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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Geschichte von Lust, Mord und Rache, unerlöst durch irgendeine der edleren Eigenschaften des Menschen wie Hingabe, Selbstaufopferung oder Liebe. Das war Teds Schuld. Mit seiner Widerwärtigkeit hatte alles angefangen, und seine Widerwärtigkeithatte jeden befleckt, der daran rührte. Er musste mit seinen eigenen Mitteln geschlagen werden, Lust um Lust, Leidenschaft um Leidenschaft, Ehebruch um Ehebruch und Mord um Mord. Es wäre gewiss das Beste, die Geschichte so rasch wie möglich zu einem Abschluss zu bringen, sie zu überwinden und zu beenden und zu vergessen.
    Mit einem plötzlichen Schaudern befreite Mrs Clair sich von diesem Gedankenstrom. Das zeigte nur wieder einmal die Torheit der Tagträumerei. Sie hatte doch tatsächlich daran gedacht aufzugeben, Marjorie der Polizei und damit dem Henker auszuliefern. Das war Wahnsinn, ja sogar bösartiger Wahnsinn. Das würde sie nie, nie, nie tun. Um sich selbst sorgte sie sich nicht. Es war der Gedanke an Marjorie, der sie beunruhigte. Sie musste alles für Marjorie tun, was sie tun konnte. Mrs Clair biss ihre weißen Zähne aufeinander – es war nicht ein falscher darunter – und schwor sich, dass sie bis zum letzten Atemzug kämpfen wollte, wenn sie dadurch Marjorie retten könnte. Ihre süße, liebe, geliebte kleine Marjorie. Sie musste noch mal ganz von vorn darüber nachdenken, was sie als Nächstes tun sollten.
    Marjorie hatte ihr die Hand aufs Knie gelegt und rüttelte sie.
    »Mutter, Mutter, warum hörst du mir nicht zu!«
    »Was ist denn?«, erwiderte Mrs Clair und fügte mit einer Willensanstrengung hinzu: »Adelaide.«
    »Ich glaube, ich habe eben Mrs Posket am Strand entlanggehen sehen«, sagte Marjorie.
    Mrs Clair wäre zusammengeschreckt, wenn sie nicht eine solche Selbstbeherrschung besessen hätte. Doch so saß sie noch zwei, drei Sekunden lang starr und schweigend da. Zu beiden Seiten saßen ganz in ihrer Nähe Leute, sie durfte keinerlei Angst vor Mrs Posket erkennen lassen.
    »Oh wirklich?«, sagte sie endlich, und sie hoffte, dass ihre Stimme in den Ohren der anderen nicht so unnatürlich gestelzt klang wie in ihren eigenen. »Natürlich, Mrs Posket wollte in Worthing Urlaub machen. Sehr gut möglich, dass du recht hast, Liebes, und dass sie es war. Es ist ja einfach, von Worthing nach Brighton hineinzufahren. Was ... was für ein schöner sonniger Tag es doch ist, Liebes.«
    Ihr eindringlicher Blick veranlasste Marjorie dazu, etwas Zustimmendes zu stammeln. Dann saßen sie noch zwei Minuten schweigend dort, Minuten, die ihnen wie Stunden erschienen, während Mrs Clair die Promenade, so weit sie sehen konnte, mit Adleraugen absuchte. Und dann schließlich –
    »Nun, ich glaube, wir haben hier lang genug gesessen, Liebes«, sagte Mrs Clair ganz beiläufig. »Lass uns jetzt weitergehen.«
    Sie überquerten rasch die Promenade und fanden Schutz in einer der ansteigenden Seitenstraßen.
    »Bist du sicher , dass es Mrs Posket war?«, fragte Mrs Clair.
    »Ja, Mutter. Ganz sicher. Sie hat uns nicht gesehen.«
    »Bestimmt nicht, da bin ich mir sicher«, sagte Mrs Clair bitter. Sie machte sich keine Illusionen darüber, was Mrs Posket tun würde, wenn sie diese beiden Bekannten von sich sehen würde, die von der Polizei gesucht wurden.
    »Was sollen wir nur tun , Mutter?«, jammerte Marjorie und eilte neben ihrer Mutter her.
    »Wir gehen in unsere Pension zurück. Wir können es uns nicht erlauben, auf der Straße draußen zu sein, wenn Mrs Posket hier irgendwo herumläuft.«
    Im Eingangsbereich ihrer Pension trafen sie auf ihre Vermieterin. Sie stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt da und las eine Zeitung – offenbar eine, die sie im Zimmer eines ihrer Mieter gefunden hatte.
    »Sie kommen früh zurück«, sagte die Vermieterin. »Ihr Mittagessen ist noch nicht fertig, noch lange nicht.«
    »Nein«, erwiderte Mrs Clair, und selbst während sie diese eine Silbe aussprach, fiel ihrem stets suchenden Geist eine Lüge ein, die sie rasch erzählen konnte. »Wir kommen nur zurück, weil ich ein Buch vergessen habe. Wir gehen noch einmal aus bis zum Mittagessen.«
    »Verstehe«, sagte die Vermieterin.
    Sie war eine hochgewachsene Frau mit dunklem Haar und einem knochigen, kantigen Gesicht. Es war etwas merkwürdig, wie genau sie sie ansah, sie musterte sie geradezu von oben bis unten mit ihren Blicken. Doch das waren vielleicht nur schlechte Manieren.
    »Lauf du hinauf und hol es, Adelaide«, sagte Mrs Clair. »Deine Beine sind jünger als meine. Ich warte

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