Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
Abwesenheitverändert hatte. Und Anne war ihr eine echte Hilfe, da sie den Tisch zum Tee deckte, als es an der Zeit war, und fast alles für die Mahlzeit vorbereitete.
Um halb sieben war Marjorie schon fast zufrieden. Die Schlafzimmer waren so weit hergerichtet, dass man wieder darin schlafen konnte, und die Betten frisch bezogen. Sie rief die Kinder wieder herein, um sie ins Bett zu bringen, und traf im Flur Ted an, der soeben seinen Hut vom Haken nahm.
»Oh, du willst doch nicht ausgehen, Ted, oder?«, wagte sie zu fragen.
»Natürlich. Es ist Samstagabend. Ich bin sogar schon spät dran.«
Die Samstagabende verbrachte er stets mit einigen seiner Freunde in einem Pub.
»Aber ich muss noch einmal aus dem Haus«, sagte Marjorie verdutzt. »Ich muss noch den ganzen Einkauf fürs Wochenende machen. Es ist nichts zu essen im Haus. Nicht ein bisschen.«
»Das kann ich auch nicht ändern«, erwiderte Ted. »Ich bleib doch an ’nem Samstagabend nicht zu Haus, für keinen. Da hättest du deine Einkäufe eben heute Nachmittag machen sollen.«
»Oh, Ted.«
»Wie kann man nur den ganzen Tag im Haus herumwerkeln und alles bis auf die letzte Minute aufschieben. Typisch Frau. Ich kann mich hier nicht den ganzen Abend herumstreiten.«
Damit ging er und überließ Marjorie sich selbst, die mit Bestürzung an die Aussicht dachte, dass sie sich nun mit zwei quengelnden Kindern, deren Schlafenszeit schon längst überschritten war, am Samstagabend durch die vollen Lädenquälen musste. Ein sanftes Klopfen an der Tür verschonte sie jedoch.
»Mutter!«, rief sie mit ungeheuchelter Freude, als sie aufmachte.
»Ich wollte nur mal rasch vorbeischauen und sehen, ob es dir gut geht«, sagte Mutter.
Sie ging ins Wohnzimmer hinein und blieb abrupt stehen beim Anblick der Unordnung dort.
»Ich hatte noch keine Zeit, dort aufzuräumen«, sagte Marjorie hastig.
»Das kann ich mir denken. Was ist mit deinen Einkäufen?«
»Die habe ich auch noch nicht gemacht.«
Marjories Lippen zitterten.
»Nun, dann setz deinen Hut auf und sieh zu, dass du sie erledigst. Ich werde die Kinder zu Bett bringen.«
Das war eine große Hilfe. Als Marjorie bei Anbruch der Dunkelheit zurückkam, beladen mit den unzähligen Dingen, die nötig waren, um den Haushalt wieder mit allen nötigen Vorräten auszustatten, entdeckte sie, dass Mutter sogar noch mehr getan hatte. Sie hatte nicht nur die Kinder zu Bett gebracht, sondern sich auch ums Wohnzimmer gekümmert. Es war aufgeräumt und abgestaubt, der Teppich war hinausgetragen und ausgeklopft worden, und ein angenehmer Geruch von Möbelpolitur lag in der Luft.
»Ich dachte mir, ich mache es einfach«, sagte Mutter entschuldigend. »Und ich hatte auch nichts anderes zu tun, als die Kinder im Bett lagen.«
Marjorie versuchte, einen Dank hervorzustammeln, doch es war nicht leicht. Sie war einfach zu müde.
»Nun«, sagte Mutter. »Dann werde ich mich mal wieder auf den Weg nach Hause machen. Mr Ely sagte, er wisse nicht, ob er zum Abendessen da wäre oder nicht.«
Diese letzten Worte brachten Marjorie aus der Ruhe. Sie fragte sich, was George wohl tun mochte. Und dann ertappte sie sich dabei, wie sie mit einem Anflug von Eifersucht in Gedanken eine Liste all der Gaststätten durchging, in denen George möglicherweise zu Abend essen könnte. Das verstörte sie. Sie verabschiedete sich schroff von ihrer Mutter – und war sich dessen bewusst und bedauerte es gleichzeitig auch schon –, und als sie schließlich im Wohnzimmer in einen der Sessel sank, genoss sie nicht etwa die kostbare Ruhe, die sie so herbeigesehnt hatte, sondern saß einfach nur da, steif, aufgebracht und den Tränen nahe. Dann drang etwas halb in ihr Bewusstsein vor, wie ein Geräusch, das man beim Dösen wahrnimmt. Eine Weile saß sie angespannt da, bis sie es noch einmal hörte. Da pfiff irgendwer, daran bestand kein Zweifel, auf dem Trampelpfad hinten bei den Gärten. Es war ein Dreiklang, den sie George am Strand hatte pfeifen hören, wenn er Annes Aufmerksamkeit erregen wollte. Müdigkeit und Kummer waren jetzt vergessen. Sie schaltete das Licht im Wohnzimmer aus, öffnete die Verandatür und stahl sich durch den Garten bis zur Holzpforte. Es war George, tatsächlich. Ungeschickt tastend öffnete sie die Pforte und fiel ihm in die Arme.
Kurz darauf hatte sie einen Augenblick kluger Umsicht.
»Komm in den Garten«, flüsterte sie. »Es könnte jemand vorbeikommen.«
Im Garten küssten sie sich noch einmal, in der Dunkelheit
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