Toedliche Offenbarung
lebt und wo er wohnt?«
»Das hört sich aber geheimnisvoll an.« Vielleicht ist das ja etwas für ihre Rubrik »Leute von heute und morgen«. »Wer ist das denn?«
»Am Freitag besuchte mich jemand aus Celle. Im Nachlass seiner verstorbenen Großmutter hat er eine Interviewsammlung aus dem Jahr 1952 gefunden.«
»Celle«, Trixi rümpft die Nase. »Wen interessiert hier in der Gegend Celle?«, ziert Trixi sich, bevor sie Marthas Bitte um Hilfe Folge leistet. Schließlich muss ja nicht jeder in der Redaktion wissen, dass sie am Wochenende alleine in der Wohnung sitzt und beim ersten Klingeln des Telefons aufspringt. Manchmal hat sie sowieso das Gefühl, dass die anderen über sie reden, weil sie immer noch keinen Erfolg bei der Suche nach einem passenden Heiratskandidaten hatte. Andererseits muss sie vielleicht einfach nur lernen, über den Dingen zu stehen. Wenn bei Beziehungen nur so ein Hin und Her wie bei Martha herauskommt, kann sie genauso gut auch alleine bleiben. Da bleibt ihr wenigstens der Liebeskummer erspart.
Martha senkt ihre Stimme und bettelt: »Bitte, du hast doch da deine sehr speziellen Informationsquellen.«
»Ich soll also versuchen, so viel wie möglich über diesen Herbert Müller herauszubekommen. Und was machst du in der Zwischenzeit?«
»Ich bin auf dem Weg zu Julius Trott. Ich habe so ein Gefühl, dass das ganz wichtig ist. Vorhin hat er die Tür nicht geöffnet. Vielleicht ist er ja jetzt da. Anschließend melde ich mich bei dir. Versprochen.«
»Wer zum Teufel ist Julius Trott?«
»Hab ich das nicht gesagt? Das ist der Enkel.«
23
Es ist mittlerweile elf Uhr. Aus dem Labor gibt es noch kein Ergebnis. Am Wochenende gehen die Uhren eben überall langsamer.
Rischmüller hingegen kennt das Wort langsam nicht. Er hat die Passwörter des Computers in atemberaubender Geschwindigkeit geknackt und durchstöbert nun die Dateien auf der Festplatte. Die Internetforen haben nichts wesentlich Neues gezeigt. Um manipulierte Leserbriefe nachweisen zu können, müsste Rischmüller sich intensiver mit dem Thema beschäftigen.
Plötzlich hat er eine Idee. Er öffnet den Papierkorb des Computers und sieht sich die Liste der gelöschten Dokumente an. Es sind jede Menge Briefentwürfe. Nacheinander ruft er sie auf. Immer wieder geht es um den Golfplatz. Nur die Adressaten wechseln im Briefkopf.
Rischmüller öffnet die Tür zum Nebenzimmer und steckt seinen Kopf hindurch.
»Neuigkeiten, liebe Leute. Ich habe ein paar Textentwürfe mit unterschiedlichen Absendern entdeckt. In den Briefen wird gegen die Erweiterung des Golfplatzes gewettert. Sie wurden am Freitag alle gelöscht. Vielleicht ist das ein Hinweis.«
»Heißt das, Broderich hat die Leserbriefe tatsächlich manipuliert?« Streuwalds Mundwinkel zuckt vor Begeisterung.
»Sieht so aus.«
»Dann hat ja Goldmann jeden Grund, sauer auf ihn zu sein.« Streuwald strahlt vor Begeisterung. Vielleicht ist der Fall ja schnell vom Tisch. »Goldmann war’s. Da bin ich mir ganz sicher.« Seine Stimme strotzt vor Überzeugung.
»Keine voreiligen Schlüsse ziehen«, bremst Beckmann seinen Kollegen ab. »Wir sichten erst einmal das vorhandene Material.«
Beckmann dreht sich zu Rischmüller um.
»Mach am besten mit den Konten weiter. Zahlungsein- und -ausgänge in den letzten Monaten.«
Während Rischmüller versucht, sich einen Überblick auf den Konten von Broderich zu verschaffen, sehen sich Beckmann und Streuwald die zusammengesetzten Aufnahmen der 360° Kamera an. Dreimal. Von dem Wunderwerk der Technik haben sie viel erwartet, doch das Ergebnis ernüchtert sie: Nichts ist dabei, was ihnen hilft. Auch eine vierte Durchsicht bringt sie keinen Schritt weiter.
Und nun? Beckmann knetet sein Ohrläppchen. Ihn beschleicht eine Ungeduld, die er aus langen Dienstjahren kennt. Am liebsten rennt er einer Anfangsidee hinterher – um ein paar Stunden später den Täter zu überführen. Bei diesem Arbeitsstil gibt es allerdings ein Problem: Man kann sich vergaloppieren. Das ist ihm in seiner bisherigen Praxis nicht nur einmal passiert. Andererseits hat er genau aus diesem Grund einige sensationell schnelle Erfolge hingelegt, die ihm in Fachkreisen den Spitznamen »Spürnase« eingetragen haben. Heute fehlt ihm die zündende Idee, um loszurennen – auch wenn es die falsche Richtung sein sollte.
»Was sind die bislang gesicherten Erkenntnisse?«, fragt Beckmann mehr sich selbst als Streuwald und reibt an seinem Ohrläppchen. »Broderich ist
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