Tödliche Nähe
Sprechen anzublicken, betrachtete er seinen Arm mit den Narben von der Operation, bei der ihm die gebrochenen Knochen gerichtet worden waren. »Zum Beispiel denke ich über das nach, was wahrscheinlich wirklich in jener Nacht passiert ist, als mir der Arm gebrochen und Hope angegriffen wurde. Zuerst gingen die Leute davon aus, sie wäre es gewesen.«
Nia schnappte nach Luft, und er musste über ihren ungläubigen Gesichtsausdruck grinsen. »Diese klitzekleine Info hast du wohl übersehen, als du die Dokumente durchgeforstet hast, was? Tja, diese Geschichte war als Erstes in Umlauf. Alle dachten, sie hätte den Verstand verloren, mich angefallen und sich dann die Pulsadern aufgeschnitten.«
»So ein Quatsch.« Nia schnaubte verächtlich. »Wer zum Teufel würde so einen Schwachsinn glauben?«
Law zuckte mit den Schultern. »Na ja, am Anfang waren es ganz schön viele Menschen. Sogar Remy musste davon ausgehen, weil vom Täter alles entsprechend inszeniert worden war. Am gesamten Baseballschläger, mit dem ich zusammengeschlagen wurde, befanden sich ihre Fingerabdrücke. Aber dann sind noch andere Beweise aufgetaucht, und ich bin aus dem Koma erwacht …«
»Koma …« Nia fuhr sich übers Gesicht.
»Jepp.« Er grinste schief. »Du meintest doch, du hättest dich informiert … Hast du nichts über diese Nacht gelesen?«
Sie wandte den Blick ab. »Nein, nicht so viel. Ein paar Seiten habe ich bloß überflogen, über Hope und dich … wollte ich halt nichts Genaueres wissen.«
»Mensch, es gibt kein Hope und ich .«
»Ja, das habe ich so langsam kapiert.« Sie schaute ihn an. »Warum genau erzählst du mir das alles? Außer um mich abzulenken, natürlich?«
»Wie gesagt, ich bin über all das hier ins Grübeln gekommen. Zuerst sind alle davon ausgegangen, dass es Hope war. Dann haben wir uns gefragt, ob es vielleicht der Typ sein könnte, der die Leiche deiner Cousine auf meinem Grundstück abgelegt hat. Aber dann ist Joe Carson aufgekreuzt, und es sah so aus, als wäre er der Übeltäter – alles kreiste plötzlich um seine Person, und es schien fast so, als hätten die Leute all die seltsamen Vorkommnisse vergessen, die zuvor passiert sind: die Schreie, die Lena gehört hat oder den Überfall in meinem Haus. Mit einem Mal gingen einfach alle davon aus, dass Joe das Problem sein musste.«
»Aber du glaubst etwas anderes.« Nia musterte ihn aufmerksam.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, jemand hat die ganze Geschichte ziemlich geschickt eingefädelt, um von sich selbst abzulenken.«
Unvermittelt schielte sie nicht mehr verstohlen zur Haustür, maß nicht mehr die Entfernung zwischen Law und sich, als rechnete sie ihre Chancen aus, ob sie es vor ihm zur Tür schaffen könnte. Sie hätte ohnehin kein Auto gehabt, noch nicht einmal den passenden Schlüssel – dafür hatte er gesorgt.
In der Hoffnung, dass sie nun wieder etwas ruhiger war, ging er ein paar Schritte auf sie zu und schaute ihr in die hellgoldenen Augen. »Was schadet es denn, noch einen Tag zu warten, Süße?«, fragte er leise. »Auf diese Weise hast du den Sheriff dabei, er muss sich keine Sorgen um seine Frau machen und Remy bleibt auch auf dem Laufenden.«
Seufzend fuhr sie sich durchs Haar. »Ich hasse es, zu warten«, brummte sie.
»Das verstehe ich. Aber einen Tag …? Ich weiß, dass dich das Ganze fertigmacht, aber ob es dir gefällt oder nicht, solltest du wirklich recht behalten, dann sind wir alle davon betroffen. Dieser Mistkerl hat uns da alle mit reingezogen – Lena könnte in Gefahr sein, Hope ebenfalls, und du auch.«
»Nur die Frauen, war ja klar«, entgegnete sie und verdrehte die Augen. »Hast du vergessen, dass du krankenhausreif geschlagen wurdest?«
Laws Miene verfinsterte sich. »Er hat mich ins Krankenhaus geprügelt, mir den Arm gebrochen – und versucht, meine beste Freundin umzubringen – nein, das habe ich nicht vergessen. Aber auf einer Skala von eins bis zehn landet das, was mir passiert ist, auf Platz null im Vergleich zu dem, was Hope durchgemacht hat. Oder was dir gestern hätte zustoßen können. Und erzähl Lena bloß nicht, dass ich das gesagt habe, aber wenn sie allein gelassen wird, ist sie vollkommen wehrlos. Um an sie heranzukommen, braucht man nur Puck aus dem Weg zu räumen.«
Der Ausdruck in seinen Augen versetzte Nia einen Stich ins Herz. Doch dann begriff sie, warum er sich überhaupt solche Sorgen um Lena machte.
»Oh. Oh verdammt …« Sie fuhr sich mit dem Handrücken über den
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