Tödliche Option
sie Silvestri zur Rede
gestellt hatte, nachdem der D.P. gegangen war. »So, Silvestri, jetzt hast du,
was du wolltest. Gib mir die Gegenleistung.«
Sie hatte sich geärgert, daß er sie überlistet
hatte, in die Zusammenarbeit mit ihnen einzuwilligen. Jetzt bestand kein
Zweifel mehr, daß sie einen Klienten hinterging.
Weiss lächelte amüsiert. Er zündete eine
Zigarette an, neigte den Kopf zurück und blies vollkommene Rauchringe.
»Mach schon, Silvestri«, sagte sie. »Rück es
heraus. Was war es? Arsen? Strychnin? Zyanid? Lauge? Rattengift?« Ihre Füße
hatten jedes Gift mit einem Stepschritt unterstrichen.
»Laß den Quatsch, Les.« Silvestris Augen waren
schieferkalt. »Sie wurden beide mit einer kräftigen Dosis Sulfitpulver
getötet.«
Sie hörte abrupt auf. »Sulfitpulver?«
»Mhm«, knurrte er. »Bist du nun klüger als
zuvor?«
Silvestri hatte recht. Daß sie nun das Gift
kannte, änderte überhaupt nichts; nur ihre Neugier war befriedigt.
Das Telefon läutete.
»Smith & Wetzon«, meldete sich B. B.
»Moment bitte.« Er sah auf. »Len Bernhardt für dich.«
»Gut. Es wird um Tony Weinstein gehen, wenn du
zuhören willst, B. B. Komm rein.« B. B. hatte den Kontakt zu Tony Weinstein
hergestellt und ihn als sehr tauglichen Kandidaten an Wetzon weitergegeben.
Tony machte eine Million Dollar, war aber unglücklich über die Fusion von Hutton
und Shearson.
»Tag, Len.«
»Er ist nicht wieder aufgetaucht, Wetzon. Es
reicht mir. Rufen Sie ihn an und sagen Sie, wenn er mir seine Geschäftsberichte
nicht schickt und kein Eintrittsdatum nennt, ist er für mich gestorben.
Vorbei.« Sie hielt den Hörer vom Ohr weg. Len war so wütend, daß B. B. jedes
Wort verstehen konnte.
»Oh, tut mir leid. Ich sehe, was passiert ist.«
Sie legte auf.
B. B. war empört. Seine Prämie hing davon ab, ob
»seine« Kandidaten vermittelt wurden. »Das ist schrecklich. Wohin können wir
ihn sonst schicken?«
»Tony produziert weit über eine Million, B. B.
Len wird ihm verzeihen. Jeder wird ein bißchen flunkern, und Tony wird
schließlich hingehen, weil es das beste Geschäft in Wall Street ist.«
Bis Smith zurückkam, hatte Wetzon die meisten
Telefonate erledigt und die Wogen zwischen Weinstein und Bernhardt geglättet.
»Es ist gräßlich draußen«, sagte Smith. Sie
fächelte sich mit dem Journal Luft zu. »Was habe ich verpaßt?« Sie streckte
ihre langen Finger vor, damit Wetzon die französische Maniküre mit den weißen
Rändchen bewundern konnte.
»Sehr hübsch.«
»Paßt toll zu meiner Bräune. Irgendwas, worüber
ich Bescheid wissen sollte? Hast du mit Ellie Kaplan gesprochen?« Sie runzelte die
Stirn. »Bring deine Frisur in Ordnung. Sie löst sich auf.«
»Nein, mit Ellie habe ich nicht gesprochen, tu
ich aber noch. Wir hatten die üblichen Absagen, Terminverschiebungen, und Tony
Weinstein hat Len Bernhardt wieder einmal versetzt.« Sie hatte Ellie vergessen.
Oder vielleicht vermied sie es, sich mit ihr zu befassen.
»Ein Tag wie jeder andere.« Sie blätterte ihre
rosa Nachrichtenzettel durch. »Ich habe ein paar potentielle neue Kunden, mit
denen ich reden muß.«
»Gute, hoffe ich. Keine kleinen Firmen mehr mit
Liquiditätsproblemen, bitte«, sagte Wetzon, während sie im Bad ihr Make-up
auffrischte und ihr Haar neu steckte, obwohl alles in Ordnung war.
»Aber, aber, Wetzon, Zuckerstück. Du hörst dich
langsam an wie ich.«
Wer mit den Hunden zu Bette geht, steht mit
Flöhen wieder auf, dachte
Wetzon, als sie auf dem Weg zu Janet Barnes’ Wohnung in der Park Avenue im Taxi
saßen. Meine Güte, das war scheußlich, ermahnte sie sich. Wie konnte sie nur so
etwas denken?
Wrightman House, ein Apartmenthaus mit dem Aussehen
eines Arsenals, nahm das ganze Gelände zwischen 90. und 91. Street ein. Es war
in den zwanziger Jahren gebaut worden und hatte einen riesigen Hof, auf den man
fahren konnte, vergleichbar nur mit fünf oder sechs anderen Gebäuden in
Manhattan, etwa mit dem Apthorp an Broadway und 79. Street und dem Dakota an
der Central Park West.
Ein Portier, der wie ein englischer Bobby
gekleidet war, bat um ihre Namen und schrieb sie auf eine Karte. Die Karte
wurde dann einem anderen Bobby übergeben, der sie in ein Nebenzimmer trug und
nach oben telefonierte.
Smith und Wetzon wurden aufgefordert, in einem
feudalen Empfangszimmer zu warten, ganz wie in der Halle eines Grandhotels, mit
mittelalterlichen Gemälden in Ol und einer Skulptur von Max Ernst.
»Du meine Güte«, sagte Wetzon.
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