Tödliche Küsse
Bereits nach zweimaligem Klingeln tauchte eine blonde Frau mit müden Augen auf dem Bildschirm auf.
»Mrs. Kirksi, hier ist Lieutenant Dallas von der New Yorker Polizei.«
»Ja, Lieutenant, ich erinnere mich an Sie. Gibt es etwas Neues?«
»Leider nichts, was ich Ihnen erzählen könnte. Tut mir Leid.« Verdammt, sie musste der Frau irgendetwas geben. »Aber wir gehen ein paar neuen Informationen nach, und wir haben durchaus die Hoffnung, dass sie uns etwas bringen werden, Mrs. Kirski.«
»Wir haben heute Abschied von Louise genommen.« Die Mutter des Opfers kämpfte um ein Lächeln. »Es war ein großer Trost zu sehen, wie vielen Menschen sie etwas bedeutet hat. Es waren viele Freunde und Freundinnen selbst aus der Schulzeit da, es gab jede Menge Blumen und zahllose Briefe von allen, mit denen sie in New York zusammengearbeitet hat.«
»Sie wird ganz sicher nicht vergessen werden, Mrs. Kirski. Könnten Sie mir vielleicht sagen, ob Nadine Furst den Gottesdienst besucht hat?«
»Wir hatten sie erwartet.« Der Blick aus den verquollenen Augen wirkte ein wenig verloren. »Erst vor ein paar Tagen hatte ich mit ihr telefoniert, um ihr zu sagen, wann genau die Beerdigung stattfindet. Sie sagte, sie würde kommen, aber dann scheint ihr doch etwas dazwischen gekommen zu sein.«
»Sie war also nicht da.« Eve fühlte, dass ihr schlecht wurde. »Und Sie haben nichts von ihr gehört?«
»Nein, schon seit ein paar Tagen nicht mehr. Wissen Sie, sie ist eine viel beschäftigte Frau. Natürlich muss sie mit ihrem Leben weitermachen. Was sollte sie schließlich sonst tun?«
Eve hätte sie nicht trösten können, ohne ihr dadurch eine neue Sorge aufzubürden, also sagte sie nur: »Es tut mir Leid, dass Sie Ihre Tochter verloren haben, Mrs. Kirski. Falls Sie irgendwelche Fragen oder einfach das Bedürfnis nach einem Gespräch mit mir haben, rufen Sie mich einfach an. Ich bin immer für Sie da.«
»Sie sind sehr freundlich. Nadine hat gesagt, Sie würden nicht eher ruhen, bis Sie den Kerl gefunden hätten, der meinem Mädchen das angetan hat. Sie werden ihn doch finden, nicht wahr, Lieutenant Dallas?«
»Ja, Ma’am, ich werde ihn finden.« Sie beendete die Unterhaltung, ließ den Kopf nach hinten sinken und schloss müde ihre Augen. »Ich bin nicht freundlich. Ich habe sie nicht angerufen, um ihr mein Beileid auszusprechen, sondern weil es hätte sein können, dass sie meine Frage nach dem Verbleib von Nadine beantworten kann.«
»Trotzdem hast du ehrliches Mitgefühl mit ihr.« Roarke ergriff zärtlich ihre Hand. »Und du warst sehr nett.«
»Die Menschen, die mir etwas bedeuten, kann ich ebenso wie die Menschen, denen ich etwas bedeute, problemlos an einer Hand abzählen. Wenn es der Bastard wie geplant auf mich abgesehen hätte, wäre ich mit ihm fertig geworden. Und falls nicht – «
»Halt den Mund.« Er drückte ihre Hand mit einer solchen Kraft, dass sie vor Schmerz zusammenzuckte, und warf ihr einen überraschend bösen Blick zu. »Halt einfach den Mund.«
Während er den Wagen zornig die Straße hinunterjagte, rieb sie sich geistesabwesend die Hand. »Du hast Recht, ich gehe die Sache völlig falsch an. Ich nehme sie persönlich, und das hilft niemandem weiter. In diesem Fall gibt es einfach zu viele Gefühle«, murmelte sie in Gedanken an die Warnung des Chiefs. »Ich habe den Tag damit angefangen, dass ich nüchtern nachgedacht habe, und so muss ich es weiter halten. Und jetzt müssen wir endlich Nadine finden.«
Sie rief in der Zentrale an und gab eine Beschreibung der Frau und ihres Fahrzeugs durch.
Auch Roarke begann sich zu beruhigen, verlangsamte das Tempo seines Wagens und sah sie von der Seite an. »Für wie viele Mordopfer bist du im Verlauf deiner illustren Karriere eingetreten, Lieutenant?«
»Eingetreten? Das ist eine seltsame Formulierung.« Sie zuckte mit den Schultern und beschwor vor ihrem Auge das Bild eines Mannes mit einem langen, dunklen Mantel und einem auf Hochglanz polierten, neuen Sportwagen herauf. »Keine Ahnung. Hunderte. Mord kommt anscheinend niemals aus der Mode.«
»Dann würde ich sagen, dass du sowohl die Zahl der Menschen, die dir etwas bedeuten, als auch die derer, denen du etwas bedeutest, ebenfalls in den Hunderten ansiedeln kannst. Du musst unbedingt was essen.«
Sie war zu hungrig, um zu widersprechen.
»Das Problem bei den Quervergleichen ist Metcalfs Tagebuch«, erklärte Feeney. »Es ist voller niedlicher kleiner Kürzel und Symbole. Und wir können kein Muster
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