Tödliche Option
streckte die Hand aus.
»Ah... ah, ich dachte, ich könnte mich darum
kümmern.« Er gab die Karteiblätter nicht aus der Hand.
Smith schnalzte mit den Fingern nach ihm. »Denk
noch mal darüber nach.«
Harold machte ein enttäuschtes Gesicht, als er
ihr die Bogen gab. »Wir sind noch mit anderen im Gespräch.«
»Gut. Mach die Tür hinter dir zu.« Sie kehrte
ihm den Rücken. Die Tür ging zu. »Ist er weg?«
»Smith, du bist gemein zu ihm.«
»Ich traue ihm nicht. Merkst du nicht, daß er
einem nicht in die Augen sieht? Woher wissen wir, daß er nicht zur Konkurrenz
geht oder eine eigene Firma aufmacht? Du sagst doch selbst, daß er glaubt, er
weiß alles.«
»Ach was, Smith. Das würde er nicht machen.
Irgendwie hängt er an dir, meinst du nicht?«
»Hm.« Smith öffnete die Badezimmertür und
betrachtete sich in dem Ganzfigurspiegel. »Ich meine, wir sollten die Fragen
durchgehen, die wir Janet Barnes heute beim Mittagessen stellen wollen.«
»Einverstanden.«
Smith strich sich über die schmalen Hüften,
drehte sich um und betrachtete sich über die Schulter von hinten. »Ich glaube,
ich nehme zu.« Sie trug ein enganliegendes weißes Leinenkleid, das sich nur die
größte und dünnste Frau der Welt leisten konnte.
»Unsinn. Aber wenn du es glaubst, warum
versuchst du es nicht mit ein bißchen Bewegung?«
»Bewegung?«
»Du weißt schon — Tanzen, Aerobics, Jogging.«
»Sex?«
»Dazu sage ich nichts.« Wetzon grinste. »Soll
ich Chris wegen unserer Kandidaten anrufen?«
»Ach, würdest du das tun, Schatz? Ich wollte
nämlich schnell rüber zu Vicki springen und mir einen anderen Nagellack
auftragen lassen. Es ist erst zehn; das Mittagessen ist nicht vor halb eins.«
Sie ließ die Karteiblätter auf Wetzons Tisch fallen.
»Geh nur.« Wetzon überflog die Blätter. »Das
sind ziemlich gute Leute. Wenn sie nicht für Luwisher Brothers arbeiten, können
wir sie an Bear vermitteln.« Smith antwortete nicht. Wetzon redete mit einem
leeren Zimmer. Seufzend nahm sie das Telefon ab und wählte Chris’ direkte
Nummer.
»Hallo, was haben Sie für mich?« Sein Ton war
immer so intim, fast so, als fiele er durch das Telefon über sie her. Das war
der Stil der Börsenmakler, die in einer Telemarketingfirma gelernt hatten.
Chris sprach mit jedem so.
Sie kam sofort zur Sache, indem sie schnell die
Kandidaten durchging und Termine ausmachte. Sie wollte schon auflegen, als er
sagte: »Und wie geht’s sonst?« Er hatte noch kein Wort von Carl ton Ash gesagt.
»Sie haben am Samstag eine kleine Aufregung
verpaßt.«
»Das habe ich gehört.«
»Ich nehme nicht an, daß Sie zufällig Dr. Ash
oben begegnet sind, bevor ich Sie traf?«
»Nehmen Sie nichts an, Wetzon. Es könnte
schlecht für Ihre Gesundheit sein.«
»Na! Das sind aber nette Worte.«
»Nein, ich habe Ash nicht gesehen. Ich war dort,
um Papiere zu holen, die ich übers Wochenende lesen wollte. Das Haus war leer.«
Er lachte rauh. »Sie versuchen, Ihr Honorar als Detektiv zu verdienen, wie ich
sehe.«
»Ach, lassen Sie, Chris. Ich dachte, wir wären
Freunde. Was soll das?«
»Sie nehmen alles so ernst, Wetzon.« Er lachte
wieder. »Können wir uns am Donnerstag zum Abendessen treffen? Ich hole Sie vom
Büro ab.«
»Aha? Könnten Sie mir vielleicht einen Tip
geben, worum es geht?«
»Sagten Sie nicht gerade zu mir, daß Sie
dachten, wir wären Freunde?«
»Ja.«
»Nun, ich habe etwas Geschäftliches mit meiner
Freundin zu besprechen. Was sonst?«
Sie empfand die geflüsterte Intimität in seiner
Stimme plötzlich als beunruhigend, aber ihr Terminkalender war für Donnerstag
abend frei. »Donnerstag ist prima«, sagte sie.
»Seien Sie nicht zu begeistert, Wetzon.«
Sie legte auf. Er wollte von Luwisher Brothers weg.
Oder drängten sie ihn hinaus, wie sie es mit Ellie machten? Sie schnitt eine
Grimasse. Alles war ein Rätsel. Und sie war ein Maulwurf. Sie fragte sich, ob
sie Silvestri berichten sollte, daß sie am Donnerstag mit Chris zu Abend essen
würde. Sie mußte sich eingestehen, daß es ihr gefiel, an einer Ermittlung
beteiligt zu sein. Es war aufregend, und das winzige Element von Gefahr machte
es gerade reizvoll.
Sie ging hin und her, öffnete die Tür zum
Vorzimmer und ließ sie offen. Sie wollte Geräusche, andere Leute reden hören.
Dann schob sie die Jalousien beiseite und starrte durch die Glastüren in den
Garten, ohne etwas wahrzunehmen. Im Geist sah sie Goldies blauen Kopf auf der
Servierplatte.
Ihr kam in den Sinn, wie
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