Tödliche Option
nicht, doch Wetzon
hörte die Toilettenspülung und laufendes Wasser.
Das Fenster hatte weiße gekräuselte Gardinen mit
Raffhaltern über geschlossenen rosa Jalousien. Mehrere Bücher lagen auf dem
Nachttisch neben einem Foto im Silberrahmen. Obwohl es ein Gästezimmer war,
hatte es eine persönliche Note. Man konnte sie fast greifen. David Kim? Nein,
bestimmt nicht. Es hatte eher eine weibliche Ausstrahlung.
Sie ging in Ellies strenges Schlafzimmer und
klopft e an die geschlossene Tür zum Ankleidezimmer. »Smith! Nun komm
schon!«
»Bin gleich da.«
Sie schlenderte zurück in das hübsche
Schlafzimmer. Die Fenster mußten auf den Garten gehen. Für einen Garten würden
New Yorker morden. Sie fragte sich, wie Ellie dazu gekommen war. Jeder Garten
in Manhattan war ein winziges einzigartiges Kleinod. Vermutlich war es jetzt zu
dunkel, um ihn sehen zu können.
Wetzon zog die rosa Jalousie auf und schaute
nach unten. Mondlicht fiel durch den dunklen Flaum der heißen Juninacht.
Weiches Licht drang aus Fenstern der umliegenden Wohnungen. Sie erkannte einen
hohen Zaun, einen Baum, einen Schimmer von Wasser — vielleicht ein winziger
Fischteich — , Gebüsch, Gartenmöbel. Ein an einem weißen Metalltisch
befestigter gestreifter Schirm war aufgespannt und hielt Mondstrahlen ab.
Bei dem Baum stand ein Liegestuhl mit Polstern,
mit der Lehne zu den Fenstern. Jemand hatte, wie es schien, ein Handtuch oder
ein Kleidungsstück darauf liegengelassen.
Sie starrte nachdenklich hinunter, schluckte,
fuhr zurück und stieß dabei mit Smith zusammen, die unbemerkt ins Zimmer
gekommen war.
»Entschuldige«, sagte Smith.
»Smith...« Wetzon zog die Jalousie ganz hoch.
»Was machst du?«
»Smith, schau nach unten. Was siehst du?«
Smith warf einen Blick in den Garten. »Einen
Garten. Diesen Haus muß ein Vermögen wert sein.«
»Smith«, half Wetzon nach. »Ich meine den
Liegestuhl. Was siehst du?«
»Was meinst du... nein, um Gottes willen!« Sie
packte Wetzon.
Wetzon machte sich von ihr los, dachte nicht
mehr an ihr Knie und rannte zur Treppe.
»Warte!« Wetzon hörte Smith hinter sich
schreien, als sie die Treppe hinunterstürzte.
Ihr einziger Gedanke war Ellie... Ellie
lag seit mindestens zwei Stunden oder länger da draußen auf dem Stuhl — krank,
verletzt vielleicht. Wetzon fummelte ungeschickt an den Schnüren herum,
versuchte, die richtige für die bodenlangen Übervorhänge zu finden, die die
hintere Wand des Wohnzimmers bedeckten. Endlich zog sie an der richtigen
Schnur, die Vorhänge glitten nach links und legten eine Tür und ein großes
Doppelfenster frei. Der Garten wirkte wie eine Radierung in dem kalten Licht
des Vollmondes. Von da konnte sie die Gestalt auf dem Stuhl nicht sehen.
Smith’ eisige Hand berührte Wetzons nackten Arm.
»Ich meine, wir sollten nicht hinausgehen. Wahrscheinlich schläft sie nur ihren
Rausch aus.«
»Du brauchst nicht mitzukommen.« Wetzon zog die
Tür zum Garten auf und trat auf die geflieste Terrasse hinaus, knapp an einer hochhackigen
Sandale vorbei, die umgekippt dalag.
Irgendwo am Himmel dröhnte ein Flugzeug träge im
Landeanflug auf Kennedy. Die Luft war schwer, heiß und feucht, getränkt vom
lieblichen Duft der Rosen, der aus den üppig wuchernden Büschen entlang dem
westlichen Zaun kam. Und noch etwas. Whisky und Urin. Stadtstraßengeruch, nicht
die Düfte eines privaten Gartens.
Der Pfad teilte sich, wobei ein Weg zu dem
beschirmten Tisch führte, den sie von oben gesehen hatte; sie folgte dem
anderen zu dem kleinen Fischteich, dem Baum und dem Stuhl.
Im Mondlicht schien Ellies linke Hand über einer
unverschlossenen Flasche Jack Daniel’s, die am Boden lag, zu schweben.
»Sieh sie nur an«, sagte Smith, als sie neben
Wetzon trat. »Was habe ich gesagt?«
Ellie lag auf dem Rücken ausgestreckt, in einem
teilweise zugeknöpften Frotteebademantel, den Kopf nach vorn auf die Brust
geneigt, das Haar über dem Gesicht. Die rechte Hand ruhte auf der Hüfte,
beinahe eine Rose umfassend. Der untere Teil des Bademantels war verrutscht und
verhüllte kaum den Spitzenslip und ihre Beine. Ein Fuß war nackt, der andere
trug das Gegenstück zu der hochhackigen Sandale.
»Ellie?« Wetzon beugte sich über sie. Kalter
Schweiß trat auf ihrer Stirn und Oberlippe aus, lief an ihren Armen hinunter.
»Sie hat sich naß gemacht«, sagte Smith. »Das
ist ekelhaft. Ich weiß nicht, wie du das aushältst. Ich gehe hinein. Ich
schlage vor, du läßt sie ausschlafen und
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