintere Ladeklappe kletterte,
sah ich im Licht der Lampen neben dem Fahrweg, daß nur einige
kleine Kartons auf der Ladefläche standen. Ich hatte daher nur
noch eine Möglichkeit: Ich stellte mich auf die Ladeklappe, zog
mich hinauf auf die Plane, legte mich, Gesicht nach unten, so flach wie
möglich hin und schickte ein Stoßgebet zum Himmel.
    Ich glaube, es war der Regen, der mein
Vorhaben mehr als alles andere begünstigte, denn er prasselte

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