Toedliche Offenbarung
sich mit Broderich im Dorfkrug getroffen. Er ist nach dem jetzigen Stand der Letzte, der ihn vor dem Mörder gesehen hat, wenn er es nicht sogar selbst getan hat.«
»Julius Trott?« Der schmale, schmächtige Mann mit dem gepflegten Schnauzbart soll einen Menschen getötet haben? Unmöglich. »Ich kann mir das nicht vorstellen – aber egal. Er ist nicht da, zumindest öffnet er nicht auf unser Klingeln. Dabei stehen jetzt außer uns bereits vier andere vor dem Haus – er hat in der Celleschen Zeitung eine Haushaltsauflösung ab heute 12:00 Uhr annonciert.« Plötzlich kribbeln ihre Finger.
»Außerdem ist das Dach seines nagelneuen Autos heruntergeklappt. Seit mindestens zwei Stunden, da stand ich nämlich das erste Mal vor der Tür. Einer wie Julius Trott würde so etwas nie machen, wenn der Wind die Blätter durch die Gegend wirbelt. Der würde sein Auto wie seinen Augapfel hüten.«
26
Die Suche im Internet ergibt keine Treffer für Herbert Müller. Nicht einmal im Telefonverzeichnis wird Trixi fündig. Also wählt sie die Nummer ihres Hairstylisten. Wenn jemand etwas weiß, dann er.
»Hallo, Jean Claude, hier ist Trixi. Entschuldige, dass ich dich am Sonntag anrufe, aber es ist wirklich dringend. Darf ich dich was fragen?« Sie weiß aus langjähriger Erfahrung, dass er diesen devoten Ton liebt. Also tut sie ihm den Gefallen.
Jean Claude versichert ihr prompt, dass sie nie störe, zu keiner Tages- und Nachtzeit, solange sie ihn immer wieder lobend in ihrer Kolumne erwähne.
»Sag mal, Jean Claude«, säuselt sie, »kennst du eigentlich einen Herbert Müller aus Celle?«
»Celle ist nicht so meine Gegend. Ich fahre eher nach Hannover. Entweder gehe ich in die Men’s Factory oder in die Schwule Sau . Manchmal verirrt sich auch jemand aus Celle dorthin. Aber eher selten. Müller – gibt’s dagegen häufiger«, er überlegt. »Aber der Name Herbert Müller kommt mir nicht bekannt vor. Ich könnte aber mal rumfragen. Wie alt ist dieser Herbert denn?«
»Etwa achtzig.«
Jean Claude prustet laut los.
»Aber Trixi, ich bitte dich. Ich habe was gegen Pädophile, aber auch gegen Scheintote, die nicht merken, wann Schluss mit lustig ist.«
Weder Jean-Claude noch die nächsten zehn besten ihrer Quellen kennen jemanden mit dem Namen Herbert Müller. Trixi stöhnt auf, als sie den Telefonhörer auflegt.
»Meine Beziehungen reichen nicht bis Celle. Spätestens hinter Ehlershausen ist Schluss.«
27
Die Sonntagstalkrunde im Radio auf NDR 2 mit Tietjen ist vorbei und Sonja hat schon dreimal den Sender gewechselt, während sie auf ihrem Handy spielt, als der Einsatzwagen der Polizei vorfährt. Erst jetzt fällt ihr auf, dass außer der brünetten Frau, mit der ihr Vater seit seiner Ankunft redet, noch mehr Leute dazu gekommen sind. Mittlerweile hat sich ein regelrechter Auflauf vor der Tür gebildet.
Sonja steigt aus dem Auto aus und stapft durch die brütende Hitze zu ihrem Vater.
»Du hast gesagt, dass es ganz schnell geht. Wenn ich gewusst hätte, wie lange das hier dauert, wäre ich lieber bei Felix geblieben«, mault sie.
»Das dauert eben.« Eine mürrische Tochter, die gleich mit dem Fuß aufstampft, hat ihm gerade noch gefehlt. Borgfeld dreht sich verärgert zu den beiden Kollegen aus Celle um.
»Schön, dass Sie da sind.«
»Womit können wir helfen, Kollege?«, wendet sich der kleinere der beiden Polizisten an Borgfeld.
»Ich möchte zu dem Wohnungsinhaber.«
Die beiden Uniformierten sehen sich an, als wenn Borgfeld vom Mond käme. Dann drehen sie sich um und klingeln mehrmals.
»Keiner da«, konstatiert der Kleinere.
»So weit war ich auch schon.« Die sollen ihn bloß nicht für blöd halten, flucht Borgfeld. »Die Tür muss geöffnet werden.« Sein Tonfall liegt an der Grenze zum Barschen.
Die beiden Polizisten verziehen den Mund, ohne ein Wort zu sagen. Die Blicke, die sie miteinander austauschen, sprechen jedoch Bände. Der linke, der den anderen um eine Haupteslänge überragt, schüttelt den Kopf und nimmt grinsend seine Uniformmütze ab.
»Dann müssen Sie wohl warten«, lispelt er.
»Mein Kollege vom LKA möchte aber, dass …«
»Wir können die Wohnung nicht mir nichts dir nichts auftreten«, wird er von dem kleineren der beiden unterbrochen. »Wir sind hier schließlich nicht im Wilden Westen.« Der trotz seiner geringen Größe sportlich und dynamisch wirkende Polizist um die dreißig grinst breit.
»Technisch ist so ein einfaches Schloss natürlich kein
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