Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
beim Holunderbaum.
»Liebling«, flüsterte sie. »Ich hätte nie gedacht, dass du heute Abend kommst.«
Heute Abend war er fordernder, erfahrener als Liebhaber. Er tastete in der Dunkelheit nach ihrem Kinn, hob ihr Gesicht zu seinem und küsste sie erneut.
»Wo ist Grainger?«, wollte er wissen.
»Ted? Oh, er ist ausgegangen. Er geht immer aus am Samstagabend.«
Georges Arme waren sehr stark und sehr fest um sie geschlungen.
»Hat er sich anständig verhalten dir gegenüber?«
»Oh, George, er war schrecklich. Abscheulich.«
Sie spürte, wie Georges Arme sich verkrampften, und in seiner nächsten Frage schwang starke Sorge mit.
»Was hat er getan?«
»Oh, er hat das ganze Haus verdreckt, er hat nichts getan, um mir zu helfen, und dann hat er sich auch noch beschwert. Wenn Mutter nicht gekommen wäre, hätte ich nicht gewusst, wie ich meine Einkäufe erledigen soll.«
Marjorie spürte, wie Georges Arme sich wieder entspannten. Die Schwierigkeiten, die so hoch vor ihr aufragten, schienen ihm nicht allzu wichtig zu sein, so verständnisvoll er auch war.
»Sonst nichts?«, fragte er.
»Nein. Oh ... nein, nichts in der Art. Natürlich nicht. Das würde ich nicht zulassen.«
»Bist du sicher?«
Alle möglichen Zweifel und Ängste waren herangewachsen und hatten Ely an diesem Nachmittag der Einsamkeit und Zurücksetzung geplagt.
»Ja, ganz sicher, Liebling.«
Ihre Lippen suchten die seinen in der Dunkelheit – sie wollte nicht, dass diese Fragerei weiterging.
»Lass uns hineingehen«, sagte er kurz darauf.
»Oh!«
Daran hatte sie noch gar nicht gedacht; und vielleicht wäre ihr dieser Gedanke auch nie gekommen, wenn er es nichtvorgeschlagen hätte. An der Küste, das war eine Sache. Aber hier in diesem Haus, in dem sie zusammen mit Ted wohnte, war es eine ganz andere. Einen Augenblick lang schien es ihr falsch zu sein, gefährlich gar. Doch nein, es würde sicher sein – Ted kam am Samstagabend immer erst nach der Sperrstunde nach Hause, und bis dahin blieben mindestens noch anderthalb Stunden.
»Bitte mich nicht darum, Liebling«, sagte sie schwach. »Tu’s nicht. Tu’s nicht.«
Ely bat sie nicht noch einmal darum, nicht mit Worten, und er war auch nicht raffiniert genug, um zu planen oder vorauszusehen, dass er gar nicht mehr zu bitten brauchte. Jetzt war er wieder trunken vor Begehren nach ihr, nach ihrer hingebungsvollen Süße, und sie presste sich an ihn, bot sich ihm an – Ted hatte ihr vor Jahren beigebracht, so zu küssen, und es war ihr mittlerweile zur zweiten Natur geworden. Ihre Brüste, an denen sie Derrick und Anne gestillt hatte, waren heute Abend seltsam empfindlich unter Georges Berührung. Und die Knie wurden ihr schwach, als seine Leidenschaft auch sie entflammte. Sie sank in seine Arme. George trug sie halb, als sie den Gartenweg entlangschlichen. Die Verandatür stand offen zu ihrem Empfang, als sie sich in die noch größere Dunkelheit des Wohnzimmers hineintasteten. In der Stille dort fing ein herumirrender Funke von Marjories Aufmerksamkeit das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims auf; sie sagte sich, dass Mutter sie beim Aufräumen des Zimmers wohl wieder aufgezogen haben musste. Und dann schwand das Ticken mit einem Mal wieder aus Marjories Bewusstsein, zusammen mit dem Geruch der Möbelpolitur und der Angst vor einer frühen Rückkehr Teds, als Georges Hand sie in der Dunkelheit fand.
Das Schlagen der Uhr scheuchte sie wieder auf, viel später.
»Liebling«, flüsterte sie. »Du musst jetzt gehen. Ted kommt bald zurück.«
George war ein liebevoller Liebhaber, nicht so wie Ted, der keine Verwendung oder Aufmerksamkeit mehr für sie hatte, wenn er gesättigt war. George hatte immer noch einen Kuss für sie und ein liebendes Wort.
»Ich liebe dich so sehr, Liebste. Sag mir, dass du mich liebst.«
»Oh, ich liebe dich, Liebling. Aber du musst jetzt gehen. Wirklich, du musst.«
»Ich will dich nicht verlassen.«
»Und ich will nicht, dass du gehst. Aber es ist schon spät. Gib mir noch einen Gutenachtkuss, Liebling.«
Widerwillig führte sie ihn an die Verandatür und schob ihn beinahe hinaus, ängstlich jetzt, da alles vorbei war, dass sie jeden Augenblick Teds Schlüssel in der Haustür hören könnte. George konnte ihre Angst spüren, und Groll auf Grainger stieg in ihm empor. Gleich draußen vor der Verandatür blieb er stehen und drehte sich zu ihr um.
»Liebling«, flüsterte er heiser. »Versprich mir ...«
»Oh, geh, bitte geh, Liebster«, erwiderte sie
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