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Tödliche Märchen

Tödliche Märchen

Titel: Tödliche Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Rasch streifte ich es über den Kopf und hielt es fest.
    Das Gesicht innerhalb der Masse bewegte sich. Lilith verfolgte mich mit ihren kalten Blicken. Die Augen, groß und rund, dabei aber sehr grausam, als hätte man kurzerhand Glasbälle in die Masse gedrückt, bekamen einen spöttischen Ausdruck.
    Dann hörte ich ihre Stimme. Sie klang mir aus dem Kreuz entgegen, und zwar dort, wo sich die beiden Balken trafen. Genau in der Mitte. Diese Stelle hatte Lilith vor einiger Zeit manipuliert. Es war ihr gelungen, die Zeichen herauszunehmen, die ich noch immer nicht enträtselt hatte. Und durch sie konnte sie zu mir sprechen.
    »Kein Chance, John Sinclair! Nicht mit dem Kreuz. Ich habe viele Trümpfe auf Erden, das aber ist der größte. Du wirst mich damit nicht zerstören können, auch wenn du es wie damals gegen mich schleuderst.«
    Das hatte ich auch nicht vor. Wenn Lilith redete und nicht handelte, führte sie etwas im Schilde. Davon mußte ich nun mal ausgehen. Deshalb behielt ich auch die Tentakel im Auge, die wie die hohen Creifarme eines Kinderkarussells vor und über mir schwebten. Da fielen Schüsse.
    Leider hatte Ruth Finley meine Aufforderung nur zum Teil befolgt. Sie war wieder zurückgekehrt, stand jetzt an der Tür, hielt ihre Dienstwaffe mit beiden Händen fest, und ich sah das verzerrte Gesicht, als sie abdrückte und die quallige Masse nicht verfehlen konnte. Die normalen Bleikugeln klatschten hinein, und es sah so aus, als hätte sie in einen normalen Pudding geschossen.
    »Verdammt!« brüllte ich ihr zu. »Das hat keinen Sinn. Sie machen sich nur un…«
    Ruth hörte nicht und schoß weiter. Sie war darauf fixiert, diesen zuckenden Krakenberg zu vernichten, aber sie machte einen gewaltigen Fehler. Meine Kollegin achtete nicht auf die Krakenarme. Einer war verdammt schnell, sogar zu schnell für mich. Er erschien plötzlich schräg über ihr. Als Ruth die Gefahr bemerkte, war es schon zu spät. Da schlug er zu.
    Er fuhr nach unten, hämmerte auf ihre Schulter, rutschte davon wieder ab, legte sich aber im nächsten Moment wie ein Lasso um ihre Hüften und hob sie an.
    Ruth verlor vor Schreck ihre Pistole. Ich hörte sie schreien und sah auch, wie sich innerhalb des Krakenbergs etwas öffnete, das wie ein Maul aussah.
    Das war es auch.
    Ich schaute hinein. Ein furchtbarer Schlund präsentierte sich meinen Blicken. Ein Ende war nicht festzustellen, der Tunnel schien in die Unendlichkeit zu laufen, ich aber ging davon aus, daß er trotzdem ein Ziel besaß oder ein Ende.
    Die Hölle!
    Ruth griff um sich und schrie. Sie faßte zwar mit den Händen den glitschigen Krakenarm an, aber sie rutschte immer wieder ab und konnte die brutale Fessel einfach nicht lösen.
    Der Tentakel knickte ein, um den letzten Teil des Wegs zum weit geöffneten Schlund zurückzulegen.
    Wenn ich Ruth Finley retten wollte, blieb mir nur die Chance, alles auf eine Karte zu setzen und die Formel zu rufen.
    »Terra pestem teneto - Salus hic maneto!« Dann passierte es!
    Urkräfte gegensätzlichster Art, wie sie zu Anfang der Zeiten schon existiert hatten, prallten aufeinander.
    Hell und Dunkel - Licht und Schatten, Gut und Böse! Ich sah mich eingekreist in einem Karussell von Licht, das immer gewaltiger wurde und an vier bestimmten Stellen besonders hell war. Dort standen Gestalten, von denen eine immense Kraft ausging, die auch mich traf und mich fast in eine euphorische Stimmung versetzte. Es waren die vier Erzengel, die einmal vor langer, langer Zeit das Kreuz geweiht hatten.
    Sie erschienen, wenn es um alles ging. Wenn der Urkampf sich wiederholen sollte — und sie halfen mir.
    Wie lange es gedauert hatte, konnte ich nicht sagen. Zeit war bedeutungslos geworden. Urplötzlich war das Licht verschwunden, ich stand wieder in der leeren Halle, das Kreuz wie einen Rettungsanker in der Hand. Ruth Finley lag vor mir regungslos am Boden. Und auch Lilith sah ich.
    Ihr Gesicht reflektierte Licht. Der Mund war breit geworden und hatte sich grausam oder wütend verzogen. Sie hatte einen immensen Schlag erhalten, war zunächst einmal zurrückgedrängt worden und würde Mühe haben, sich wieder zu regenerieren.
    Lilith war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und auch dieser Schatten verschwand allmählich, so daß der normale Fußboden sich so zeigte wie immer.
    Wie hieß es noch in der Formel? Die Erde soll das Unheil halten. Das Heil soll hier bleiben.
    Und das war geschehen.
    Meine Knie zitterten, als ich auf meine Kollegin zuschritt. Sie

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