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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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ihrem verflossenen Freund war Alain keinesfalls zu vergleichen, dann eher mit dem langen Answer, der bei ihr nie zum Zug gekommen war.
    Erstaunt stellte sie fest, dass ihr schwarze, lange Haare, die ungebändigt und wild ein schmales Gesicht umrahmten, inzwischen besser gefielen als Answers blonde Bürste. Eine magische Anziehungskraft schien von Alain auszugehen, die sie vollkommen durcheinander brachte. Sie lächelte vor sich hin und seufzte leise. Dass die Gefahr sich zu verlieren akut war, hatte sie sich selber am Morgen eindrucksvoll bewiesen.
    „Ich habe dich noch nie anders als mit Hemden und weiten Pullovern gesehen. Du trägst nicht oft T-Shirts?“ Grundgütiger, was faselte sie denn da?
    Glei ch darauf zuckte sie zusammen. Nein! Oh bitte, nimm alles zurück! Lass meine Worte nicht bis an sein Ohr dringen! Sie hielt den Atem an und wünschte, die Erde würde sich unter ihr auftun und sie verschlucken. Die Narben auf seiner Bauchdecke! Deswegen keine engen Pullover! Was für ein Idiot sie doch war! Sie sollte ein Schweigegelübde ablegen und ihren Mund nie wieder aufmachen!
    Kurz angebunden murmelte Alain: „Stimmt. Ich habe mich davon getrennt. Ich … also, was ich …“
    Beate wartete eine geschlagene Minute auf das Ende seines Satzes und sah ihn verständnisvoll an, aber er wich ihr aus. Es lag so viel Verletzlichkeit in seinen Augen, dass es ihr wehtat. Alain, sag mir warum? Was ist dir widerfahren, dass die Trauer nicht aus deinen Augen weicht, selbst wenn du lächelst? Rede mit mir!
    Sie goss ihr Glas rand voll mit Wasser, nahm einen langen Schluck und meinte in unverfänglichem Ton: „Nun wohne ich fast schon ein halbes Jahr hier unter eurem Dach und ich weiß nach wie vor nicht allzu viel von dir.“
    „Gibt es denn etwas, was du wissen möchtest?“, fragte er zurückhaltend und eine leise Warnung schwang in seinen Worten mit. Seine Augen verschleierten sich und Beate spürte wieder diese unerklärliche Furcht in ihm, seine auf Abwehr ausgerichtete Haltung, die er bei ihrer Feststellung sofort eingenommen hatte. Der verzweifelte Unterton in seiner Stimme hielt sie von weiteren Fragen ab.
    „Ich habe das einfach nur so gesagt, weißt du? Ach verdammt! Mir gelingt es doch immer wieder zuverlässig, genau das Falsche zu sagen. Ich quatsche bloß so vor mich hin, ohne überhaupt irgendetwas sagen zu wollen. Gott, so viele Geburtsfehler! Aber man kann sich dran gewöhnen, wirklich. Meistens rede ich sogar ohne nachzudenken. Wenn es mir zu ruhig ist oder …“
    Sie brach mitten im Satz ab, als sie merkte, dass Alain sie verwirrt anstarrte. Ihr Gesichtsausdruck war bestimmt ebenso schreiend dämlich wie ihr Gerede. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und registrierte, wie er schluckte. Jetzt brauchte sie etwas Richtiges zu trinken!
    „Alain, wir müssen nicht miteinander reden, wenn du …“
    „Nein. Nein, du hast selbstverständlich Recht. Ich sollte mich längst damit angefreundet haben, dass wir beide unter einem Dach leben. Ich gebe sogar zu, all meine kläglichen Versuche, dich loszuwerden, sind an deiner erstaunlichen Sturheit gescheitert, sodass ich wohl besser aufgebe.“
    „ Echt? Was für ein Kompliment! Und das aus deinem Mund!“
    „Irgendwann werde ich mich an deine Anwesenheit gewöhnen. Vielleicht sollten wir uns tatsächlich besser kennenlernen.“
    Beate ging zur Zimmerbar, griff sich zwei Flaschen Rotwein und hielt sie fragend in die Höhe. „Zweihundert oder dreihundert Francs? Was möchtest du trinken?“ Ihre Gedankenlosigkeit färbte ihr das Gesicht mit tiefem Rot. „ Merde , es tut mir leid, Alain. Ich glaube, heute ist einfach nicht mein Tag.“
    Er verzog kläglich den Mund und zuck te mit den Schultern. „Wie heißt es bei euch: Wer einen Schaden hat, verdient Spott … Hilf mir, ich habe vergessen, wie dieser Spruch lautet.“
    „ Hör auf damit!“ Wütend stellte sie die Wassergläser und eine Flasche Fruchtsaft mit lautem Knall auf den Esstisch. „Bildest du dir ein, du wärst mir dermaßen wichtig, dass ich Tag und Nacht bloß daran denke, wie ich alles Mögliche vermeiden kann, um dich nicht zu verletzen? Ich habe Besseres zu tun, als mich um deine mimosenhaften Eigenheiten zu kümmern.“ Mit trotzig verschränkten Armen funkelte sie ihn aus ihren eindrucksvoll grünen Augen an.
    „ Um ehrlich zu sein“, erwiderte er nach einer ganzen Weile leise, „ich hatte in der Tat gehofft …“
    „Was gehofft?“, bohrte sie nach, als er verstummte und

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