Tödliche Legenden Sammelband 1 (German Edition)
aber dazu entschlossen, am nächsten Tag Marias Geist zu rufen. Vielleicht gelang es ihr. Dann könnte man fragen, was sie gemeint hatte. Unruhig drehte sich Dascha herum, der Fußboden war trotz des dicken Teppichs ziemlich hart. Langsam fing ihr Rücken an zu schmerzen. Seufzend tastete sie nach ihrer Tasche und zog ihr Handy heraus. Sie klappte es auf und rief das SMS-Menü auf. „Hier ist alles ok, ich vermisse dich“, tippte sie und sendete die SMS an Kyle. Eine Weile blieb sich noch auf dem Rücken liegen und starrte ihr Handy an, doch es kam keine Antwort. Also legte sie es frustriert zurück in ihre Tasche, drehte sich um und schloss ihre Augen.
Als Dascha die Augen wieder öffnete, lag sie nicht mehr in ihrem Schlafsack, sondern in einem großen, weichen Himmelbett. Verwirrt setzte sie sich auf und schaute sich um. Roter Teppich, holzverkleidete Wände, Gemälde. Eindeutig, das war immer noch Rose Black. Als sie zur Tür schaute, öffnete sich diese und ein junger Mann trat ein. Zu ihrer eigenen Überraschung stellte Dascha fest, dass sie sich nicht erschreckte. Sie musterte den Mann neugierig, der sich an die jetzt wieder geschlossene Tür gelehnt hatte und sie freundlich anlächelte. Er war nicht sehr groß, hatte mittellange schwarze Locken und braune Augen. Außerdem war er schlank, und nicht sehr breit gebaut. Er trug eine schwarze Stoffhose, schwarze Turnschuhe und ein eng anliegendes, schwarzes T-Shirt.
„Das ist nur ein Traum, oder?“, fragte Dascha ihn.
„Richtig. Ich bin übrigens Kim. Willkommen auf Rose Black, Dascha“, stellte er sich vor und verbeugte sich kurz.
Dascha lächelte.
Seit sie das Mal der Vampirjäger auf dem Arm trug, konnte sie bewusst zwischen Traum und Realität unterscheiden. Dies war definitiv ein Traum. Und in einem Traum konnte ihr nichts geschehen, weil er nicht real war. Also stand sie auf und ging auf Kim zu.
„Was haben wir denn jetzt vor?“, fragte sie fröhlich. Dass sie nur ein Nachthemd trug, interessierte sie nicht, denn schließlich konnte man in einem Traum nicht frieren.
„Ich würde dir gerne den Garten in seiner vollen Pracht zeigen. Es ist sehr traurig, was aus ihm geworden ist. Komm, ich zeige ihn dir. Vom Garten aus kannst du auch das Dorf sehen, wie es früher aussah“, sagte Kim und hielt ihr die Hand hin. Dascha ergriff sie und ließ sich von ihm aus dem Zimmer heraus nach unten führen. Sie waren im ersten Stock, wahrscheinlich war es Marias Schlafzimmer, in dem sie erwacht war. Die Vorhänge vor den Fenstern waren verschwunden und Licht fiel herein. So sah das Haus gleich viel freundlicher aus. Sie gingen die Treppe herunter, durchquerten die Eingangshalle und Kim öffnete die Tür zum Garten. Dascha ging hinaus und machte große Augen. Der Garten war nicht wiederzuerkennen. Wege aus hellen Pflastersteinen zogen sich hindurch, vorbei an blühenden Büschen, Blumenbeeten und kleinen Bäumchen. Zwei Springbrunnen zierten den Garten, genauso wie mehrere verzierte, dunkle Holzbänke. Der hohe Eisenzaun war überwuchert mit pinken Kletterrosen. Staunend ging Dascha ein Stück den Hauptweg entlang, dann schaute sie durch das Tor zum Dorf herab. Die Häuser waren gepflegt und ordentlich, in den kleinen Vorgärten spielten Kinder unter trocknender Wäsche. Auf den Feldern wuselten Arbeiter umher. Die Sonne schien, nicht eine einzige Wolke war am Himmel zu sehen.
„So schön war es hier mal?“, fragte sie und drehte sich zu Kim um. Dieser hatte in der Zwischenzeit, woher auch immer, einen pinken Sonnenschirm mit schwarzer Spitze besorgt. Er spannte ihn auf und hielt ihn lächelnd über ihren Kopf. Dann bot er ihr seinen Arm an.
„Ja, so schön war es hier mal. Wenn ich dich durch den Garten führen dürfte?“, schlug er vor.
Dascha kicherte, dann nahm sie sein Angebot an. Es war ja nur ein harmloser Traum, keine Realität. Also warum sollte sie sich nicht an der schönen Gegend und der gut aussehenden, charmanten Begleitung erfreuen? Nachdem Dascha eine Weile den Garten bestaunt hatte, setzten sie und Kim sich auf eine Bank, die im Schatten einiger Kirschbäume stand. Laut Kims Aussage hatte Maria Pflanzen geliebt, viele waren aus dem Ausland importiert worden. Um ihren geliebten Garten hatte sie sich gerne und viel gekümmert. Kim machte den Sonnenschirm zu, dann lehnte er ihn gegen die Bank und legte einen Arm um Daschas Schultern. Sie zuckte kurz zusammen, weil ihr Kyle in den Sinn kam. Ihr Gesicht wurde traurig. „Was ist denn
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