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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Sie schielte zur Kaffeemaschine, aber die Kanne war bereits leer. Also tröstete sie sich mit einem weiteren Croissant.
    „Alain Germeaux war vor ein paar Monaten Hauptbelastungszeuge in einem Mordfall.“
    „Ach.“ Sie hob interessiert den Kopf. „Mord?“
    „Tja, wie der Zufall es will. Zwei Journalisten in Paris.“
    „Doppelmord? Alle Achtung.“
    „ Damals hat er sich bei unseren Kollegen mit ein paar widersprüchlichen Aussagen ziemlich unbeliebt gemacht. Hat die Könner in Paris eine Zeitlang im Dunkeln tappen und sich jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen lassen, was bei einigen nicht gerade gut ankam.“
    „ Kann ich mir lebhaft vorstellen.“ Isabelle Didier nickte abwesend. „Allerdings geht es uns im Moment ganz genauso. Er scheint eine Vorliebe für Katz- und Maus-Spiele zu haben. Und? Was haben die superschlauen Pariser damals herausgefunden?“
    „D er Fall wurde bislang nicht abgeschlossen. Der Junge aber schied als Tatverdächtigter schnell aus. Dafür wartete er mit einer handfesten Überraschung auf: einer völlig überspitzten Schmerzensgeldforderung wegen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung.“
    „Wie da s?“
    „Ein übereifriger Streifenpolizist hat ihm die Hand gebrochen.“ Er zuckte bedeutungsvoll mit den Augenbrauen und lächelte die blässliche Imitation eines Lachens. „Zwei Mal.“
    „ Dass manche nie genug kriegen können. Meine Güte, so ein Idiot! Sagtest du Germeaux ? Germeaux. Woher kenne ich den Namen?“
    „Ein Pierre Germeaux hat vor ein igen Jahren gleich hier um die Ecke eine Häuserzeile hinsetzen lassen. Gegen den Widerstand des Stadtrates, der Grünen und der Anwohner sowieso. Eigentumswohnungen mit einer exklusiven Ausstattung, die jedes normale Vorstellungsvermögen übertrifft. Es soll neben Saunalandschaft und Fitnessräumen sogar einen botanischen Wintergarten geben. Lebst du nicht auch dort?“
    Isabelle knuffte ihn kumpelhaft in die Seite. „Ob die beiden was miteinander zu tun haben? Du solltest das prüfen lassen.“
    „ Wird erledigt, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass der Junge auf der Straße schlafen muss, wenn er tatsächlich mit Pierre Germeaux verwandt ist. Und wie geht es bei dir voran?“
    „ Schenk’ dir die Frage. Alles, was ich weiß, ist, dass er hochgradig traumatisiert ist“, erklärte Isabelle Didier und gähnte dabei ungeniert. Sie war selbst dafür zu müde, anstandshalber ihre Hand vor den Mund zu heben. „Es war nicht ein einziger Ton aus ihm herauszubringen, nicht einmal sein Name, geschweige denn eine brauchbare Aussage zu dem, was passiert ist.“
    „Ich weiß, du wirst es schaffen. Du bist die Beste.“
    Isabelle Didier bedachte Hauptkommissar Boyer mit einem mickrigen Lächeln als Dank für sein Kompliment. „Lucien, tu mir den Gefallen und finde heraus, in welcher Klinik er transplantiert wurde. Er hat keine Medikamente mehr. Weiß der Kuckuck, wann er zuletzt welche eingenommen hat. Wenn wir ihm nicht schnellstens Nachschub beschaffen, wird er nicht zu Fuß durch diese Tür nach Hause gehen.“
    „Kein Problem. Ich kümmere mich darum.“
    Unschlüssig kaute sie auf ihrer Unterlippe und stierte nachdenklich durch ihn hindurch.
    Lucien Boyer zog die Augenbra uen zusammen. „Du hast doch noch etwas anderes auf dem Herzen.“
    „Wir können ihn nicht festhalten, nicht wahr?“
    „Isa, du weißt, dass wir ihn nicht festhalten. Nach seiner Aussage kann Germeaux jederzeit seinen Hut schnappen und gehen, wohin auch immer der Wind ihn treibt. Seine Zellentür ist nicht verschlossen. Hatte ich das nicht erwähnt?“
    „Ich brauche mehr Zeit für ihn.“
    „Also soll ich ihn hier behalten?“
    „V erstehst du mich denn wirklich nicht, Lucien? Ich mache dir auch gern eine Zeichnung“, seufzte die Psychologin und zog eine Grimasse.
    Mon dieu , warum stellte er sich ausgerechnet heute derart begriffsstutzig? Ihre sprichwörtliche Geduld war schon immer am meisten von Lucien Boyer auf die Probe gestellt worden. Doch heute war sie einfach zu müde, um auf seine lange Leitung Rücksicht zu nehmen.
    „Mal abgesehen davon, dass er noch nicht wieder völlig klar im Kopf ist, wiederhole ich exklusiv für dich das eigentliche Problem: Er ist traumatisiert. Das bedeutet, wenn wir ihn heute gehen lassen, sehen wir ihn mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit nicht mehr lebend wieder. Entweder rennt er in das nächstbeste Auto, das ihm über den Weg läuft, oder unsere Mörder sind schneller und fangen

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