Tödliche Option

jemand aus der Dunkelheit.
    »Was?« Wetzon schüttelte sich. Wo war sie?
    »Die Drinks!« schrie Destry sie an.
    »Frauen«, bemerkte Hoffritz.
    »Sie gehören nicht ins Spiel«, sagte Dougie.
Seine Hand ruhte auf ihrem nackten Arm.
    Wetzon bemerkte, daß sie ein schulterfreies,
beinahe busenfreies Goldmoirekleid mit schwarzem Spitzenbesatz anhatte. Du
lieber Gott, wie geschmacklos. Sie zupfte mit der linken freien Hand an dem
Mieder des Kleids, während sie auf der Handfläche der rechten ein Metalltablett
mit einer Flasche Bourbon und sechs Gläsern balancierte. Mann, dachte sie,
gerade wie sie damals gekellnert hatte, als sie nach New York gekommen war, um
Tänzerin zu werden.
    Sie trug schwarze Netzstrümpfe und hochhackige
Schuhe mit Riemchen um die Knöchel. Gwen Verdon in Sweet Charity. Das ist
nicht die Wirklichkeit, dachte sie. War es eine Probe?
    Die Männer um den in Rauch gehüllten
Konferenztisch warteten, daß sie etwas tat, also machte sie einen Bunny-Knicks,
stellte das Tablett auf den Tisch und räumte es ab.
    »Geben Sie auch für mich, geben Sie auch für
mich«, kam es wieder aus dem Schatten am Ende des Zimmers.
    Die Spieler schauten auf und lächelten sich
verschlagen zu. »Das ist ein König«, sagte Hoffritz, »und eine Drei. Nichts zu
machen.«
    Sie spielten mit riesigen Karten, die seltsame
Bilder trugen. Wetzon drängte sich in die Runde, um besser zu sehen. Eine Hand
kroch dreist an ihrem Bein hoch und kam bis zum Oberschenkel, bevor sie sich
herumwarf und dem Vordringenden Einhalt gebot. Chris Gorham in schwarzer
SS-Uniform, einen Schmiß auf der Wange, grinste sie anzüglich an und warf seine
Chips ins Spiel.
    »Könige, ein Paar Könige, hierher.«
    Wetzon sah sich am Tisch um. Hoffritz gab. Bird
mit schwarzer Augenklappe saß neben Hoffritz. Neil, Dougie, Chris — sie
spielten alle. Sie spähte durch den Rauch. Sechs Gläser hatte sie gebracht. Der
sechste Mann war David Kim. Er baute mit einem anderen Kartenspiel ein Haus.
    »Der große Mann an der Börse, er hat die Macht.«
    »Hierher, Miss Ellie«, rief David Kim plötzlich.
»Blas auf meine Karten, das bringt Glück.« Er hatte ein gewaltiges Kartenhaus
mit Terrassen und Türmchen gebaut.
    »Nein«, schrie Wetzon. »Tun Sie’s nicht. Sie
blasen das Haus um.«
    Ellie Kaplan, üppig in einem grünen Samtkleid, das
um den Körper wie ein Korselett geschnitten war, materialisierte sich aus dem
Rauch und blies verführerisch in David Kims Ohr. Das Kartenhaus schwankte,
stürzte aber nicht ein.
    »Achten, seht, ein Paar Achten.«
    »Geben Sie auch für mich, geben Sie auch für
mich.«
    »Karozwei, nichts. Pikas. As sticht.«
    »Asse und Achten«, schrie Neil und sprang auf.
»Dead Man’s Hand. Ohne mich.«
    »Setz dich, Neil, ich gebe«, stieß Hoffritz
wütend hervor. »Wo bleibt die Unterhaltung?« Er klatschte in die Hände, und
eine verschleierte Tänzerin in einem Haremkostüm aus rotem Taft mit einer roten
Schleife auf der üppigen Brust flitzte ins Zimmer. Sie trug ein riesiges
Tablett mit einer zugedeckten Schüssel.
    »Geben Sie auch für mich, geben Sie auch für
mich.« Die Stimme war drohender geworden.
    »Asse und Achten gesetzt. Okay. Der Einsatz
steht.«
    »Ich erhöhe«, sagte Dougie leise.
    Die Frau im roten Taft bewegte sich schwerfällig
in einem Schreittanz zu gruseligen New-Age-Klängen und stellte dann, als die
Musik aufhörte, das Tablett herrisch mitten in das Spiel. Sie riß den Deckel
von der Schüssel. Darunter lag auf einer Platte der Kopf von Goldie Barnes.
Seine Augen waren offen und starr, das weißblonde Haar stach grell vom
bläulichen Gesicht ab.
    »Was sind meine Optionen?« schrie Ellie.
    »Bringt mich weg von hier«, rief Wetzon.
    Goldies Kopf zwinkerte ihr zu. »Nur über meine
Leiche«, sagte er.
    »Ich nehme den Einsatz, weil die Zweien wilde
Karten sind«, sagte Dougie, indem er nach Goldies Kopf griff.
    Wetzon schrie. Hände packten sie. Arme hielten
sie fest.
    »Nein, nein, nein!«
    »Les...«
    Sie wehrte sich gegen den Druck.
    »Les, hör auf.«
    Sie gab die Gegenwehr auf. Silvestri hatte die
Arme um sie geschlungen und drückte sie an das krause Haar auf seiner Brust.
    »Mein Gott.« Sie schlug die Augen auf und
stöhnte, während sie sich in seine Arme kuschelte. Die rauhen Stoppeln an
seinem Kinn kratzten sie an der Wange. Er streichelte ihren Rücken und glitt
mit den Fingern über ihre Wirbelsäule. »Mein Gott«, wiederholte sie und hörte
ihr Herz rasend gegen seinen ruhigen