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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Alain.
    „Neeein! Alain!“
    Ihr gellender Schrei schreckte den jungen Mann auf. Im Zeitlupentempo drehte er sich zu Pierre um. Sein zersc hlagenes Gesicht war von Schmerz verzerrt, seine Hände ballten sich zu Fäusten. Als hätten ihm die jahrelangen Demütigungen durch seinen Bruder übernatürliche Kräfte verliehen, stürzte er sich mit erhobenen Armen auf Pierre, um ihm den Revolver aus den Händen zu reißen. Die beiden Brüder rangen verbissen miteinander, aber es war ein ungleicher Kampf. Halb besinnungslos flog Alain an den schweren Aktenschrank, von dem er abprallte und zurück auf Pierre fiel.
    Dann löste sich ein Schuss.

39. Kapitel
     
    Eine unheimliche Stille erfüllte den Raum. Niemand gab einen Ton von sich. Sie wagten nicht einmal zu atmen, sondern verharrten wie versteinert mitten in der Bewegung. Die Sekunden tropften in das Glas der Zeit, während die Luft vor Anspannung zu flirren schien.
    Die Männer sahen sich an, die Augen vor Verwirrung weit aufgerissen, lauernd, die Nerven zum Zerreißen gespannt, bis triumphierendes Gelächter Pierres Gesicht zu einer dämonischen Fratze entstellte.
    „Du wirst sie nicht bekommen. Nie, nie mehr. Sie gehört mir …“ Seine Worte erstickten in einem grausigen Lachen. „Mi…“
    Er blickte an sich hinab und entdeckte den blutigen Fleck, der sein Hemd mit tiefem Rot färbte und unaufhaltsam größer wurde. Ein erstaunter Ausdruck lag auf seinem Gesicht , als die Erkenntnis in sein Bewusstsein sickerte: Die Kugel ihn getroffen hatte.
    Nein! So war da s nicht geplant. Er wollte nicht sterben! Das sollte …
    Seine Züge erstarrten, die Beine knickten unter ihm weg. Im Zeitlupentempo sackte Pierre auf die Knie. Dann fiel er vornüber und blieb reglos liegen.
    Alain holte keuchend Luft, seine Augen unverwandt auf Pierre geheftet. Einem erneuten Angriff seines Bruders wollte er nicht wieder unvorbereitet ausgeliefert sein. Nicht noch einmal. Er wollte das nicht.
    Sein Atem beschleunigte sich. Die Bilder um ihn verschwammen. Er riss die Augen weiter auf, aber sein Gesichtsfeld verengte sich weiter. Mit einer fahrigen Bewegung fuhr er sich über die brennenden Augen. Das metallische Klirren, als die Waffe aus seiner Hand glitt und auf dem Boden aufschlug, schreckte ihn auf. Panikartig schnellte seine linke Hand nach oben. Verwirrt blickte er sich um. Erst jetzt schien er Beate wahrzunehmen, die starr vor Entsetzen an der Tür stand und von Alain zu dem Mann auf dem Boden und wieder zu ihm schaute.
    Er wankte auf sie zu, bis er merkte, wie ihm die Hose nach unten rutschte. Seine Bewegungen muteten geradezu linkisch an beim Versuch, die offen stehende Hose zu schließen. Grenzenlose Scham drohte ihn zu überwältigen, als es ihm nicht sofort gelang.
    „Nein! Bleib stehen! Fass mich nicht an!“
    Er sah in Beates kalkweißes Gesicht und dass sie vor ihm zurückwich, bis ihr der Bücherschrank den Weg versperrte und sie mit heftigem Kopfschütteln die Arme schützend vor sich hob.
    „ Komm nicht näher! Nein! D-du hast Pierre … umgebracht! Du … du hast … meinen Vater getötet!“ Sie wurde von einem heftigen Weinkrampf geschüttelt und schrie hysterisch auf.
    Alain verstand nicht, was sie sagte. Das stärker werdende Rauschen in seinem Schädel übertönte ihr dünnes Stimmchen. Nichtsdestotrotz rührte sich angesichts ihrer Hilflosigkeit und der krampfhaft zuckenden Schultern der Beschützerinstinkt in ihm. Es drängte ihn, die tränenüberströmte Frau in den Arm zu nehmen und zu trösten.
    Aber sie hatte Angst. Sie hatte Angst vor ihm! Vor ihm? Das konnte nicht sein. Warum sollte sie sich fürchten? Sie hatte von ihm nichts zu befürchten. Er würde ihr nie wehtun. Er wollte sie fragen … Heute musste er sie endlich fragen …
    Instinktiv tasteten seine Finger über die Hosentasche, in der er vor wenigen Minuten noch das kleine Etui gespürt hatte. Es wartete nur darauf, vor den Augen seiner neugierigen Frau geöffnet zu werden. Er wollte v or Beate auf ein Knie sinken, ihr den Ring an den Finger stecken und sein Versprechen erneuern. Den Ring in der blauen Schachtel.
    Seine Tasche war leer.
    Erst in dieser Sekunde schien sein Hirn zu realisieren, was passiert war. Seine dunkel umwölkten Augen schweiften rastlos durch den Raum. Auf dem Bildschirm des Fernsehgerätes tanzten hektische Punkte und wirbelten ihn mit sich. Seine Lider flatterten. Er wankte zurück und presste seine Fäuste an die Schläfen.
    Sein Blick fiel auf den hellen Marmortisch, wo

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