Tödliche Nähe
seine Schattenseiten haben.«
»Denk einfach daran, dass er es wert ist«, bemerkte Nia vom anderen Ende des Wohnzimmers aus. »Außerdem besitzt dein Mann jede Menge Erfahrung.«
Lena lächelte halbherzig. »Schon. Aber ich möchte einfach gern wissen, was los ist.«
»Das wollen wir alle. Aber wir können ihn auch nicht ständig mit Anrufen nerven, wenn er sich auf seine Arbeit konzentrieren soll. Es ist sicherer für ihn, wenn er ganz bei der Sache ist, meinst du nicht?«, gab Nia zurück.
»Du hast ja recht.« Lena seufzte.
Law schenkte Nia ein Lächeln. Doch sie zuckte nur mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust.
Normalerweise hatte Carter eine Engelsgeduld, aber an diesem Tag war nichts normal. Er stellte das Radio auf die Frequenz ein, welche die Bullen im Bezirk nutzten, während er mit dem kleinen BMW Laws Einfahrt hochfuhr. Sein Lieferwagen war zu leicht wiederzuerkennen. Den BMW indes fuhren Roz und er nicht allzu oft, sodass hoffentlich niemand so schnell auf ihn aufmerksam werden würde.
Ihm brummte der Schädel, als er vor Reillys Haus auf die Bremse trat. Nias Motorrad stand vor der Tür. Perfekt! So konnte er beide auf einen Streich erledigen, die Schlampe und Reilly. Danach würde er sich um Lena kümmern und schließlich zurück zur Werkstatt fahren und allem ein Ende setzen.
Ihm blieben nur noch wenige Stunden, bevor das Betäubungsmittel, das er Roz verabreicht hatte, nachließ. Na ja, vorausgesetzt natürlich, sie war bis dahin nicht erstickt. Falls nicht, wollte er zurück sein, bevor sie aufwachte, um ihr noch mehr einzuflößen, bevor er sich ihrer annahm. Sie sollte nicht mitbekommen, was auf sie zukam.
Er liebte seine Frau und würde ihr niemals wehtun.
Die Zeit lief ihm davon, weshalb er gar nicht erst an die Tür klopfte. Er wusste, dass es eine Alarmanlage gab, und hatte ohnehin nicht vor, länger als einige Minuten vor Ort zu bleiben. Er musste nur zielen und abdrücken, das dürfte nicht lang dauern.
Doch die drei Minuten, die er durch das Haus lief, entpuppten sich als reine Zeitverschwendung, denn das Gebäude war leer.
Verflucht noch eins!
Ihm kochte das Blut in den Adern, als er wieder ins Auto stieg. Für so einen Blödsinn hatte er keine Zeit. Und er würde sich bestimmt nicht verhaften lassen, nie und nimmer!
Nun galt es, eine Entscheidung treffen. Er nutzte die Strecke zu Lenas Haus, um alles gründlich zu durchdenken. Wollte er noch mehr Zeit mit der Suche nach Nia verschwenden? Immerhin war sie der Auslöser für diesen ganzen Ärger.
»Na ja, genau genommen ist der Stein von Lena ins Rollen gebracht worden«, murmelte er mit rauer Stimme. Vor all diesen Monaten, als sie die Schreie gehört hatte, nachdem die kleine Nutte abgehauen war.
Allein bei dem Gedanken daran tauchten die Bilder wieder in seinem Kopf auf – er hörte die Schreie, hatte vor Augen, wie er sie verfolgt und schließlich gefangen hatte …
Er konnte förmlich ihr Schluchzen hören, als sie von ihm zurückgeschleift worden war, ihr erbärmliches Flehen …
Das Blut rauschte ihm in den Ohren, so laut, so heftig, dass er die Sirenen erst wahrnahm, nachdem der erste Streifenwagen an ihm vorbeigerast war.
Steif aufgerichtet starrte er in den Rückspiegel. Noch mehr Cops.
Doch auch dieses Polizeiauto überholte ihn bloß, genau wie sein Vorgänger. Beide Wagen fuhren den Highway nach Osten hinunter … Richtung Inn .
Und zu seiner Werkstatt.
Keuchend hielt er das Lenkrad umklammert. Lenas Haus kam in Sicht.
Im Bruchteil einer Sekunde fällte er eine Entscheidung und ging auf Nummer sicher. Wenn sie sich bereits in seiner Werkstatt befanden, war der Weg dorthin zurück zu riskant.
Ezra hatte immer noch tausend Dinge zu erledigen, und dieser Tatort entwickelte sich bereits jetzt zu einem wahren Albtraum. Doch nun kam auch noch der hilflose Ausdruck auf Remys Gesicht hinzu, jenes Mannes, der für gewöhnlich immer so gelassen und großspurig war … verflucht! Das konnte er nicht mit angucken.
»Ich habe auch einen Krankenwagen gerufen«, teilte er seinem Freund mit und stellte sich vor die Bank, auf der Remy mit der bewusstlosen Roz auf dem Schoß saß.
»Krankenwagen«, wiederholte der mechanisch. »Ja. Gute Idee. Warum wacht sie nicht auf?«
Ezra hatte da so seine Vermutungen. Vorsichtig hob er Roz’ Augenlid an. Ihre Pupillen waren nicht größer als ein Stecknadelkopf. »Wahrscheinlich hat er ihr irgendwelche Drogen gegeben. Ich werde die Sanitäter darauf
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