Toedliche Offenbarung
hatten sie es vor Jahren geplant. Das rotweiße Flatterband in der Reinigungsecke stört allerdings den gediegenen Eindruck.
Schnell wandert Goldmanns Blick zum Parkplatz auf der anderen Seite des Clubhauses. Er reckt seinen Kopf vor. Durch das dichte Buschwerk sieht er einige parkende Autos, aber sonst niemanden. Nur die vier Herren der Gruppe SeMiGo, dem Senioren-Mittwochs-Golf, stehen immer noch vor dem Eingang zum Clubhaus und stecken die Köpfe zusammen.
»Von diesen Polizisten ist nichts zu sehen, die sind wie vom Erdboden verschluckt.« Goldmann dreht sich um und lässt sich in den schmalen Sessel fallen. »Wo die bloß stecken?«
Kaum hat er den Satz zu Ende gesprochen, klopft es an der Tür.
»Herein!« Goldmanns energischer Tonfall klingt bemüht. Federnd steht er auf, begrüßt die beiden Polizisten mit Handschlag.
»Das ist mein Anwalt, Doktor Dietrich.«
Der großgewachsene Anwalt steht ebenfalls auf und reicht seine Hand zum Gruß. Er gibt ein paar Höflichkeitsfloskeln zum besten, dann deutet er auf die Sitzecke.
»Meine Herren, nehmen Sie doch Platz.«
Beckmann und Streuwald quetschen sich auf das schmale Sofa. Ihre Oberschenkel berühren sich, für die Arme bleibt kaum Platz. Beckmann drückt sich in die eine Ecke, Streuwald in die andere. Der enge Körperkontakt behagt beiden nicht.
»Meine Herren«, schnarrt die joviale Stimme des Anwalts, »kürzen wir die unleidige Angelegenheit ab. Ich hatte ein ausführliches Gespräch mit meinem Mandanten und kann Ihnen versichern, dass er mit dem Mordfall nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Des Weiteren kann ich Ihnen versichern, dass er in jeder Hinsicht mit Ihnen kooperieren möchte, allein, um Schaden vom Golfclub abzuwenden.«
»Wenn das so ist«, Beckmann lächelt sowohl den Anwalt als auch Goldmann an, »können wir die Sache ja schnell hinter uns bringen.« Beckmann registriert das nervöse Zucken in Goldmanns Mundwinkel. Der Fisch ist noch nicht vom Haken.
»Kooperation ist immer eine schöne Sache.« Beckmanns Lächeln geht bei diesem Satz in ein zufriedenes Grinsen über.
»Herr Goldmann, wo waren Sie gestern Abend gegen halb elf?«, schießt er unvermittelt.
»Zuhause«, pariert Goldmann.
»Haben Sie Zeugen?«
»Meine Frau.«
Es gibt wirklich bessere Alibis. Beckmanns bedauernder Blick ist unmissverständlich.
»Und vorher?«
»Vorher war ich mit Uwe hier im Restaurant essen. Uwe Zwingel, das ist der Golftrainer. Nach der Runde kehren wir hier immer ein. Anschließend bin ich dann nach Hause gefahren.«
»Wann war das?«
»Gegen neun.«
»Sicher?«
»Vielleicht war es auch schon halb zehn, aber auf keinen Fall später.« Das Zucken seines Mundwinkels hat sich beruhigt. Goldmann scheint sich sicher zu fühlen, und Beckmann meint sogar, den Hauch eines Lächelns auf seinen Lippen zu sehen. Jetzt ist es Zeit, um die Beute zu erlegen.
»Hatten Sie Herrn Broderich zu diesem Zeitpunkt schon das Geld gegeben oder haben Sie sich später deswegen noch einmal getroffen?«
Wie ein angeschossenes Tier zuckt Goldmann bei dieser Frage zusammen. Kreidebleich starrt er seinen Anwalt an und flüstert: »Ich muss dich kurz sprechen. Unter vier Augen.«
Als die beiden aus dem Nebenzimmer zurückkommen, wirkt Goldmann noch fahriger als zuvor. Auf seiner Stirn stehen Schweißperlen. Er zieht ein weißes Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche und tupft sie ab. Er starrt an Beckmann vorbei aus dem Fenster und macht keine Anstalten zu reden.
Stattdessen räuspert sich der Anwalt und ergreift dann das Wort.
»Mein Mandant ist auch in dieser Frage zur Offenheit bereit, aber nur, wenn alles unter uns bleibt. Können Sie uns das versichern?«
Beckmann glaubt seinen Ohren nicht zu trauen. In der Scheiße stecken und Forderungen stellen. Das liebt er.
»Im Unterschied zu anderen Leuten stellen wir unsere Erkenntnisse nicht für alle zugänglich ins Internet«, schleudert Beckmann dem Anwalt entgegen.
»Das muss Ihnen als Erklärung reichen. Sollte die Aussage von Herrn Goldmann für den Prozess relevant sein, werden wir weitersehen.«
Beckmanns Stimme ist bei den letzten Worten noch schneidender geworden. Was glaubt dieser Anwalt denn, mit wem er hier verhandelt?
»Also gut, dann versuche ich Ihnen zu erklären, in welcher Beziehung mein Mandant zu Herrn Broderich stand.«
Fast zehn Minuten lang ergeht sich der Rechtsanwalt in präzisen, aber langatmigen Erklärungen. Als er mit seinen Ausführungen endet, ist Beckmann endlich das
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