Tödliche Nähe
Zunge über die Zähne und schüttelte den Kopf. »Tja, wenn Deb einmal von etwas überzeugt ist, dann bleibt sie dabei, es sei denn, sie selbst kommt zu einem anderen Schluss. Noch dazu waren Sie an dem Tag ja nicht gerade in der besten geistigen Verfassung.«
»Ach, herzlichen Dank«, brummte sie.
Law betrachtete ihr Profil und überlegte fieberhaft, was sie von ihm hören wollte – was er tun sollte. Wäre sie wohl zufrieden, wenn er ihre Entschuldigung ablehnte?
Himmel! Mit so was kannte er sich nicht aus.
Er wandte den Blick ab und rieb sich den Nacken. »Hören Sie, ich möchte nur …« Sie richtete ihre goldfarbenen Augen auf ihn, und er durchforstete seufzend sein Gehirn nach einer Antwort. »Würde es Ihnen denn besser gehen, wenn ich gesagt hätte, dass Sie mich mal am Arsch lecken können?«
Zu seiner Überraschung erschien ganz kurz ein leises Lächeln auf ihren Lippen. »Keine Ahnung, aber es klingt sehr viel glaubwürdiger als ›in Ordnung‹. Ich jedenfalls würde garantiert nicht ›in Ordnung‹ sagen, wenn jemand so eine Nummer mit mir abgezogen hätte.«
»Vielleicht wären Sie von sich selbst überrascht«, sagte er leise. Wenn sie sich damals hätte sehen können … Verdammt noch mal, er musste aufhören, daran zu denken. Und zwar auf der Stelle. Obwohl es nicht viel besser war, sich auf ihren derzeitigen Anblick zu konzentrieren. Selbst mit diesem leicht genervten Gesichtsausdruck war sie immer noch unglaublich attraktiv.
»Das glaube ich nicht«, gab sie kopfschüttelnd zurück. »Ich staune selten über mich selbst.« Sie seufzte und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Ich muss los. Ich würde ja gern sagen, dass es schön war, Sie wiederzusehen, aber … na ja …«
»Aber das wäre gelogen«, ergänzte er. »Wie wär’s mit interessant ? Ich kann nicht abstreiten, dass es nicht immer interessant mit Ihnen war.«
»Mensch, und Sie haben mich ja schon ganze zwei Mal getroffen.« Zumindest war ihr Lächeln nun echt.
Er prägte sich dieses Bild ein, während er ihr nachsah – ein Weilchen länger als nötig … Tja, er war eben ein Kerl, und bei diesem Anblick konnte man einfach nicht wegschauen.
Ihr Name war Nia Hollister.
Nia Hollister – Jolene Hollisters Cousine. Das erklärte natürlich, warum sie letztes Jahr in der Stadt gewesen war, aber welchen Grund gab es diesmal?
Wahrscheinlich hätte er sich keine Sorgen gemacht, wenn ihm lediglich zu Ohren gekommen wäre, dass sie sich im Supermarkt Zigaretten besorgt habe – Marlboro, nur das Beste. Aber nein, nach dem Einkauf war sie hiergeblieben.
Und sie hatte sich ein Zimmer im Hotel Ash genommen. Das war es, was ihn beunruhigte. So richtig. Als er Nachforschungen über sie anstellte und noch mehr über die Frau erfuhr, wurde es nicht besser. Oh, er fand ein paar höchst interessante Dinge über sie heraus.
Als er ihren Namen in eine Suchmaschine eingab, wurde er nicht mit Einträgen auf Seiten wie Meine Schulfreunde überschüttet. Nein, es standen tatsächlich handfeste Informationen über sie im Netz. Sie war Fotojournalistin. Sobald er ein bisschen intensiver in die Recherche einstieg, stieß er auf ihren Wohnort sowie einige Links zu ihren Arbeiten.
Heutzutage konnte man über das Internet allerhand in Erfahrung bringen. Doch das, was er wissen wollte, fand er nicht heraus. Denn er wusste immer noch nicht, was sie hier machte. Warum sie nach Ash zurückgekehrt war.
Er hatte vorgegeben, einen freien Tag zu verbringen, und war noch einmal in die Stadt gefahren, hatte ein spätes Mittagessen im Bistro verdrückt, noch einmal im Buchladen und bei ein paar anderen Geschäften hereingeschaut, hier und da ein Schwätzchen gehalten.
Ja, sie war mehreren Leuten aufgefallen. Aber niemand wusste, was sie wieder hier machte. In seiner Stadt.
Niemand plauderte aus dem Nähkästchen. Weder die Jungs von der Bezirkspolizei noch die Tratschtanten des Orts, niemand.
Gemutmaßt wurde viel. Doch niemand wusste etwas Konkretes. Offensichtlich hielt sie ihre Angelegenheiten, welche das auch immer sein mochten, gut unter Verschluss. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, Gerüchte von der Wahrheit zu unterscheiden, und mehr als Gerüchte waren momentan nicht in Umlauf.
Niemand wusste etwas.
Er hielt vor dem Hotel und ließ den Lieferwagen im Leerlauf stehen, während er sich umsah.
Auf dem Parkplatz entdeckte er ihr Motorrad, doch sie selbst sah er nicht. Offenbar war sie bereits in ihrem Zimmer. Wahrscheinlich hatte sie
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