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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Ted würde nicht dort sein, und sie wusste jetzt, dass sie verzweifelt, ja geradezu wie besessen wünschte, eine Zeit lang von Ted befreit zu sein.
    Und dennoch, wie beim alten Vergleich von Kupfermünze und Mond, erschienen ihr die unmittelbaren Kleinigkeiten ganz genauso groß wie die entscheidenden Fragen ihres Lebens, mit denen sie sich auseinandersetzen musste. Die Aussicht darauf, den Urlaub mit jemandem zu verbringen, der ein eigenes Auto besaß, war berauschend. All die früheren Anstrengungen würden wegfallen, keine Busfahrt mehr mitsamt Kindern und Gepäck zur Victoria Station, keine langweilige Zugreise, kein mühsames Kofferschleppen vom Bahnhof zum Guardhouse. Stattdessen würde sie einfach vor ihrer Haustür ins Auto einsteigen und mühelos zur Küste hinunterkurven, durch grüne Wiesen hindurch und vorbei an den berühmten Rasthäusern, von denen sie gehört hatte. Mr Ely würde sein Auto großzügig zur Verfügung stellen, da war sie sicher. An manchen Tagen würde er sie und die Kinder darin zum Strand hinunterfahren, die holprige Landstraßeentlang, bevor er sich zu eigenen Entdeckungsfahrten aufmachte, und ihr so den mühseligen, eine Meile langen Fußmarsch mit Eimern, Schaufeln und Handtüchern ersparen. Es wäre sogar möglich – ja, höchst wahrscheinlich, obwohl sie es nicht wagte, sich diese Wahrscheinlichkeit einzugestehen –, dass er sie ein, zwei Mal auch bitten würde, ihn zu begleiten. Dann würde Mutter auf die Kinder aufpassen, und sie würde im Auto nach Hastings und Eastbourne kurven, und vielleicht sogar nach Brighton und Folkestone, wo es schicke Leute gab auf der Promenade und einen Pier und eine Musikkapelle und elegante Hotels und unvorstellbare Vergnügungen. Marjorie konnte sich keinen größeren Freudenquell als ein Auto vorstellen.
    Dieser Strom an Gedanken verdrängte eine ganze Zeit lang ihre viel dringlicheren Schwierigkeiten. Sie vergaß völlig, dass der Ehemann, mit dem sie zusammenlebte und dessen Bett sie in einer Stunde wieder teilen würde, ihre Schwester verführt und ermordet hatte.
    »Oo-ooh!«, rief sie aus.
    »Das ist ungemein liebenswürdig von dir, Ted«, sagte Mrs Clair. »Ungemein nett. Ich hatte so sehr darauf gehofft, fürchtete aber, es wäre zu viel verlangt, dich darum zu bitten. Du meinst also, du wirst zurechtkommen so allein hier die ganze Zeit?«
    Mrs Clair sprach sehr klar und deutlich. Marjorie schrak aus ihren Gedanken auf und bemerkte, dass ihre Mutter ihre Worte genauso sehr an sie wie an ihren Ehemann gerichtet hatte. Es wäre undiplomatisch, ja taktisch unklug, mit allzu offensichtlicher Begeisterung in den zum Greifen nahen Urlaubsfreuden zu schwelgen, ohne das Opfer, das er brachte, angemessen zu würdigen und ohne sich um die Unannehmlichkeiten, die auf ihn zukamen, angemessen zu sorgen. Eswäre durchaus möglich, dass er es sich noch einmal anders überlegte, wenn man ihn nicht rücksichtsvoll genug behandelte. Marjorie tat ihr Bestes, der Aufforderung ihrer Mutter an sie nachzukommen.
    »Ich werde dir noch etwas Leckeres auf Vorrat kochen, Schatz«, sagte sie rasch. »Das sollte dir ein, zwei Tage lang reichen und wird besser sein als nichts. Den Schokoladenpudding, den du so magst. Und im Mountain’s Café kannst du jeden Tag gut zu Mittag essen. Ted kann übrigens großartig Schinkenspeck und Eier braten, weißt du, Mutter.«
    »Natürlich«, erwiderte Mutter. »Ted wird uns schon nicht verhungern. Dazu ist er viel zu vernünftig, nicht wie so manch anderer Mann. Mach dir darüber keine Sorgen, Liebes. Meine Sorge galt etwas anderem, Ted, nämlich, ob du dich nicht vielleicht zu einsam fühlen wirst.«
    »Einsam?«, fragte Ted.
    Er hatte noch nicht einmal die Möglichkeit bedacht, dass er sich einsam fühlen könnte, oder vielmehr, dass ihm die Einsamkeit etwas ausmachen würde. Vor ihm lagen, noch etwas unbestimmt, drei Wochen Freiheit. Drei Wochen, in denen er keine Rechenschaft ablegen müsste über all sein Tun in dem zwar geringen, aber doch lästigen Ausmaß, das normalerweise vorherrschte; er könnte nach Hause kommen, wann er wollte, und ins Bett gehen, wann er wollte – und sogar eine junge Frau mit nach Hause bringen, was für eine Vorstellung – und ganz allgemein in den Freiheiten des Junggesellendaseins schwelgen, dessen Freuden er schon fast vergessen hatte.
    »Oh, wenn ich mich einsam fühle, dann werde ich damit wohl einfach fertigwerden müssen«, sagte er, in sein Schicksal ergeben.
    »Du bist wirklich eine

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