Tödliche Legenden Sammelband 1 (German Edition)
zerklüftete Felsen. Also würde sie wohl oder übel klettern müssen. Eigentlich eine ihrer leichtesten Übungen, aber ein bisschen unbehaglich war ihr schon zumute. Ärgerlich schüttelte Sally den Kopf, um ihre negativen Gedanken loszuwerden. Dann trank sie ihren Kaffee mit einem kräftigen Schluck aus, stellte den Becher zur Seite und kletterte aus dem Fenster.
Um sieben Uhr weckte Lilith die anderen. Während Viola und Nane sich ihre Brote mitnahmen und gleich in den Keller gingen, blieb Emily noch kurz bei Lilith sitzen.
„Wo sind denn eigentlich Sally und Dascha?“, fragte sie.
„Dascha schläft noch. Lassen wir sie noch ein bisschen ausruhen. Ich habe nach ihr geschaut, sie schläft friedlich. Sally war schon vor uns wach, ich hab sie an den Klippen klettern sehen. Sie geht gründlich und schnell vor, bisher hat sie aber nichts gefunden. Ich hoffe, ihr findet was. Nass und dunkel klingt zwar nach einer Höhle, aber wenn Maria betäubt wurde, kann diese Höhle sonst wo sein. Oder sie wurde erst von den Wellen ein Stück weggespült, bevor sie in einer Höhle gelandet ist. Auf jeden Fall sieht es bisher nicht sehr gut für uns aus“, sagte Lilith besorgt.
„Ich glaube dran, dass wir das schaffen! Ich suche mal eine Landkarte, glaube dort im Regal sind welche.“ Emily ging zu einem Bücherregal, zog ein paar Karten heraus und breitete sie auf dem Boden aus.
„Den Wald können wir uns sparen. Keine Höhlen und keine Gewässer eingezeichnet. Ihre Leiche muss im oder in der Nähe des Hauses sein. Ich sehe weit und breit sonst nichts“, stellte Emily kopfschüttelnd fest.
„Unter den beiden stillgelegten Springbrunnen im Garten könntest du noch schauen. Vielleicht ist da ein Geheimgang oder so“, schlug Lilith vor. Emily nickte und lief hinaus.
Die Mädchen suchten und suchten, aber sie fanden nichts. In den Klippen gab es zwar einige kleine Einbuchtungen, aber in keiner davon waren Knochen oder sonst irgendetwas Hilfreiches zu finden. Müde und mit aufgerissenen Knien setzte sich Sally an den kleinen Strand.
„Das ist doch zum Kotzen!“, sagte sie wütend als Emily, Nane und Viola zu ihr kamen.
„Da muss ich dir ausnahmsweise recht geben. Wir haben nichts außer einem verwirrten Geist, der selber nicht weiß, was überhaupt los ist“, stimmte Viola ihr zu.
„Es müssen schon Unmengen von Leuten nach Maria gesucht haben. Ich bezweifle stark, dass wir mehr Erfolg haben werden als sie“, musste Emily ihnen zustimmen.
„Wo ist eigentlich Dascha?, fragte Nane verwirrt. „Ist sie nicht bei euch?“, fragte Emily zurück und schaute alle fragend an. Kopfschütteln war die Reaktion.
„Es ist schon drei Uhr nachmittags, langsam müsste sie doch wach sein. Wir sollten lieber nach ihr sehen!“, sagte Emily besorgt, dann lief sie zurück zum Haus.
Die Mädchen stürmten in die Bibliothek und redeten alle gleichzeitig auf Lilith ein. Erst verstand diese nicht, worum es überhaupt ging. Doch als sie durch das wirre Gerede der Mädchen durchstieg, wurde sie blass. Sie war davon ausgegangen, dass Dascha sich einfach schon einer der anderen angeschlossen hatte. Damit, dass sie immer noch da oben im Schlafzimmer lag, hatte sie nicht gerechnet. Sie sprang von ihrem Stuhl auf, lief allen voran aus der Bibliothek und nahm, drei Stufen auf einmal, die Treppe in den ersten Stock. Sie riss die Tür zum Schlafzimmer von Maria auf und ging zum Bett. Dascha lag tatsächlich noch schlafend darin.
„Bitte nicht …!“, sagte Sally, beugte sich über Dascha und rüttelte an ihr.
Keine Reaktion. Dascha schlief tief und fest.
Sally richtete sich wieder auf, dann versteckte sie ihr Gesicht hinter ihren Händen. Viola reagierte genauso. Beide Mädchen schluchzten leise.
„Es hat sie …“, stellte Nane mit leiser Stimme fest.
„Und ich habe sie schlafen geschickt!“, schrie Sally verzweifelt und sackte auf die Knie. Konnte sie denn gar nichts richtig machen? Erst versagte sie bei der Prüfung, jetzt hatte sie ausgerechnet ihre Retterin ins Verderben geschickt. Die Leiche von Maria hatte sie auch nicht finden können. Sie kam sich so falsch vor, so nutzlos. Tränen liefen über ihr Gesicht. Dann spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Erstaunt sah sie, dass es die Hand ihrer Schwester war. Viola schaute sie entschlossen an.
„Wir finden einen Weg. Wir holen sie zurück!“
Kapitel 8: Kim Black
Die Gruppe war gerade in die Bibliothek zurückgekehrt, als Grace aufgeregt
Weitere Kostenlose Bücher