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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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weh. Grundgütiger, er liebte Beate und er vermisste sie und es würde sein Innerstes zerreißen, weil er sie selbst in hundert Jahren nicht aus seinem Gedächtnis streichen könnte. Sie glich keiner der Frauen, die er gedankenlos benutzt und abgelegt hatte. Sie war die Erste, die er in seinen Träumen von einer Zukunft an seiner Seite gesehen hatte. Er hatte, verdammt noch mal, Pläne gemacht! Für sie beide!
    Vergiss es, Mann! Hör auf , dich lächerlich zu machen. Du wirst jede Erinnerung an dieses Weibsstück streichen wie eine Zimmerwand – ratzfatz und weiter geht’s. Es gibt keine Zukunft mit ihr!
    Ja, Beate war zweifellos Gift für ihn. Viel zu widersprüchlich und anstrengend, eigenwillig und halsstarrig mischte sie sich ständig in Dinge, die sie nichts angingen. Sie war schlicht und einfach problematisch. Daran sollte er sich zur Abschreckung stets erinnern.
    Während er sich mit wüsten Beschimpfungen und Unmengen Bier und Schnaps tröstete, leerte sich die Kneipe. Ohne dass er es richtig bemerkte, befand er sich allein in der völlig verräucherten Hafenbar. Inzwischen hing er mehr über dem Tisch, als dass er noch aufrecht sitzen konnte, und döste vor sich hin, kaum noch irgendetwas um sich herum wahrnehmend.
    Der Wirt stellte bereits die Stühle hoch und dröhnte jetzt mit seinem kratzenden Bass: „Feierabend, Kumpel!“
    Alain zuckte aufgeschreckt zusammen und stierte in das feiste Gesicht des schmierigen Kneipiers, der einen zerknitterten Zettel aus seiner ledernen Halbschürze zog und vor den letzten Gast legte. Zur Bekräftigung seiner Forderung schlug der bullige Wirt mit der Faust auf die Tischplatte. Das halb volle Glas wackelte gefährlich, aber Alain war nicht mehr in der Lage, es festzuhalten. Kichernd ließ er seinen linken Zeigefinger in die klebrige Pfütze platschen und über den Tisch kreisen.
    „Die Rechnung, Freundchen! Ich hoffe, du zahlst für deine Jungs mit. Falls du es vergessen haben solltest, das war die Mannschaft der Fiancée de vent . Ihr liegt an Pier 17, soll ich dir ausrichten.“
    Alain versuchte seine zitternden Hände unter Kontrolle zu bekommen, um die Rechnung aufzuheben. „Wie … wie viel?“, lallte er mit schwerer Zunge, als er die Endsumme auf dem Zettel nicht zu entziffern vermochte. Mühsam zog er sich am Tisch in die Höhe und klopfte die Taschen der Motorradjacke nach seiner Geldbörse ab.
    Mit lauerndem Blick brummte der Wirt: „Tausendsechshundertsiebzig Francs.“
    Alain zog kurz die Augenbrauen nach oben. Dann zählte er, ohne weiter darüber nachzudenken oder mit der Wimper zu zucken, vier Fünfhundert-Franc-Scheine ab und ließ sie noch immer albern kichernd und mit kindischem Vergnügen durch die Luft flattern. Sie landeten in der Schnapslache und verdeckten Beates Namen, den er in dutzendfacher Ausfertigung auf die Tischplatte gemalt hatte.
    Zufrieden gab der Wirt dem jungen Mann den Weg frei und hielt ihm mit einem widerlichen Grinsen die Tür auf.
     
    Die frische Luft, die ihn im Freien erwartete, hatte auf Alain die vernichtende Wirkung eines Vorschlaghammers. Er hielt sich am Geländer fest, um nicht die drei Stufen hinabzustürzen, und atmete tief durch. Aber das Schwindelgefühl nahm in dem gleichen Maße zu, wie sich unwillkürlich seine Atemfrequenz steigerte.
    Mit eigenartig staksenden Schritten überquerte er die Straße vor der Hafenbar L'eau de vie . Er konnte sich nicht mehr erinnern, schon einmal in dieser Gegend gewesen zu sein. Laut hupend und in weitem Bogen wich eine Corvette dem Betrunkenen aus. Es schien ihn nicht zu beeindrucken. Seinen Blick stur geradeaus gerichtet mühte er sich vergeblich, die Spur zu halten, um auf kürzestem Weg die Fahrbahn hinter sich zu lassen. Trotz zunehmender Schwierigkeiten bei der Koordinierung seiner Bewegungen erreichte er lebend die andere Straßenseite.
    Dort allerdings stolperte er über die Bordsteinkante und einen flachen Abhang hinab, wo er weich im Maschendrahtzaun landete, der die Straße von einem kleinen Park trennte. Seine Finger umklammerten krampfhaft das Metallgeflecht. Er schnaufte schwer und atmete röchelnd mit offenem Mund. Im Zeitlupentempo ging er in die Knie und erbrach den Alkohol, den er wahllos und unkontrolliert im Laufe eines langen Abends in sich hineingeschüttet hatte, ohne sich vorher vernünftigerweise eine entsprechende Grundlage in Form einer festen Mahlzeit geschaffen zu haben.
    Keuchend hing er an dem Zaun und starrte wie gebannt in die Dunkelheit. Es

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