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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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fragte er sich, wieso sie ausgerechnet heute bebte.
    Durst, quälender Durst war die nächste Empfindung, die ihn nach seinem Erwachen peinigte. Das Gefühl, seine Zunge würde wie ein unförmiger Klumpen in seinem Mund liegen, schwer, rau und ausgedörrt, beschäftigte ihn während der nächsten Minuten, bis sich mit der Geschwindigkeit tektonischer Platten seine Gedanken ordneten. Er sollte endlich mit dieser unkontrollierten Sauferei aufhören. Das war einfach nichts mehr für ihn.
    Blinzelnd öffnete er sein unversehrtes Auge einen winzigen Spalt und blickte an die Zimmerdecke. Er wagte nicht , auch nur einen Finger zu rühren. Sein Schädel würde zweifellos bei der nächsten Bewegung zerplatzen wie eine überreife Melone. Das erste Mal – Seit wie vielen Tagen hauste er eigentlich schon mit Rumpelstilzchen im Park? – hatte er über Nacht ein Dach über dem Kopf gehabt.
    Und e r hatte keine Ahnung, wie er hierher geraten war. So sehr er auch sein Hirn mit dieser Frage marterte, er fand keine Erklärung für seine Anwesenheit in diesem Raum. Fasziniert beobachtete er die Staubteilchen, die in einem dünnen Lichtstrahl tanzten. Also keine Nacht mehr, konstatierte er. Gut! Und er befand sich in einem düsteren, kahlen Zimmer, lag auf einer harten Pritsche und fror erbärmlich, obwohl er vollständig angekleidet war. Nach einem heftigen Wortgefecht am ersten Tag hatte Rumpelstilzchen nie wieder versucht, ihm die Lederjacke während des Schlafens wegzunehmen.
    Wenn bloß sein Kopf nicht so fürchterlich schmerzen würde! Könnte er aufstehen, müsste er mit ausgestrecktem Arm die winzige, vergitterte Luke seines Gefängnisses erreichen.
    Ein Gefängnis? W as redete er da?
    Entsetzt hielt er die Luft an. Er wusste nicht, wie er in diese Zelle gekommen war. Dafür wusste er ganz genau, dass er nicht hier sein sollte! Nicht! Hier!
    Er schoss in die Höhe und presste die Hände an die pochenden Schläfen. Ein gequältes Stöhnen entrang sich seiner Brust. Er konnte sich an diesen Blick auf ein verstaubtes Dachfenster erinnern! Dieses Fenster war das letzte gewesen, was er gesehen hatte, bevor sie ihm die Augen verbunden hat ten! Und dann hatten sie …
    Das Video! Sie hatten ein Video mit ihm gedreht. Während sie ihn misshandelten? Aber das hier war nicht Paris! Vor einigen Tagen war er Beates wegen nach Brest gekommen und noch nicht wieder nach Paris zurückgefahren. Er müsste wissen, wenn dem nicht so war!
    Mit einem Schlag geisterten wieder die Worte des schwarzen Maschinenassistenten der „Alassane“ durch seinen Kopf. Gott, nein, lass es nicht zu! Es durfte nicht sein, dass ihn der geile Assi auf die „Alassane“ verschleppt hatte! Das war ein Traum, ein schrecklicher Albtraum, der gleich vorbei sein würde.
    Doch er war hellwach.
    Ächzend rollte er sich von der Pritsche und landete unsanft auf den Knien. Er biss die Zähne aufeinander, als er sich am Gestell der Liege auf die Füße zog. Seine Beine schienen weich wie Pudding, während bunte Kringel vor seinen Augen tanzten. Rasend schnell drehten sie sich mit ihm durch den Raum und ließen ihn auf die Pritsche sinken. Sein Kopf knallte an die Wand. Ein tonnenschwerer Stein wälzte sich auf seine Brust und drückte ihm die Luft ab, bis er am ganzen Körper zitterte und fühlte, wie sein Herz von der Anstrengung raste.
    W o war er hier? Wo! Überall, nur nicht auf der „Alassane“, betete er in plötzlicher panischer Angst. Die schwache Erinnerung, sich zuletzt mit Rumpelstilzchen im Hafenviertel von Brest aufgehalten zu haben, tauchte deutlicher in sein Bewusstsein zurück. Dieser Schwarze in der Kneipe wollte ihn …
    Übelkeit bohrte sich von seinem Magen hinauf bis ins Gehirn. Er krümmte sich schwer atmend auf dem Bett zusammen und versuchte , dem unaufhörlichen Zittern Herr zu werden. Er durchlief den Kreis seiner Gedanken das dreiundzwanzigste Mal im Rund, dennoch konnte er sich nicht darauf besinnen, was nach der Kneipentour und der Begegnung mit Amissou passiert war. Alle Erinnerung war ausgelöscht.
    Er musste raus hier! Luft! Er bekam keine Luft mehr!
    Unter Aufbietung aller Kräfte schaffte es der völlig verwirrte Mann, sich auf den Beinen zu halten. Drei wankende Schritte auf, drei Schritte ab, wieder und wieder drei Schritte von einer Seite zur anderen. Seine Hand griff nach der Türklinke. Noch bevor er sie umfassen konnte, zuckten seine Finger zurück, als hätte er glühendes Eisen berührt. Er atmete angestrengt, konzentrierte seinen

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