Tödliche Nähe
genervten Gesichtsausdruck aufgesetzt wie schon hundert Leute vor ihr, wenn er auf eine kleine Gedankenreise gegangen war. Doch noch wollte er ihr nichts erklären.
Ezra sollte es zuerst erfahren. Und Law würde einen Teufel tun und Nia von seinen Überlegungen erzählen, um sie dann in der Hütte zurückzulassen . Also musste sie mitkommen. Nun hatte sie ihn an der Backe – aber dafür befand sie sich wenigstens in Sicherheit.
Da sie immer noch bloß dastand, sich nichts anziehen wollte und innerlich vor Wut schäumte, versuchte er es mit seinem bewährten Lächeln und tat unschuldig. »Hör zu, ich muss einfach etwas nachschauen. Durch dich ist mir etwas eingefallen, aber ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, okay?«
Und das war nicht einmal gelogen. Er konnte sich wirklich nicht mehr genau entsinnen … wo .
»Je eher wir also bei mir sind und ich mir die Karten anschauen kann, desto besser, richtig?«
Sie bedachte ihn mit einem misstrauischen Blick, drehte sich jedoch um und ging ins Bad.
Fünf Minuten später kam sie angezogen und schweigend wieder heraus und sah ihn immer noch an, als würde sie ihm nicht so recht über den Weg trauen.
14
Die Deputies folgten ihnen.
Law war nicht ganz wohl bei der Sache, aber er würde deswegen nun auch keinen Aufstand machen.
In diesem Augenblick dachte er fieberhaft darüber nach, was er tun sollte, sobald er Nia gesagt hatte, was in den Wäldern rund um Ash schlummerte. Keine Höhlen … aber die Räume befanden sich sehr wohl unter der Erde. Zumindest war dies früher, vor langer Zeit, so gewesen.
Da erschien es doch nur logisch, dass sie nun immer noch dort existierten, oder?
Und falls ja, was dann? Da er sie schlecht einsperren und den Schlüssel wegwerfen konnte, würde er wohl kaum imstande sein, Nia davon abzuhalten, durch den Wald zu rennen.
Doch wenn der Vorfall von vergangener Nacht wirklich irgendetwas mit ihrem kleinen Ausflug zu tun hatte …
Verdammt!
Die Fahrt zu seinem Haus dauerte ihm zu lange, und war dennoch nicht lang genug. Noch immer zermarterte er sich das Hirn, suchte nach Ideen, Plänen, Szenarien – was ihm normalerweise nie schwerfiel.
Doch ausnahmsweise einmal war sein Kopf wie leergefegt.
Die Stille schien sie förmlich zu erdrücken, als Law hinter dem Haus hielt. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, den Wagen in der Garage zu parken. Da sie am Nachmittag wahrscheinlich noch zu Ezra fahren würden, konnte er sich das schenken.
Er schloss die Hintertür auf, steckte den Schlüssel in die Tasche und programmierte unwillkürlich die Alarmanlage neu, die er nach den Ereignissen vor einigen Monaten eingebaut hatte. Nia folgte ihm, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Während sie zur Kücheninsel schlenderte, warf er schnell einen Blick zu dem Brett, an denen die Schlüssel für die anderen Fahrzeuge hingen.
Hm …
Eilig sammelte er sie von den Haken und steckte sie ebenfalls in die Tasche – er hatte die beiden Schlüssel immer dort hängen, obwohl Hope längst eigene besaß. Doch Nia sollte es nicht so einfach haben, abzuhauen, wenn sie wütend wurde, nicht wahr? Auch wenn sie natürlich nie so impulsiv reagieren würde , dachte er sarkastisch.
Sie musterte ihn fragend, doch er steuerte auf den Schnapsschrank zu.
Er brauchte nun einen Drink. Etwas Hochprozentiges. Scheiß auf die Fahrt zu Ezra – der Sheriff konnte auch zu ihm kommen.
»Willst du einen Drink?«, fragte er sie, während er den Whisky hervorholte.
»Klar.« Sie schnitt eine Grimasse. »Mit Cola, falls du so etwas dahast. Was auch immer dich gerade so aus der Bahn wirft, wird mir wahrscheinlich nicht unbedingt gute Laune bereiten.«
Er seufzte. »Tut mir leid. Ich … Himmel, ich laufe nicht ganz rund, wenn mich innerlich etwas beschäftigt. Das verschlimmert sich noch, wenn ich besorgt oder genervt bin. Und jetzt gerade kommt eins zum anderen.« Schweigend bereitete er erst ihr, dann sich selbst einen Drink. Er trank seinen pur – sie bekam Cola und Eis dazu. Der Whisky brannte in seiner Kehle, doch er half kein bisschen gegen den Kloß in seinem Hals.
»Komm«, sagte Law, nachdem er sich nachgeschenkt hatte. »Wird wohl ein paar Minütchen dauern, alles zu finden.«
Ein paar Minuten?
Großer Gott , dachte Nia zwei Stunden später, während sie einem ziemlich einseitigen Telefongespräch lauschte – da hatte sich jemand aber ganz schön verschätzt.
»Bist du sicher? Verdammt, da hatte ich eigentlich schon nachgeguckt – ja, ja,
Weitere Kostenlose Bücher