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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Larcher. Leblanc hat es geschafft, die Abschiedsworte
mitzukriegen. Galzat hat gesagt, es wäre dumm, soviel Angst zu haben. Sie hat
ihm recht gegeben und die Schuld auf ihre Nerven geschoben. Sie sollte nicht
zwei Abende hintereinander ausgehen, meinte sie. Zuletzt hat er ihr den
Vorschlag gemacht, sie ihrer Haushälterin zu übergeben und den Wagen in die
Garage zu fahren. Sie hat abgelehnt und gemeint, das könne sie selbst
erledigen. Ich hatte den Eindruck, er suchte einen Vorwand, um noch länger bei
ihr zu bleiben, und sie war’s so langsam leid. Zufällig kam ein Taxi vorbei,
sie hat es rangewinkt und ihn hineingesetzt, fast mit Gewalt.“
    „Prima. Schlußfolgerung: René Galzat will mich
reinlegen, ausstechen und was weiß ich sonst noch. Und gleichzeitig macht er
der Larcher schöne Augen, den Hof usw. Schöne Nachrichten, so vor dem
Frühstück... Vielen Dank!“
    „Was die Frau angeht, Chef, da ist noch nichts
Irreparables passiert“, beruhigte mich Reboul.
    „Hätte grade noch gefehlt“, knurrte ich.
     
    * * *
     
    Ganz oben auf der Liste, die der heimatlose
Rächer aufgestellt hatte, stand eine Adresse in Montmartre: Paolis offizieller
Wohnsitz, der Polizei bekannt und daher unbewohnt. Die Deckadressen waren da
schon interessanter: eine in der Nähe der Place de l’Etoile und eine weitere am
Quai des Grands-Augustins, genau gegenüber der Kripo!
    Instinktiv ließ ich erst mal die Adressen im
Zentrum außer acht, um mich denen in den Vororten zu widmen.
    Das Gangsternest in La Varenne verströmte den
widerlichen Geruch bürgerlicher Hochanständigkeit. Keinerlei Hauch von
Geheimnis und Abenteuer umgab die Villa im klassischen Stil. Nur aus
Gewissenhaftigkeit ging ich in die nahegelegene Apotheke. Wie ich erwartet
hatte, konnte der Angestellte auf keine meiner Fragen eine befriedigende
Antwort geben.
    Blieb nur noch der Wohnsitz in Malabry. Der
Autobus setzte mich in dem freundlichen Vorort ab. Ohne die blockartigen
Kasernen der Bereitschaftspolizei wäre der Eindruck noch viel freundlicher gewesen.
    Was ich suchte, fand ich am Rande des Bois de
Verrières, weit weg von der Ortschaft. Das Anwesen war von einer abweisenden,
hohen Mauer umschlossen. Die Atmosphäre war in nichts mit der von La Varenne zu
vergleichen. Durch das riesige Gittertor erspähte ich eine stattliche Villa.
Schon eher ein Schloß. Nur ein geöffnetes Fenster im oberen Stockwerk und ein
hochgestelltes Mansardenfenster verrieten, daß das Haus bewohnt war.
Menschliche Geräusche waren nicht wahrzunehmen. Dennoch, der Mittelgang, der auf
die Villa zuführte, war gepflegt, und der englische Garten wies eine Radspur
eines schweren Fahrzeugs auf, das vor kurzem darübergefahren sein mußte.
    Über dem Dachfirst, allerdings weit hinter dem
Gebäude, erhob sich ein Turm. Ich ging um die Mauer herum, vorbei an einer
Seitentür, die zwar nicht mehr ganz neu war, dafür aber ein solides Schloß und
gutgeölte Angeln besaß. Plötzlich stand ich so dicht vor dem Turm, daß mir die
Sicht auf die Spitze vom Blattwerk der Bäume versperrt wurde. Ich kämpfte mich
ein wenig durch die Sträucher, die zwischen den Bäumen standen, und zückte mein
allzeit bereites Opernglas. Mit seiner Hilfe sah ich eine große Hütte am Fuße
des Turmes, einen Schuppen, der wie ein Attentat auf die Schönheit dieses
Fleckchens Erde wirkte. Offenbar war er vor kurzem hochgezogen worden, auch
wenn man sich bemüht hatte, die neuen Bretter auf alt zu trimmen.
    Ich verließ meinen Beobachtungsposten und ging
noch näher ran. Der Wind raschelte in den Bäumen. Ich brauchte eine Weile, um
andere, sehr merkwürdige Geräusche wahrzunehmen, die gedämpft an mein Ohr
klangen. Geräusche von Hammerschlägen und von Sägen, die sich durch Metall
hindurchfraßen.
    Vielleicht war es nicht besonders klug, sich den
Schuppen — und das, was sich darin abspielte — genauer anzusehen. Zunächst
mußte ich noch etwas anderes wissen. Ich ging wieder zurück und gelangte auf
einen Weg, der sich bis zu den ersten (oder letzten) Häusern von Malabry
schlängelte. An dem Tor einer Villa, die etwas abseits stand, hing ein
glänzendes Kupferschild. Hier wohnte ein Arzt, der die Einsamkeit liebte. Ich
hatte das sichere Gefühl, meine Zeit nicht zu vergeuden.
    Wenn dieser Arzt die Einsamkeit liebte, dann war
er hier goldrichtig. Sein Wartezimmer glich dem, was einen Schwertschlucker
umgibt, der nach der Darbietung mit dem Teller rumgeht: Leere.
    Der Arzt erschien. Er hatte einen

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