Tödliche Option
Wetzon hob den Kopf und sah
sich um. Sie kniete vor B. B.s Schreibtisch. Smith lag hingestreckt mit offenen
Mund auf einem Stuhl. Harold stand mit verblüfftem Gesicht in der Tür seines
Kämmerchens. Wetzons verletztes Knie begann zu klopfen.
B. B. umklammerte den Hörer mitten in der Luft,
sprachlos, während eine metallische Stimme immer gereizter wiederholte: »911
Zentrale, hallo.«
Aus ihrem Büroraum hörte Wetzon ein leises
klirrendes Geräusch und hoffte, daß es nicht das Glas ihrer
Andy-Warhol-Zeichnung war. Sie stand auf und nahm den Hörer aus B. B.s starrer
Faust, dann gab sie der Notrufzentrale ihren Namen und die Adresse an. »Ich
glaube«, sagte sie sehr ruhig, »in unserem Garten ist gerade eine Bombe
explodiert.«
»Eine Bombe?« B. B.s Augen waren blaue Kreise.
»Mannomann.« Harold setzte die Brille ab und
rieb sein Gesicht.
»Das gibt’s doch nicht! Das gibt’s einfach
nicht«, murmelte Smith.
Das Telefon läutete. »Wenigstens funktionieren
die Telefone noch.« Wetzon öffnete beklommen die Tür zu ihrem Büro.
»Smith & Wetzon«, sagte B. B. hinter
ihr mit wackliger Stimme.
Überall lagen Glasscherben und Splitter. Und
Schmutz — Gartenerde, Fetzen von Pflanzen und Blumen. Sie waren durch die
Fenster, die alle zerbrochen waren, geschleudert worden. Die Klimaanlage
stöhnte mächtig, lief auf Hochtouren, begriff nicht, warum es unmöglich
geworden war, den großen Raum zu kühlen. Die Jalousien hingen schief, waren
durch die Explosion geknickt und gebrochen. Sie mußten ersetzt werden. Der Raum
roch nach Schwefel, als wären tausend Streichhölzer angezündet worden.
Fahndungsbogen, Papiere und einzelne
Zeitungsblätter lagen durcheinander auf dem Boden, aber sonst schien nichts
weiter beschädigt zu sein. Andy Warhol war noch ganz.
Eine Sirene näherte sich und brach vor ihrem
Büro ab. Wetzon kam ins Vorzimmer zurück und öffnete die Tür zur Straße. Die
Hitze und Feuchtigkeit überfielen sie. Sie rieb sich die tränenden Augen. Ein
blau-weißer Wagen, der wie eine Mischung aus Tankwagen und Zementmischer aussah,
parkte vorm Haus. Und vor dem Wagen stand ein Feuerwehrauto mit einem
blinkenden roten Licht auf dem Dach.
»Bitte, Schatz, mir geht es gut«, hörte sie
Smith gereizt sagen. »Natürlich fehlst du mir, aber ich kann jetzt nicht reden,
weil die Polizei hier ist.«
Auf Jake war Verlaß, daß er im passenden
Augenblick anrief dachte
Wetzon. Eine weitere Sirene schrillte pausenlos, und ein Löschfahrzeug bog von
der First Avenue in die Straße ein. Drei schwerfällige Raumfahrer in blauen
gepolsterten Anzügen und blauen Mützen kamen mit Metallkoffern auf sie zu. Sie
konnte hören, wie sie über die Feuerwehrmänner herzogen, und hoffte, es werde
nicht zu einem Gerangel um die Zuständigkeit zwischen Polizei und Feuerwehr
kommen, was in New York häufig passierte.
»Sie ist schon hochgegangen«, sagte Wetzon. »Im
Garten.« Sie folgte ihnen, als sie über das Durcheinander auf dem Fußboden und
durch die Hintertür, die aus den Angeln gerissen war, stiefelten.
Zwei schwitzende Feuerwehrmänner in Gummimänteln
kamen mit Äxten an. »Bleiben Sie zurück, Miss«, sagte einer. Der andere hob die
Tür hoch und lehnte sie an die seitliche Wand. Sie gingen langsam hinaus,
sondierten das Gelände und stießen mit den zwei Männern vom Sprengkommando der
New Yorker Polizei zusammen.
»Ihr da, das ist unser Job, verpißt euch. Ihr
vernichtet Beweise«, sagte ein bulliger Feuerwehrmann.
»Hört auf«, erwiderte einer der Raumfahrer vom
Sprengkommando. »Hier brennt es nicht. Ihr könnt euer rotes Wägelchen nehmen
und in euer rotes Häuschen zurückfahren.«
»Hör zu, du Sch...«
»Sie da«, rief Wetzon stocksauer von der völlig
verdreckten Ziegelsteinterrasse. »Hier ist eine Bombe explodiert. Können wir
uns vielleicht darauf konzentrieren?«
Der Garten sah wüst aus. Ziegelsteinbrocken lagen
überall herum; Pflanzen waren herausgerissen. Wetzon konnte ein verkohltes Loch
erkennen, wo sie den Umschlag hingelegt hatte. Leute standen an den Fenstern,
riefen Fragen hinunter. Einige Fensterscheiben waren anscheinend zu Bruch
gegangen, obwohl sich die größte Wucht der Explosion wohl auf den Garten
beschränkt hatte.
»So geht es, wenn du uns in eine von deinen
Mordgeschichten verwickelst«, zischte Smith direkt hinter ihr.
»Wenn ich? Wenn wer? Jetzt reicht’s, Smith.«
Wetzon merkte, daß sie zitterte. »Das ist deine Schuld. Wir können von
Glück sagen, daß wir
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