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Tödliche Küsse

Tödliche Küsse

Titel: Tödliche Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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bereits von Randall Slade erzählt worden war. Ein verdächtiger Tod durch eine Überdosis Drogen. Der Name des Opfers war Carolle Lee, Alter 24, Geburtsort New Chicago Colony, arbeitslos. Das Bild zeigte eine junge, schwarzhaarige Mischlingsfrau mit exotisch dunklen Augen und einem kaffeebraunen Teint. Randall wirkte auf dem Polizeifoto bleich und müde, und seine Augen waren eigenartig glasig, als wäre er immer noch high.
    Sie ging den Bericht sorgfältig durch, um zu sehen, ob Randall vielleicht irgendein Detail ausgelassen hatte. Doch auch so war die Sache bereits schlimm genug. Die Mordanklage war fallen gelassen worden, aber man hatte ihn wegen Begleitung einer illegalen Prostituierten, des Besitzes illegaler Drogen und unterlassener Hilfeleistung verurteilt.
    Er hatte Glück gehabt, riesengroßes Glück, weil sich die Sache in einem derart unwichtigen Sektor, in einem Höllenloch zugetragen hatte, dem allgemein nur wenig Aufmerksamkeit zuteil wurde. Doch falls jemand – irgendjemand – zufällig etwas von dem Fall mitbekommen und gedroht hatte, seiner hübschen, zerbrechlichen Verlobten davon zu berichten, hätte der gute Randall wirklich in der Klemme gesessen.
    Hatte Towers von der Sache gewusst? Das war die große Frage. Und wenn sie es gewusst hatte, wie war sie mit diesem Wissen umgegangen? Die Staatsanwältin hätte vielleicht die Fakten abgewogen und den Fall mit einem Schulterzucken als abgeschlossen abgetan.
    Aber hätte die Mutter genauso reagiert? Hätte die liebende Mutter, die eine Stunde lang mit ihrer Tochter über Kleider plauderte, die treu sorgende Mutter, die sich Zeit nahm, um die perfekte Hochzeit mitzuplanen, den Skandal ebenso problemlos als einmaligen Fehltritt eines idiotischen jungen Mannes, der sich noch nicht die Hörner abgestoßen hatte, akzeptieren können? Oder hätte sie dem älteren, weniger idiotischen Mann den Weg zur Erfüllung seines allergrößten Wunsches mit aller Macht versperrt?
    Eve kniff die Augen zusammen, las weiter und hielt plötzlich inne, als Roarkes Name auf dem Bildschirm erschien.
    »Elender Hurensohn«, murmelte sie und schlug krachend mit der Faust auf ihren Schreibtisch. »Elendiger Hurensohn.«
    Fünfzehn Minuten später marschierte sie über die schimmernden Fliesen des Foyers von Roarkes Firmengebäude in der Stadt. Mit zusammengepressten Lippen gab sie den Zugangscode für den privaten Fahrstuhl ein. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihn vorher anzurufen, sondern schwebte, getrieben von gerechtem Zorn, ohne Ankündigung bis in die oberste Etage.
    Die Empfangsdame in dem eleganten Vorraum wollte zur Begrüßung lächeln, doch ein Blick in Eves Gesicht genügte, um ihr Lächeln auf der Stelle einfrieren zu lassen. »Lieutenant Dallas.«
    »Sagen Sie ihm, dass ich hier bin und dass ich ihn auf der Stelle entweder hier oder aber auf dem Polizeipräsidium sprechen muss.«
    »Er – er ist in einer Besprechung.«
    »Jetzt.«
    »Ich werde ihm Bescheid geben.« Sie drehte sich auf ihrem Stuhl herum, drückte einen Knopf der Gegensprechanlage und gab die Nachricht, während Eve kochend vor Wut neben ihr stand, unter zahllosen Entschuldigungen weiter.
    »Wenn Sie einen Augenblick warten würden, Lieutenant – «, setzte die junge Dame an und erhob sich von ihrem Platz.
    »Ich kenne den Weg«, herrschte Eve sie an und ging entschieden über den dicken Teppich in Richtung der hohen Flügeltür, die den Zugang zu Roarkes New Yorker Heiligtum darstellte.
    Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie sich zunächst eine Tasse Kaffee genehmigt hätte und an das große Fenster getreten wäre, um die wunderbare Aussicht aus der hundertfünfzigsten Etage zu genießen. Heute jedoch blieb sie bebend vor Zorn und vor Furcht direkt von seinem Schreibtisch stehen.
    Ein Paneel in der Ostwand glitt lautlos zur Seite, und er kam herein. Er trug noch immer den dunklen Anzug, in dem er dem Gedenkgottesdienst für Cicely beigewohnt hatte, und als sich die Tür hinter ihm schloss, betastete er den Knopf in seiner Tasche, der von Eves grauem Anzug abgefallen war.
    »Du warst ganz schön schnell«, sagte er mit leichter Stimme. »Ich dachte, ich könnte zumindest meine Vorstandssitzung noch beenden, bevor du kommst.«
    »Du hältst dich für ganz besonders clever«, fuhr sie ihn an. »Weshalb sonst hättest du mir wohl gerade so viel an Information gegeben, um mich für Slade zu interessieren. Verdammt, Roarke, du steckst bis zur Halskrause in dieser Sache drin.«
    »Ach ja?«

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