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Tödliche Option

Tödliche Option

Titel: Tödliche Option Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Anspielungen
versteht?
    Sie bogen vom FDR Drive ab, hinein in das untere
Manhattan, wo an diesem heißen Sommersonntag kaum Verkehr war, wenn man von den
wenigen Touristenbussen absah, die nach Chinatown oder Little Italy unterwegs
waren.
    Schweiß rann wie salziger Regen von ihrer Stirn
auf die Lippen und das Kinn. Die offenen Fenster ließen dampfige Schwaden mit
der ungesunden Mischung aus Öl, Schmiermitteln, Benzin und Abgasen in den
Wagen, so daß sie husten mußte. Ihre Sonnenbrille rutschte auf der feuchten Nase
vor. Sie schob sie hoch, und sie rutschte wieder vor.
    Es mußte mit den Morden Zusammenhängen.
Silvestri hatte sich an diesem Morgen in Schale geworfen. Traf er sich mit dem
Deputy Chief of Detectives?
    Das Gebäude Nummer eins Police Plaza, wo der
Commissioner sein Büro hatte und von wo alle wichtigen Entscheidungen der New
Yorker Polizei für die Stadt ausgingen, war ein Musterbeispiel für
Fehlplanungen in Manhattan. Es war vierzehn Stockwerke hoch und wirkte wie
hingeworfen hinter dem Municipal Building, absichtlich häßlich, als wollte es
die New Yorker wissen lassen, daß Äußerlichkeiten nicht wichtig seien. Wichtig
war allein, wie die Arbeit erledigt wurde.
    Siegel hetzte sie durch die fast leere Garage
zum Aufzug und drückte auf die Dreizehn.
    Phantastisch! Da wurde sie wie eine Verdächtige
zu einem Büro eskortiert, und das ausgerechnet in einem der wenigen Gebäude in
New York, die einen dreizehnten Stock besaßen.
    Siegel führte sie durch eine offene Tür in einen
großen Raum, einem Bereitschaftsraum nicht unähnlich, in dem ramponierte
Schreibtische standen, einige mit Computerterminals, andere mit
Schreibmaschinen. An der gegenüberliegenden Wand sah Wetzon in großen blauen
Buchstaben: Detective Bureau. Gerahmte Fotografien, zweifellos von ehemaligen
Chefs, schmückten die Wand, die ursprünglich vielleicht einmal weiß gewesen
war, jetzt aber eher nach Grau tendierte. Siegel ging an den Schreibtisch und
drückte auf die Gegensprechanlage. Es knackte in der Leitung. Sie hörte keine
Stimme.
    »Ms. Wetzon ist hier«, meldete Siegel.
    »Schicken Sie sie herein.« Die Stimme war rauh
vom jahrelangen Bier- und Zigarrengenuß.
    Sie wurde in ein kühlhauskaltes Büro geführt.
Der Mann im eleganten grauen Straßenanzug wirkte gewaltiger als der schwere
Mahagonischreibtisch, hinter dem er saß.
    Aus dem Augenwinkel sah sie Silvestri und Weiss
an einem kleinen Konferenztisch mit Papieren, Notizbüchern und Fotos zwischen
sich ausgebreitet. Weiss hustete und räusperte sich. Rauch hing über seinem
Kopf wie eine dunkle Wolke.
    Chief McMann stand auf. Er war ein bulliger
Mann, vermutlich auf die Sechzig zugehend, mit hängenden Schultern und scharfen
dunklen Augen. Sein Gesicht hatte tiefe Furchen von der Nase zum Kinn, und die
Haut unter den Augen hing in schweren Falten. Er hatte riesige Ohren, und sein
volles graues Haar fiel über den kurzen dicken Hals bis tief auf den
Hemdkragen. »Ms. Wetzon«, sagte er. Seine Stimme rumpelte wie ein Dieselmotor.
Er bot ihr eine eigenartig kleine Hand mit Wurstfingern, die sie schüttelte,
und ein knappes Lächeln, das Sie erwiderte. »Ich entschuldige mich, daß ich Sie
so kurzfristig hierherbringen lasse. Nehmen Sie doch bitte Platz. Wie ich höre,
können Sie uns vielleicht helfen; wir wissen Ihre Mitarbeit zu schätzen.«
    Wetzon durchbohrte Silvestri mit Blicken, die er
ungerührt erwiderte. Sie fühlte sich in die Ecke getrieben. Silvestri rutschte
einen Stuhl weiter und machte den, der dem Chief am nächsten war, für sie frei.
    Im Zimmer war es unerträglich kalt, und Wetzon
fröstelte in dem dünnen unpassenden Kleid. Wortlos zog Silvestri sein Jackett
aus und legte es ihr um die Schultern, packte sie geradezu ein und zog die
Revers gerade. Entweder war es ein Akt der Zärtlichkeit, oder er machte einen
Anspruch auf sie als »meine Frau« geltend. Sie bedachte ihn mit einem mißtrauischen
Blick, konnte sich aber weder für das eine noch das andere entscheiden, und er
wich dem Blickkontakt aus.
    »Wie ich höre, sind Sie beide miteinander
bekannt«, begann McMann mit der winzigen Andeutung eines Lächelns.
    »Ich habe auch Lieutenant Weiss kennengelernt.«
Wetzon nickte Weiss zu, der rauchend dasaß, von einem Klemmbrett las und nicht
aufblickte.
    Alle drei saßen da und sahen den Chief an, wie
Studenten, die warten, daß der Professor mit seiner Vorlesung beginnt. Hinter
ihm an den Wänden hingen unzählige Tafeln und gerahmte lobende

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