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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Lippen, die sie abgewendet hatte, weil sie George Ely geweiht waren. Wenn Ted in dieser Gemütsverfassung war, konnte sie zum Glück leichter mit ihm fertigwerden. Die haarigen Hände begannen, sie erst hier, dann dort zu betatschen. Sie riss sich zusammen und sah ihn gewinnend an.
    »Ich bin so müde «, sagte sie jammernd. »Es war so viel zu tun heute.«
    Sie musste nicht einmal schauspielern, um die erwünschte Wirkung zu erzielen; sie war tatsächlich hundemüde. Der abgespannte Ausdruck in ihrem Gesicht hätte ein Herz aus Stein erweicht.
    »Müde, Schatz?«, wiederholte Ted.
    »Unheimlich müde.«
    Sie zwang sich, die Hand zu heben und sein Gesicht zu streicheln; ganz so, wie sie sich in den frühen Tagen ihrer Ehe hatte zwingen müssen, das rohe Rindfleisch widerwillig anzufassen, wenn sie es zum Schmoren in Stücke schneiden musste. Sie streichelte sein Gesicht, mit jeder Faser ihres Körpers an seine duldsame, rührselige Seite appellierend.
    »Geh nur ins Bett, Schatz«, sagte sie. »Morgen werde ich mich wieder besser fühlen.«
    Zu ihrer unaussprechlichen Erleichterung ließ Ted sie los.
    »Schon recht, Schatz«, erwiderte er nachsichtig und großmütig. »Kommst du auch mit?«
    »Ich bin in einer Minute oben. Ich muss erst noch ein, zwei Dinge erledigen.«
    Ted war genau wie Derrick, er schlief ein, sobald er im Bett lag – vorausgesetzt, dass er nichts von ihr erwartete. Marjorie vertat unten noch ein wenig Zeit damit, den Tisch fürs Frühstück zu decken, und als sie hinaufgeschlichen war, sah sie, dass ihre Erwartung sie nicht getrogen hatte. Ted schlief tief und fest. Es gelang ihr, sich auszuziehen und sich neben ihn zu legen, ohne ihn aufzuwecken. Verstohlen drückte sie sich in ihr Kopfkissen, und auf einmal kam es ihr so vor, als wären all die Ereignisse des Vormittags – das Aufräumen im Guardhouse, die Fahrt nach London – schon Wochen her. Wie seltsam, dachte sie noch, bevor auch sie, äußerst erschöpft, einschlief.
    Der Sonntagmorgen brachte Regen, den ersten schweren Wolkenbruch seit dreieinhalb Wochen. Er wurde willkommen geheißen in London nach den vorangegangenen stickigen Tagen. Der angenehme Geruch weggewaschenen Straßenstaubs wehte durchs Schlafzimmerfenster herein, als Marjorie sich anzog. Sie konnte Derrick und Anne in Annes Zimmer plaudern hören, als sie hinunterging, um die Gasflamme unter dem Wasserkessel zu entzünden. Marjorie schien dieser Morgen, vielleicht aufgrund eines unbekannten Wesenszugs oder eines seltsamen Zufalls – vielleicht aber auch nur, weil sie neun Stunden lang tief und traumlos geschlafen hatte –, voller Glücksverheißungen zu sein, und der graue Himmel und der ständig herabprasselnde Regenpassten irgendwie dazu. Sie machte sich keine Sorgen um die Zukunft, während sie ihre morgendlichen Hausarbeiten erledigte. Die Dinge würden sich schon zurechtlaufen, da war sie sicher; und das musste sie sich nicht einmal ausdrücklich sagen – das Wissen darum war Teil ihres Wesens.
    Sie trug ein schönes Tablett voll mit Frühstück zu Ted hinauf, und er blieb lange im Bett liegen, so wie er es am Sonntagmorgen gern tat. Der Regen war aber auch wirklich so schlimm, dass er den ganzen restlichen Vormittag zu Hause bleiben musste; und so beschäftigte er sich mit der Zeitung und dem Radioprogramm Luxembourg. Sonntagmorgens ging er häufig ins Crown hinunter und traf sich dort mit seinen Kumpanen vom Samstagabend; doch das war für Ted keine so ungemein wichtige Verabredung wie die am Samstagabend. Es machte ihm wirklich nichts aus, das zu versäumen; zumal er es sich, wenn er denn am Sonntagmorgen ins Crown ging, aus irgendeinem Grund angewöhnt hatte, Gin Bitter zu trinken – drei, vier Gin Bitter – statt seines üblichen Biers. Und Gin Bitter tat ihm nicht gut; das wusste er sogar schon, während er ihn trank. Er wurde immer so empfindlich und reizbar nach dem Mittagessen, wenn er zuvor Gin Bitter getrunken hatte. Sodass er also, als der Regen ihn zu Hause festhielt, die ganze Tugendhaftigkeit eines Mannes empfand, der tapfer der Versuchung widerstanden hatte.
    Das Geld war knapp nach den vergangenen drei Wochen des Junggesellendaseins, und es tat doch gut zu wissen, dass er jetzt aufgrund kluger Selbstverleugnung gleich drei, vier Shilling reicher war. Die kleine Blondine, die Riddell letzte Woche dabeigehabt hatte, sah wirklich gut aus. Wenn er die das nächste Mal traf, würde er, sobald Riddell mal abgelenkt war, versuchen, mit ihr ins

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