Tödliche Pralinen
halten Sie von den mysteriösen Vergiftungen?“
Deswegen war er also gekommen!
„Im Moment gar nichts“, antwortete ich. „So
festgenagelt, wie ich bin...“
„Ich hab um eine Autopsie der Leiche von Louis
Béquet gebeten“, fuhr er fort, während er sich im Zimmer umsah. „Ihre
hartnäckige Fragerei neulich hat mich doch etwas beunruhigt. Auch wir Ärzte
können uns irren, schließlich sind wir nur Halbgötter, hahaha... Ich wollte
Klarheit haben.“
„Und? Haben Sie die jetzt?“
„Wissen Sie das nicht? Die Kripo war sehr
hilfsbereit. Hat ohne weiteres meiner Bitte entsprochen. Nein, ich hatte mich
nicht geirrt.“
Hörte sich an, als bedaure er, daß er sich nicht
geirrt hatte. Ich mußte lachen.
„Sie sagen das so komisch! Wär’s Ihnen lieber
gewesen, der Junge wäre einem Verbrechen zum Opfer gefallen wie sein Freund
Jean Tanneur?“
Mein Besucher lachte gekünstelt.
„Und Sie wollen das Hospital verlassen? Ich habe
eher den Eindruck, Sie haben sich noch nicht von Ihrem Schock erholt, Monsieur
Burma! Wundert mich nicht, bei dem Zeug, das man Ihnen verschrieben hat...“
Er nahm ein Medikamentenfläschchen von meinem
Nachttisch, schraubte es auf und schnupperte daran.
„Dreckszeug“, murmelte er.
Nur wenige Dinge und Personen fanden Gnade vor
den Augen des Arztes. Doch auch wenn er viele Leute für Idioten hielt, so
gelang es ihm nicht in überzeugender Weise, haarigen Themen auszuweichen. Nun,
ich wollte nicht weiter auf der Autopsie herumreiten. Er war es, der wieder
darauf zu sprechen kam:
„Es wäre eine gute Reklame für Ihre Agentur,
wenn Sie die Vergiftungsfälle lösen könnten.“
„Falls ich Sie jemals lösen könnte“, ergänzte
ich skeptisch.
„Sie lösen doch alle Fälle“, schmeichelte er
mir.
„Aber nicht mit Blei im Körper“, widersprach
ich. „Doch haben wir ja noch einen anderen Sherlock Holmes in der Reserve. Ich
meine Monsieur Galzat, den Sohn Ihres Freundes.“
„René? Er war mehrmals bei mir. Hat aber nicht
viel erzählt.“
„Er weiß, wann er schweigen muß. Das ist das
einzige, was uns verbindet. Ich bin sicher, er kümmert sich um den Fall und
nutzt meinen Unfall aus, um ihn zu einem bravourösen Ende zu bringen.“
„Würde mich wundern.“
„Mich nicht.“
Er stand auf, setzte sich dann aber wieder.
Offensichtlich wollte er mir noch etwas Wichtiges sagen, kam aber nicht dazu.
Das Auftauchen von Reboul und Jacques Bressol, dem Zeitungsjungen, verschlossen
ihm endgültig den Mund. Er stand wieder auf und verabschiedete sich, nicht ohne
seine Einladung zum Abendessen zu wiederholen. Er hoffe doch, daß ich das
Hospital bald verlassen dürfe.
Das hoffte ich auch. Denn um einen klaren
Gedanken fassen zu können, brauchte ich eine andere Umgebung als dieses
weißgetünchte Zimmer.
„Was machen Sie denn hier?“ fuhr ich Reboul an,
als der Arzt gegangen war. „Sollten Sie nicht Galzat beschatten?“
„Wir haben seine Spur verloren“, gestand mein
Mitarbeiter kleinlaut.
„Ach ja? Na, wir werden trotzdem wissen, was er
so treibt. Aber einem Profi wie Ihnen dürfte so was eigentlich nicht passieren!
Und daß Sie hierherkommen, um mir die Panne zu beichten, ist bereits Ihr
zweiter Fehler! Jaja... Und einen Entlastungszeugen haben Sie auch gleich
mitgebracht? Wo haben Sie unseren Gangster aufgegabelt?“
Jacques Bressol hob zur Begrüßung die Hand, und
ich konnte das schmutzige, zerrissene Futter seines rechten Ärmels bewundern.
„Nur ‘ne Minute, Burma“, sagte er. „Muß sie was
fragen.“
„Er ließ sich nicht abschütteln“, warf Reboul
entschuldigend ein.
„Nicht so wie Sie“, stellte ich fest.
„Also, Gangster, was gibt’s? Mach’s kurz.“
„Sind Sie aber dynamisch“, lachte der Junge.
„Verarsch mich nicht! Was willst du?“
„Wissen, wie alt man sein muß, um bei Ihnen
anfangen zu können.“
Ich verlor meine Beherrschung. War nicht in der
Stimmung, mir dummes Zeug anzuhören. Meine Rechte landete am Kinn des
Halbwüchsigen. Er sah nach, ob die Putzfrau heute morgen auch in der
gegenüberliegenden Zimmerecke saubergemacht hatte.
„Entschuldigung“, murmelte ich sofort.
„Schon o.k.“, knurrte Bressol, als er sich
wieder hochrappelte. „Aber ich hau besser ab.“
„Hat’s sehr weh getan?“
„Nein, nein, überhaupt nicht! Meinen Sie, Sie
hätten mir ‘n Tausender an den Kopf geworfen?“
Ich mußte lachen.
„Wollte nur ausprobieren, ob ich wieder in Form
bin“, sagte ich. „Danke, daß du
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