Tödliche Option
den
Aufzug, inzwischen ungeduldig. Er trat von einem Fuß auf den anderen. »Smith
ist unterwegs.«
Er blieb stehen und musterte sie. »Du wolltest
den Tag mit ihr verbringen?«
»Nein, ich wollte den Tag nicht mit ihr
verbringen«, erwiderte sie heftig. »Wir, du und ich, sollten eigentlich Carlos
und Arthur zum Brunch bei Sarabeth’s treffen, und danach wollten wir zum
Markt auf der Amsterdam Avenue gehen, der jetzt vielleicht ins Wasser fällt.«
Der Aufzug öffnete sich, und Smith stieg aus und
Silvestri ein, wobei es ihm trickreich gelang, Smith’ rasch angebotene Wange zu
umgehen. Die Tür schloß sich.
Smith rümpfte die Nase. »Hm.«
»Du hättest anrufen und mich wissen lassen
können, daß du kommst«, sagte Wetzon.
Smith drückte die Tür auf und ging um sie herum
in die Wohnung. »Zieh dich lieber an.«
Wetzon schloß die Tür. »So? Warum?«
»Jake parkt noch den Wagen und kommt dann rauf.«
» Um Himmels willen«, sagte Smith. »Ich
weiß nicht, warum du in bezug auf Jake so stur bist. Er steckt genauso in der
Sache wie wir.« Sie trug verwaschene Seidenbluejeans und ein schwarzes
Seidenmieder mit schmalen Trägern. Ihre Arme waren nußbraun von der Sonne. »Ich
gebe ihm nur einen Kuß und bin sofort wieder da.« Sie verließ Wetzons Wohnung
wieder.
»Übrigens wünschte ich mir, es wäre dein letzter
Kuß für diesen Mistkerl, ein für allemal«, rief Wetzon hinter ihr her.
Smith drückte den Aufzugsknopf und schaute gekränkt
drein. »Ich schreibe dir nicht vor, wen du treffen sollst und wen nicht.«
»Ach ja? Seit wann? Wer nimmt hier wen auf den
Arm?« Wetzon knallte die Wohnungstür zu, stampfte durch den Flur und tobte mit
dem Donner um die Wette. Verdammte Smith. Was meinte Smith damit: Er steckt
genauso in der Sache wie wir? Vermutlich hatte sie Jake alles erzählt.
Wetzon zog Shorts an und das rote T-Shirt mit
dem Aufdruck MURDER INK, das der pfiffige alte Carlo in einem Buchladen
gleichen Namens in dem Viertel gefunden hatte.
»Mord«, hatte er gemeint, »ist dein
Markenzeichen.«
Als es an der Tür klingelte, goß sie gerade
Wasser auf den Kaffee im Melittafilter. Sie knirschte mit den Zähnen. »Warte
bis du schwarz wirst«, knurrte sie.
»Zuckerstück, wo steckst du?«
Wetzon ließ sie ein. »Ich wette, du hast ihm
alles erzählt, die Abmachung mit Luwisher Brothers, Janet Barnes 4 Einladung zum Mittagessen...«
Smith machte große unschuldige Augen. »Du weißt,
daß ich eine vertrauliche Mitteilung niemals weitersagen würde.« Sie runzelte
die Stirn. »Warum bist du so mies gelaunt? Hast du dich mit Silvestri
gestritten?« Es klang so hoffnungsvoll, daß Wetzon fast lachen mußte.
»Wenn du nichts verraten hast, warum wollte er
dann mitkommen? Und inwiefern hängt er genauso drin wie wir?« Sie goß Kaffee in
Becher und gab ihm einem Süßstoff für Smith.
»Jake möchte mit uns befreundet sein.«
»Klar doch. Sei du mit ihm befreundet, ich
nicht. Hoffentlich hast du nicht vergessen, was er getan hat. Leute wie er
bringen die Branche in Verruf. Ich mag seine Spiele nicht.«
Sie reichte Smith den Becher. »Ich frage mich,
was für ein Spiel er gerade jetzt treibt.«
»Ich gebe auf. Du bist schrecklich feindselig,
Wetzon. Ich strenge mich doch wirklich an, es dir recht zu machen.« Tränen
stiegen in Smith’ Augen auf und flössen über. Sie ging ins Wohnzimmer und
setzte sich aufs Sofa. Dann nahm sie ein Tuch aus der Tasche und betupfte
vorsichtig ihr Make-up.
»Ach, Scheiße. Tut mir leid. Komm her.« Wetzon
setzte sich neben sie und drückte sie kurz an sich. »Es war dumm von mir. Aber
erst haucht Carlton Ash auf mysteriöse Weise seinen Geist aus, unmittelbar
bevor wir uns treffen wollten, und dann hatte ich so einen entsetzlichen
Traum.«
Smith hörte auf zu schniefen und entzog sich
Wetzons Umarmung. »Das ist eigentlich der Grund, warum wir — warum ich so früh
in die Stadt zurückgefahren bin. Hat er dir gesagt, wer Goldie ermordete?«
»Nein, meine liebe Partnerin, er besaß nicht den
Anstand, das zu tun, bevor er starb. Ich sah ihn nicht einmal.« Wetzon dachte
einen Moment nach und starrte ins Leere. »Verdammt. Möchtest du etwas wirklich
Faszinierendes hören? Alle Spieler waren gestern da. Jeder von ihnen könnte ihn
getötet haben. Genau wie in meinem Traum.« Sie stand gedankenverloren auf und
ging in die Küche, um die Kaffeebecher zu holen.
»Los, erzähle. Ich deute ihn.«
Regen trommelte gegen die Fenster, prasselte wie
Kieselsteine
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