Toedliche Luegen
und dem seelischen Durcheinander soll ich kürzertreten. Ich stecke mitten in der Promotionsphase. Hast du das gewusst?“
Als sie mit starrem Blick lediglich unwirsch den Kopf schüttelte, rief er triumphierend: „ Ich hab’s geahnt! Du weißt nichts von mir. Absolut nichts. Und deshalb wird Pierre nichts dagegen haben, wenn wir das ändern. Immerhin sind wir eine Familie.“
Sie hatte ihm schon längst nicht mehr zugehört. Ihre Gedanken waren bereits bei der Erwähnung von Doktor Ferrard hängengeblieben.
„Du bist noch bei ihm in Behandlung?“
Es war seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen, dass Beate augenscheinlich etwas dagegen hatte. Da er sich nicht erklären konnte, worauf ihre Frage hinauslief, schaute er sie an, den Kopf leicht zur Seite geneigt, abwartend, lauernd.
Als sie nichts sagte, erklärte er ungeduldig: „Ja, selbstverständlich gehe ich zur Nachsorge in Ferrards Klinik. Ich bin jede Woche bei ihm. Wir zahlen gut und deswegen wird nichts ausgelassen, weder Ultraschall noch Blutbild, Urin oder Blutdruck und Gewicht. Und wie du selbst gesehen hast, sorgt er in rührender Weise um stetigen Nachschub an Immunsuppressiva. Was dachtest du, von wem ich die Medikamente bekomme? Warum fragst du überhaupt?“
„Alain, ich habe dir etwas … Es hat sich bisher keine Gelegenheit geboten, dir davon zu erzählen. Es betrifft Doktor Ferrard und damit in gewisser Weise auch dich.“
Sie hatte das Thema vor sich her geschoben, obwohl sie sich immer wie der vor Augen hielt, dass sie dieses Problem nicht in Ruhe lassen würde, bis es irgendwann vom Tisch war. Vielleicht war das der richtige Zeitpunkt.
W as sie schon wenig später arg bezweifelte, als sie von dem Artikel berichtete, den sie in jener alten Ausgabe der Petite Gazette Parisienne gefunden hatte, und von ihrer Begegnung mit Renée Lubeniqi. Sie ließ nicht einmal ihre Befürchtung aus, Doktor Ferrard könnte für ihn eine Niere über dunkle Kanäle besorgt haben, wofür Ferrard wiederum von Pierre großzügig bezahlt worden war.
Alain runzelte skeptisch die Stirn. Aus seinem Blick sprach purer Un glaube und seine Stimme hatte einen gefährlichen Klang, als er barsch konterte: „Sind diese Vermutungen nicht bloß Produkte deiner überschießenden Fantasie? Das ist ungeheuerlich, findest du nicht selbst? Warum sollte Pierre – ausgerechnet Pierre! – für mich solch eine Menge Geld ausgeben? Was denkst du denn, wie weit seine Bruderliebe reicht? Doch nicht einmal von seinem Büro bis zu meiner Etage. Und bitte tu nicht, als wüsstest du das nicht. Derart blind kann man nicht sein. Was war mit Germeaux’ Telefongespräch, nannte er dabei irgendwelche Namen? Oder Lubeniqi? Welche Beweise hat sie, dass sie dir einen solchen Floh ins Ohr setzen konnte?“
Beate ließ resigniert die Schultern sinken. Sie konnte ihre Anschuldigungen nicht beweisen. Und selbst wenn sie das gekonnt hätte, was würde es ändern? Alain lebte dank der Niere, die ihm Ferrard transplantiert hatte. Warum sollte es ihn interessieren, wer der Spender gewesen war?
„ Wenn es dich beruhigt, werde ich ihn anrufen und fragen.“
„Ferrard?“
„Germeaux!“
„ Erwartest du, dass er sagen wird: Aber sicher, geliebtes Bruderherz. Ich habe dir schnell mal im Ersatzteillager für gebrauchte Organe eine Niere für schlappe fünfzig Riesen besorgt. Ein Geschenk von mir. Nicht der Rede wert. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Alain, das ist lächerlich.“
„Doch bloß genauso wie deine Anschuldigung !“, bellte er gereizt. Seine Wangen glühten.
„Wo wohnen Suses Eltern?“
„In Steinbach. Wieso?“
„Welcher Flughafen liegt in der Nähe?“
„Alain!“
„Wir werden fahren! Also, welcher Flughafen?“
Er wirbelte herum und eilte mit großen Schritten zum Telefon, ohne sich länger um Beates alberne Proteste zu kümmern. Es dauerte nicht länger als fünf Minuten und der Flug für den nächsten Tag war gebucht. Fast genauso schnell reservierte die nette Dame am Schalter der Air France für den offenbar guten Kunden zwei Zimmer im einzigen Hotel von Steinbach. Es war keine Frage, dass pünktlich zur Ankunftszeit des Fliegers die passende Limousine am Flughafen für Monsieur Germeaux bereitstehen würde.
Als er erneut zum Telefonhörer griff, registrierte Beate besorgt das Zittern seiner Hände. Ihr war klar, dass es im nächsten Augenblick zu einem gewaltigen Donnerwetter kommen würde. Entsprechend hektisch schlug ihr das Herz bis zum Hals. Sie hatte
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