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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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noch George, Mutter! Was ist aus ihm geworden?«
    »Das weiß ich nicht, Liebes. Aber mach dir keine Sorgen. Schlaf, Liebes.«
    »Haben sie ... haben sie ihn erwischt?«
    »Vielleicht, Liebes. Vielleicht auch nicht. Das werden wir morgen erfahren. Komm, schlaf jetzt, sei ein braves Mädchen.«
    Später drang nächtliche Kälte durch das Zeitungspapier, mit dem Mrs Clair versuchte hatte, ihre Tochter warm zu halten.
    »Ich friere so, Mutter. Ich zittere.«
    Marjorie war mehr denn je das kleine Kind, das Mrs Clair an ihren Busen gedrückt hatte.
    »Armes Lämmchen!«, sagte sie. »Hier! Ist ja schon gut.«
    Mrs Clair zog ihr Jackett aus und wickelte es ihrer Tochter um die Beine.
    »Und du, Mutter?«
    »Ich? Mir geht’s gut. Und jetzt mach die Augen zu, dann schläfst du ein, noch ehe du Jack Robinson sagen kannst.«
    Die sanfte Brandung schlug weiter an den Strand. Eine Zeit lang schlief Marjorie tatsächlich, trotz zitternder Glieder und klappernder Zähne, und ihre Mutter saß aufrecht da, wachte über sie und versagte es sich eisern, selbst zu zittern oder mit den Zähnen zu klappern.
    Langsam zog am Himmel die Morgendämmerung herauf, und die Landschaft wandelte sich von Schwarz zu Grau, ehe Marjorie wieder aufwachte.
    »Es ist schon Tag, Mutter. Können wir jetzt gehen?«
    »Nein, noch nicht, Liebes.«
    Sie machten sich weniger verdächtig, meinte Mrs Clair, wenn sie still hier in dem Pavillon sitzen blieben, anstatt in der Stadt herumzulaufen, wo sie noch nichts tun konnten und wo inzwischen schon einige Leute auf den Straßen sein würden. Jetzt kamen die ersten hartgesottenen Urlauber, die schon vor dem Frühstück baden gingen, und überquerten auf ihrem Weg an den Strand hinunter die Promenade. Die Frauen sahen mit müden Augen zu, wie sie ins Wasser gingen, manche furchtsam, manche kühn. Es war schon nach acht Uhr, als Mrs Clair beschloss, dass es nun sicher genug sei, den Ort zu wechseln.
    »Ich glaube, jetzt können wir gehen, Liebes. Wir werden sicher irgendwo ein Frühstück bekommen. Aber richte erst mal dein Haar her, Lämmchen. Hier – nimm meinen Kamm und meinen Spiegel.«
    Sie musterte Marjorie ängstlich, um sich zu vergewissern, dass so wenige Anzeichen wie möglich darauf hindeuteten, wie sie die Nacht verbracht hatte.
    »Wie schade«, sagte Mrs Clair, »dass ich gar keine Schminkutensilien für dich habe. Das wird zu den erstenDingen gehören, die wir kaufen. Aber jetzt komm und lass uns irgendwo einen Tee trinken.«
    Die Reklameplakate mit den Schlagzeilen standen schon draußen vor den Zeitungsläden. Ein ganzer Wald davon stach ihnen ins Auge, als sie um eine Ecke bogen. Und als sie wieder in die Stadt hinaufgingen, blieb Marjorie plötzlich stehen und klammerte sich an den Arm ihrer Mutter.
    »R ÄTSELHAFTER V ORSTADT -T OD . M ANN VERHAFTET« , lasen sie, und auf einem der anderen Plakate: »V ERBRECHEN AN L ONDONER B AHNSTRECKE«
    »Du darfst nicht so schreckhaft sein«, sagte Mrs Clair. »Wirklich nicht, Liebes.«
    Auch Mrs Clair musste sich seelisch wappnen, um ohne zu zögern weiterzugehen, und vor allem, ohne sich umzudrehen und sich zu vergewissern, dass niemand sie bemerkt hatte. Entschlossen zwang sie sich, auch das letzte Plakat in der Reihe noch zu lesen.
    »V ERDACHT AUF M ORD IN L ONDONER V ORSTADT«
    »Komm weiter, Liebes. Und halte dich gerade«, sagte Mrs Clair, so, als würde sie immer noch eine widerspenstige fünfjährige Marjorie von der Kirche nach Hause bringen.
    Es saßen schon einige Leute in dem Restaurant, das sie schließlich fanden – Mrs Clair spähte durch die Tür, um sich dessen zu vergewissern, ehe sie es betraten. In der Damentoilette stellte Marjorie die Frage, die ihr schon seit ein paar Minuten auf der Zunge lag.
    »Mutter, ist George der Mann, den sie verhaftet haben?«
    Mrs Clair warf rasch einen Blick durch den leeren Raum mit den Waschbecken, sah erleichtert, dass die zwei Türen neben ihr ein »Frei« anzeigten, und wandte sich dann erst an ihre Tochter.
    »Solche Fragen darfst du unter keinen Umständen stellen«,sagte sie erstaunlich vehement, wenn man bedachte, wie leise sie sprach. »Sprich mich niemals darauf an, wenn ich nicht zuerst etwas gesagt habe. Sonst bist ganz schnell du diejenige, die als Nächstes verhaftet wird.«
    Marjories Unterlippe begann zu zittern.
    »Hör auf damit!«, fuhr Mrs Clair sie an.
    Sie tranken Tasse um Tasse starken heißen Tees in dem Restaurant, und das half beiden, wieder zu neuem Leben zu erwachen. Doch

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