Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
schlafen. Das erlaube ich ihm nicht«, sagte sie.
In diesem Augenblick erschien ihr das auch alles recht einfach. Sie würde Ted eine Weile ausweichen. Das stünde leicht in ihrer Macht, zumindest ein paar Tage lang. Und dann wäre sie vielleicht in der Lage, Ted dazu zu bewegen, ihr vernünftig zuzuhören. Auf jeden Fall würden ihr ein paar Tage zur Verfügung stehen, und in dieser drängenden kritischen Situation bedeutete der Gewinn von ein paar Tagen ihr sehr viel. »Morgen« stand unmittelbar bevor. »Nächste Woche« nicht. Hocherfreut sah sie, wie Georges Gesichtsausdruck sich aufhellte.
»Wirklich?«, fragte er. »Glaubst du, das wird gehen?«
»Aber natürlich«, sagte sie entschlossen.
»Ich will nicht, dass er dich unglücklich macht, Liebling.«
»Das wird er nicht tun. Nicht, solange du mich liebst.«
Wenn Ely überhaupt ins Nachdenken verfiel, dann darüber, dass Marjorie und ihr Ehemann schon seit fast zehn Jahren verheiratet waren und daher in ihrer gemeinsamen Beziehung ein Stadium erreicht hatten, das für ihn, der erst vor vierundzwanzig Stunden seine Unschuld verloren hatte, weitgehend unverständlich war. Er war bereit, alles zu glauben, was Marjorie ihm in dieser Hinsicht erzählte. Noch einmal zog er sie an sich, und noch einmal küsste er sie, und sie überschüttete ihn mit törichten, überschwänglichen Schwüren.
Sie würde Ted niemals erlauben, sie anzurühren. Wenn es nach ihr ging, musste Ted von nun an zölibatär leben; was er außerhalb des Hauses tat, war ihr allerdings egal – je mehr Affären er hatte, desto mehr würde sie sich freuen. Sie würde sich rein erhalten für George. Sie war ganz sein, und nur sein. Das alles erschien ihr nicht nur möglich, sondern sogar leicht in diesem verwegenen Augenblick.
Und so oblag nun also Marjorie die Initiative in dieser Affäre, ja die Führung – wenn man überhaupt sagen konnte, dass sie in irgendeine Richtung führte. Sie hatte George von ihrem Verdacht Ted und Dot betreffend erzählen wollen, doch davor schrak sie jetzt zurück. Es würde auch nichts nützen, denn sie waren sich darin einig, dass sie nichts tun konnten; und es George zu erzählen würde daran auch nichts ändern. Es konnte nur Schaden anrichten und George schreckliche Sorgen darüber bescheren, dass sie mit einem Mörder zusammenlebte. Und sie konnte nicht ertragen, dass er sich Sorgen machte; lieber wollte sie weiterhin die Last ihres Wissen allein tragen. Außerdem – vielleicht würde George ihr gar nicht glauben, würde sie für verrückt erklären, würde sie womöglich weniger lieben, und um nichts auf der Welt wollte sie das riskieren. Und dann waren da ja immer noch die vier, fünf Tage, die ihr zur Verfügung standen. Bis dahin zumindest konnte sie es noch aufschieben, ihm davon zu erzählen, und da sie es konnte, tat sie es auch.
Ruhiger und glücklicher, als sie den ganzen Tag gewesen waren, fuhren sie durch die dunklen Straßen zum Guardhouse zurück. Mrs Clair, die sie scharf ansah, als sie im Licht blinzelnd ins Haus traten, war verwundert über den Ausdruck in ihren Gesichtern. Sie konnte nicht erraten, welche Entscheidung sie, wenn überhaupt, getroffen hatten. Aber sie konnte es sich leisten abzuwarten und zu sehen, wie sich die Dinge weiterentwickelten.
13
Der Samstag war in jeder Hinsicht, abgesehen vom weiterhin guten Wetter, ein schrecklicher Tag. Ganz früh am Morgen schon mussten Marjorie und Mrs Clair aufstehen, die letzten Sachen noch packen und dann im Haus alles wieder perfekt aufräumen. An diesem Nachmittag würde eine andere Familie einziehen, und die Ergebnisse ihrer Bemühungen würden auf das Genaueste geprüft werden von einer anderen Hausfrau, die sie trotz ihrer Abwesenheit kritisieren könnte. Auch wenn sie nie zu hören bekämen, was die neu Eingetroffenen sagten, konnten sie den Gedanken, für schlampig gehalten zu werden, doch nicht ertragen. Alles musste sauber gemacht, abgestaubt und poliert werden; und es mussten Vorkehrungen getroffen werden wegen des bisschen Wäsche, das zu waschen war; und der Milchmann musste abgepasst und bezahlt werden; und mit dem Hausmeister musste das Inventar durchgegangen und eine Einigung über zu Bruch Gegangenes erzielt werden; und die Schlüssel mussten übergeben werden; und das Gepäck – das sich unbegreiflicherweise verdoppelt zu haben schien seit ihrer Ankunft – musste ins Auto eingeladen werden.
Als Marjorie endlich neben George Platz nahm, war sie schon müde; und auch
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