Tödliche Legenden Sammelband 1 (German Edition)
klein, Kira war aber im Gegensatz zu Koko, die einfach nur die Sportuniform trug, schrill und auffällig. Kira hatte große, neugierig funkelnde grüne Augen und knallrote Locken. Sie trug große pinke Herzohrringe, an ihren Handgelenken und ihrem Hals klimperten unzählige Ketten und Armreifen. Sie trug eine Bauchtasche und jeder, der Kira kannte, wusste, dass darin Sachen waren, die zum Verkauf standen. Nur nicht ganz legal. Auf ihrer Wange leuchteten mehrere frische Narben, auch ihr eines Ohrläppchen war dort vernarbt, wo ihr erster Ohrring vor acht Wochen herausgerissen wurde. Inzwischen hatte sie sich daneben ein neues Ohrloch stechen lassen. Die durchtrainierte Koko, braunhaarig und braunäugig und Kapitän der Mädchen Fußballmannschaft des Internats, legte ihr die Hand auf die Schulter und wollte sie zu sich drehen, doch Kira ignorierte sie.
„Also ich sag euch ja nur, ein nettes Ding diese Tara! Zur nächsten Party kommt sie, nachdem ich ihr versichert habe, dass keiner sie ins Wasser werfen wird und …“
Emily unterbrach sie.
„Halt dich lieber von ihr fern. Dieses Mädchen ist gefährlich“, sagte sie leise. Kira schaute kurz verwirrt, dann drehte sie sich zu Koko um und umarmte diese.
„Süß Emily, aber sag doch gleich, dass du dir nur Sorgen um Koko machst. Alles ok hier, gar nichts los!“, sagte sie dann.
Koko lächelte. Doch Emily blieb ernst.
„Kira, das ist kein Spaß. Tara gehört zu etwas Größerem. Ihr seid unsere Freunde, wir wollen nicht, dass euch etwas passiert. Hier soll keinem wieder etwas Schlimmes passieren! Also halt dich von ihr fern!“, wiederholte sie. Dann nahm sie Dascha am Handgelenk und zog sie hinter sich her zum Schulgebäude, wo man grade Sallys schwarze Zöpfe hinter der Tür verschwinden sehen konnte. Sally schien also nicht nur Tara, sondern auch sie beide im Auge zu haben.
Kapitel 2: Eifersucht
Der restliche Tag und auch die Nacht verliefen ohne weitere Auffälligkeiten. Am nächsten Morgen, es war Freitag, saß Tara schon als Erste im Klassenzimmer. Ihre Sachen lagen ordentlich vor ihr, sie saß schweigsam und gerade auf ihrem Platz. Sally hingegen stürmte etwa zehn Minuten zu spät mit unordentlichen Klamotten und einem Kaffeebecher ins Klassenzimmer. Die Lehrerin schaute sie vorwurfsvoll an, sagte aber nichts. Sally hatte Sonderstatus. Sie fing sich zwar öfters von den Lehrern böse Blicke wegen Zuspätkommens, nicht gemachter Hausaufgaben und Schlafens im Unterricht, aber weiter ging niemand darauf ein. In der ersten großen Pause war zu beobachten, dass Tara wieder mit Kira zusammenstand. Die beiden verstanden sich wohl sehr gut, auch wenn Tara meistens nur lächelnd nickte und Kira die ganze Zeit am Reden war. Als Emily und Dascha zu ihren Spinden gingen, stand Koko mit wütendem Gesicht dort. Mit verschränkten Armen stand sie an Emiliys Spind gelehnt und schaute den beiden entgegen.
„Ihr müsst was machen!“, sagte sie wütend. Emily und Dascha schauten sie erstaunt an.
„Wegen dieser Tara! Dieses Miststück taucht hier einfach auf und nimmt mir meine Kira weg!“, schrie sie und schlug gegen Emilys Spind. Das dünne Blech wölbte sich nach innen und eine kleine Karte segelte hinaus.
„Beruhig dich doch Koko. Kira hat doch gestern gesagt, dass gar nichts los ist“, versuchte Emily sie zu beruhigen und bückte sich dann seufzend nach dem Kärtchen.
„Mag sein, dass sie das sagt, aber es geht nur noch Tara hier, Tara da! Überhaupt, alle mögen dieses komische Mädchen! Dabei ist sie hier erst den zweiten Tag! Wie die sich im Schwimmkurs aufgeführt hat! Geweigert ins Wasser zu gehen hat sie sich, angeblich hat sie eine Hydrophobie. Als sie denn endlich mal in der Halle war, die stand nur blöd davor, bis die Lehrerin gesagt hat, dass sie endlich reinkommen soll! Ist doch komisch oder? Mit der stimmt irgendwas ganz und gar nicht! Und ihre Haut, ist euch aufgefallen, wie blass sie ist? Und ihr wisst noch, wie sich Kyle bei Ligeia verhalten hat?“
Koko senkte ihre Stimme zu einem Flüstern.
„So verhält sich Kira jetzt auch“, flüsterte sie und schaute dann auf die Karte, die Emily in ihrer Hand hielt.
„Das ist ja eine Tarotkarte“, stellte sie erstaunt fest und nahm sie Emily aus der Hand. Auf der Karte war eine nackte Frau abgebildet, die mit zwei Krügen Wasser in einen See und auf den Boden goss. Um die Frau herum blühte und wuchs die Natur. Der blaue Himmel war voller Sterne, so hieß auch die Karte. Der Stern. Auf
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