Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
Mittagspause war um halb zwei – er ging zum Essen, wenn Ted zurückkam –, und so hatte sie eine Stunde zur Verfügung. Sie setzte ihren Hut auf, zog sich die Handschuhe an und machte sich mit ihrer Handtasche und ihrer ledernen Tragetasche auf den Weg in die Läden auf der High Street. Sie war fest entschlossen, keinerlei Zeit zu verschwenden, bis alles vorbereitet war für ihre Pläne.
Das Glück war ihr sogleich hold – ein schönes Beispiel dafür, welch ein Lohn jene erwartet, die sich dem Glück überlassen.
Mrs Taylor näherte sich eben dem Mountain’s Café, als Mrs Clair auf sie traf.
»Guten Morgen«, sagte Mrs Clair.
»Guten Morgen«, sagte Mrs Taylor. »Sie sind ja wirklich braun geworden. Hatten Sie einen schönen Urlaub?«
»Ja, danke. Wir haben ihn alle genossen, auch wenn wir natürlich meinen Schwiegersohn sehr vermisst haben.«
»Natürlich«, sagte Mrs Taylor.
Einen Moment lang geriet das Gespräch ins Stocken, so als würden die beiden Frauen sich fragen, was sie als Nächstes sagen sollten.
»Wo ist denn Mrs Posket?«, fragte Mrs Clair. Mrs Taylor und Mrs Posket waren derart unzertrennlich, dass es in dem höchst unwahrscheinlichen Fall, dass man Mrs Taylor einmal allein antraf, unvermeidlich war, diese Frage zu stellen.
»Sie ist weg«, sagte Mrs Taylor. »Sie ist gestern in den Urlaub gefahren, einen Tag, nachdem Sie wiedergekommen sind.«
»Da vermissen Sie sie wohl«, sagte Mrs Clair.
»Ein wenig«, erwiderte Mrs Taylor etwas kläglich.
»Haben Sie Marjorie heute schon gesehen?«
»Sie hat gerade ihre Wäsche aufgehängt, als ich nach Hause kam«, antwortete Mrs Taylor. »Es sah nach viel aus.«
»Das ist anzunehmen, nach drei Wochen Urlaub. Ich werde mal sehen, dass ich heute noch irgendwann dort vorbeigehen kann, um zu helfen. Nun, wir haben vermutlich beide noch unsere Einkäufe zu erledigen. Auf Wiedersehen, Mrs Taylor.«
Mrs Clair, die absichtlich die High Street entlangging, freute sich über die Information, die sie erhalten hatte. Mrs Posket hatte ihr ein wenig Sorge bereitet – man konnte nie wissen, welchen Schaden eine neugierige und sich in alles einmischende Frau dieser Art anrichten würde. Zumal, wenn es diesen Trampelpfad entlang der Eisenbahnschienen hinter dem Haus gab und George Ely jeden Abend ausgingund in beunruhigende Gedanken versunken zurückkehrte. Es tat gut zu hören, dass Mrs Posket sich zehn Tage lang oder so in sicherer Entfernung befand. Und es war nur natürlich, dass Marjorie heute viel Wäsche hatte. Mrs Clair wäre gern dort vorbeigegangen und hätte ihr bei der Bügelwäsche geholfen; aber vielleicht würde sie dazu ja später noch Gelegenheit haben, wenn alles erledigt war. Ansonsten musste Marjorie eben allein zurechtkommen, so gut sie konnte – Mrs Clair würde sich von einer so unbedeutenden Frage wie der nach Marjories Wohlergehen während eines einzigen Tages nicht von ihrem Vorhaben abbringen lassen. Bald schon würde Marjorie frei und glücklich sein.
In der Bank in der High Street tummelten sich, wie stets am Montagmorgen, die ansässigen Ladenbesitzer, die ihre Einnahmen vom Wochenende einzahlten. Normalerweise war Mrs Clair rücksichtsvoll genug, um nicht einmal im Traum daran zu denken, die stark beanspruchten Kassierer zu solch einer Zeit zu behelligen. Aber heute war es anders. Sie wollte alles bereit haben.
Geduldig wartete sie in der Schlange, bis ein Kassierer frei war.
»Guten Morgen, Mrs Clair.«
»Guten Morgen. Würden Sie mir bitte sagen, wie hoch mein Kontostand ist?«
Sie kannte den Betrag natürlich bis auf ein, zwei Pfund genau, doch sie wollte ganz sichergehen. Der Kassierer verschwand nach hinten in die Büroräume der Bank und kehrte dann mit einem gefalteten Blatt Papier zurück, das er über den Schalter reichte. Mrs Clair las die Summe – £ 52,10,11. Sorgfältig schrieb sie einen Scheck über fünfzig Pfund zur Barauszahlung aus, indem sie den Vermerk »Zur Verrechnung« strich, und reichte ihn dem Kassierer.
»In Ein-Pfund-Noten bitte«, sagte sie leise.
Der Kassierer hob ein wenig die Augenbrauen, als er den Scheck las. Mit einem leichten Zögern händigte er ihr einen Umschlag voller Geld aus.
»Das ist eine Menge Geld, Mrs Clair«, bemerkte er. »Ich würde vorsichtig sein damit, wenn ich an Ihrer Stelle wäre.«
»Oh, ich werde vorsichtig sein. Sehr vorsichtig«, sagte Mrs Clair völlig gelassen.
Sie verstaute das Geld sicher in der Handtasche und trat aus der Bank hinaus. Der erste
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