Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
Tischtuch.
Während ich meinen Nachtisch schälte und aß, goß Zavatter Mineralwasser in sich
hinein. Er sei in allen Bistros der Firma Eden gewesen, sagte er. Seine
schwere Zunge sowie seine plötzliche Vorliebe für Vichy bewiesen mir, daß er
die Wahrheit sagte. In keinem Bistro, fuhr er fort, habe man den Taxifahrer
Fred Tanneur gekannt. Ich tröstete meinen Mitarbeiter und versicherte ihm, daß
ich mit so etwas gerechnet hätte. Zavatter war völlig geschafft. Er
verabschiedete sich und ging schlafen.
    Kurz darauf wurde ich ans Telefon gerufen.
Reboul erstattete mir Bericht.
    „Galzat ist etwa fünfundzwanzig“, sagte er, „groß,
braungebrannt, distinguiert, draufgängerisch. Wohnt in der Rue Bergère, im Bijou-Hôtel. Mir scheint, er hat sich etwas übernommen mit dem Vorsatz, die ungeklärten
Kriminalfälle der letzten drei Monate zu lösen. Macht den Eindruck, daß er
mächtig ins Schwimmen geraten ist und seinem Ruhm um einiges hinterherhinkt.“
    „Vorsicht! Der Junge operiert vielleicht im
verborgenen.“
    „Keine Angst, ich halte meine Augen weit offen!“
    „Mit welchem Typ Frau ist er im Moment zusammen?“
    „Im Moment mit keinem. Sie können sich
vorstellen, daß mich das besonders interessiert hat...“
    „Versuchen Sie herauszufinden, welchen Frauentyp
er bevorzugt. Eventuell könnte man eine Eva auf ihn ansetzen!“
    „Prima Idee.“
    Wir redeten noch über dies und das und legten
dann auf. Ich beglich die Rechnung und verließ das Lokal.
    Ein Glück, daß René Galzat im Augenblick
unbeweibt war! Zu den überzeugten Frauenhassern gehörte er doch wohl
hoffentlich nicht. Ich würde ihm schon eine barmherzige Schwester
vorbeischicken, ob er sie nun blond oder braun mochte, rothaarig oder
albinoweiß, tätowiert oder kurzsichtig. Zufrieden mit meinem Einfall, beschloß
ich, ihn dementsprechend zu feiern: Ich ging ins Kino.
    Vor dem Hauptfilm gab es als Attraktion die
Rhythmusgruppe Tango-Tanguy. Die Bedeutung des Namens sowie der
Darbietung blieben mir leider verborgen. Dafür erinnerte mich die Bezeichnung
der Gruppe an den Besuch, den ich noch in Saint-Ouen zu absolvieren hatte: bei
dem Arzt mit dem ebenso eleganten wie langen Namen. Philippe Blouvette-Targuy!
Wie konnte man nur so heißen? Doch eben weil der Name so kompliziert war, hatte
ich ihn sofort behalten... und er kam mir bekannt vor! Wo hatte ich ihn schon
einmal gehört? Aber vielleicht erinnerte mich Targuy auch nur an den Stamm der
Tuaregs.

Die
tödliche Tüte
     
    Möglich, daß ich von Antinea träumte — so was
soll Vorkommen! — , aber als ich am nächsten Morgen aufwachte, dachte ich an
jemand ganz anderen als an Neptuns Enkelin. Wenn ich inzwischen eine
Möglichkeit sah, mit dem rührigen Journalisten (»draufgängerisch« nannte ihn
Reboul) fertigzuwerden, so traf das auf Frédéric Tanneur ganz und gar nicht zu.
Der Taxifahrer interessierte mich nämlich fast genausosehr wie Antinea. Und das
will was heißen! Durch seinen Fall würde es mir vielleicht gelingen, René
Galzat in seine Schranken zu verweisen und meinen Ruf als Geheimniskiller
wiederherzustellen. Ich hatte auch schon eine Idee...
    Ich nahm den Telefonhörer und wählte die Nummer
von Antrigol. Trotz des Namens handelte es sich bei ihm nicht um ein
Wunderheilmittel. Er war einerseits Immobilienmakler und andererseits
Hersteller von Fußmatten. Einerseits zum Geldverdienen, andererseits fürs
Finanzamt. Im Moment betätigte er sich als Immobilienmakler.
    Bereitwillig weihte er mich in die Geheimnisse
seiner Branche ein. Jaja, es könne sein, daß eine Bistrokette eine ihrer
Zweigstellen samt Automaten verkaufe. Doch, das sei schon vorgekommen. Ob die Eden -Kette
in letzter Zeit solch ein Geschäft getätigt habe? Er wolle mal nachsehen,
antwortete mein Informant und legte den Hörer auf den Tisch.
    Als Artrigol nachgesehen hatte, kam er wieder an
den Apparat. Nein, in letzter Zeit habe Eden kein Bistro verkauft. Die
letzte Transaktion habe schon vor einiger Zeit stattgefunden. Er kenne
persönlich ein Lokal in Montmartre, die Lucius Bar in der Rue de Douai,
in der zwei Automaten Spielmarken mit der Aufschrift Eden schlucken
würden.
    Rue de Douai in Montmartre? Ich weiß nicht
warum, aber zu dem Viertel fühlte ich mich sofort hingezogen.
     
    * * *
     
    Das Bistro war menschenleer. Im Hintergrund saß
ein einzelner Gast, las den Paris-Midi und kaute auf einem Sandwich, das
so dick war wie ein Ziegelstein. Zwei oder drei weitere Gestalten bewegten

Weitere Kostenlose Bücher