Tödliche Nähe
aus. »Deshalb fahre ich dich heute Abend auch nach Hause.«
Sie zog ihre dunkelroten Augenbrauen nach oben und presste die Lippen zusammen. »Ach, ja?«
Sie hatte sich gerade wieder ihrer Arbeit zugewandt, drehte sich nun jedoch zu ihm um und verschränkte die Arme vor der Brust. »Und warum das, Sheriff?«
Er dehnte seinen Nacken und schaute aus dem Fenster. »Ich möchte einfach nur gern meine Frau nach Hause fahren. Hast du ein Problem damit?«
»Nur, wenn du bis zum Feierabend den ganzen Tag über an meinem Arbeitsplatz herumhängst«, erwiderte sie trocken, kam auf ihn zu und hob eine Hand.
Aus Gewohnheit ergriff er sie und küsste ihre Handfläche.
Er konnte mit Lena einfach nicht darüber reden, nicht in dieser Situation. Nicht an diesem Ort.
»Was ist los, Ezra?«, fragte Lena leise. Plötzlich erstarrte sie und seufzte tief.
Kurz darauf hörte er es auch – das Stimmengewirr und Gelächter des restlichen Küchenpersonals.
»Tja, da hast du wohl noch einmal Schwein gehabt«, brummte sie.
Er gab ihr einen Kuss auf den Mundwinkel. »Wir reden nachher darüber.«
»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme und ignorierte den Lärm, als schließlich die Tür aufging und mehrere Mitarbeiter hereinströmten.
»Klar.«
Zumindest würde er schon dafür sorgen, verdammt noch einmal.
Nias Motorrad stand vor ihrer Hütte. Sie selbst war jedoch nicht da.
Das wusste er, weil er sie mitsamt ihres Geleitschutzes bei Reilly gesehen hatte.
Tagsüber bei ihr einzusteigen, war ziemlich riskant, aber er wollte zur Tat schreiten, solange der Schock über seinen nächtlichen Besuch noch saß. Also stellte er die gesamte Hütte auf den Kopf, schnitt all ihre Klamotten in Streifen und warf sie auf den Fußboden, sodass ein großer Haufen entstand. Dann nahm er eine schwarze Spraydose – von einer Marke, die es in jedem Supermarkt zu kaufen gab – und sprühte jeweils ein großes X auf den Spiegel im Bad, auf den Schreibtisch, den Fernseher und auf die Wände.
Schließlich schlitzte er noch mit einem Messer die Matratze auf, um keine fünf Minuten später wieder durch die Hintertür zu verschwinden, die auf eine hübsche kleine, recht abgeschirmte Terrasse führte – sehr praktisch. Das Klirren der Scheiben hatte er zuvor mit einem mitgebrachten Handtuch dämpfen können, in das er einen Stein gewickelt hatte.
Die Scherben ließ er einfach liegen. Er musste nun vor allem zusehen, dass er sich so weit wie möglich von der Hütte entfernte. Vielleicht würde er sich kurz ins Foyer des Inn setzen, sich einen Drink genehmigen und sich ein bisschen unterhalten. Es war fast schon Zeit fürs Abendessen, und die Leute hatten sich daran gewöhnt, ihn hin und wieder dort anzutreffen. Das Inn war ziemlich beliebt, ebenso wie die Kneipe, in der er Nia Hollister das erste Mal gesehen hatte.
Und Gewohnheiten sollte man beibehalten.
Während er von der Rückseite des Hauses aus um das Grundstück herumging, lächelte er selbstzufrieden.
Sie würde ausflippen. Wahrscheinlich richtig wütend werden. Und feige war sie nicht, das wusste er.
Das hier musste sie ganz schön auf die Palme bringen.
Wie viel würde es wohl brauchen, bis sie vollkommen aus der Bahn geworfen wurde?
Allein diese Aktion konnte ihm schon aus der Bredouille helfen. Sollte sie unsicher, ein bisschen weniger … stabil … wirken und dann tatsächlich zum Sheriff gehen, würde der sie möglicherweise nicht so ernst nehmen. Und genau das müsste ihm wiederum die nötige Zeit verschaffen, um sich etwas Besseres zu überlegen.
Ja, das konnte funktionieren.
Er lief um eine Ecke herum und war in Gedanken noch ganz bei seinen Plänen, sodass er nicht wirklich auf die Autos auf dem Parkplatz achtete. Als er plötzlich einen Pick-up erblickte, der ihm bekannt vorkam, stolperte er jedoch fast.
Der Wagen hatte kurz zuvor noch nicht dort gestanden!
Es war Ezras Pick-up.
Verdammt!
Was hatte der Sheriff an diesem Ort zu suchen?
Er holte tief Luft. Unwichtig, schließlich arbeitete Ezras Frau in dem Laden. Wahrscheinlich wollte er sie bloß besuchen. Beunruhigt verlangsamte er seine Schritte und steuerte über den Parkplatz das Inn an.
Er konnte sich zwar nicht genau erklären, warum, aber auf einmal waren sein Nacken und seine Schultern total verspannt. Der Anblick von Ezras Pick-up machte ihn nervös. Und wie …
Ein Drink würde abhelfen.
Er brauchte jetzt einen, musste nach Hause fahren und runterkommen.
Sich wieder beruhigen.
Er
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