Tödliche Recherche
Bahn über die Machenschaften hinter seinem Rücken völlig überrascht. Denn von der personellen Überlegung Taschens hatte er nichts geahnt.
Donnerstag, 7. November
Der Streit war vorhersehbar, als Bahn am Morgen grußlos in die Tageblatt-Redaktion stürmte. „Was soll denn die Scheiße“, fuhr er wütend Taschen an, der es sich in einem prächtigen Sessel hinter dem großen Schreibtisch in seinem Zimmer bequem gemacht hatte. Der Lokalchef liebte es, mit Blick aus dem Fenster hinaus zur Konkurrenz der Dürener Zeitung zu repräsentieren und mit seinen journalistischen Leistungen zu kokettieren. Nicht viel älter als Bahn war er schon stark angegraut, weshalb ihn jedermann in der Redaktion respektvoll oder auch ängstlich als graue Eminenz bezeichnete. Gefürchtet waren seine oft sarkastischen Kritiken.
„Warum schwärzt du mich eigentlich bei der Kripo an?“, fragte Bahn erregt.
Taschen reagierte gereizt mit einer Gegenfrage: „Wieso kommst du dazu, meine Zeitung in Verruf zu bringen?“ Seine stechenden Augen waren zu bedrohlichen Schlitzen geworden. Aus seiner Antipathie gegen Bahn machte er kein Hehl mehr. „Wieso?“, fragte Bahn verdattert.
Taschen hielt ihm den Kölner Expreß hin. „Prima“, meinte er ironisch, „wirklich prima. Lies!“
Hastig überflog Bahn den von Taschen angestrichenen Artikel mit der Überschrift „Kollege in Verdacht!“ Das Boulevardblatt hatte darin präzis berichtet, daß gegen den Dürener Kollegen B. des verstorbenen Journalisten Schramm ein
Anfangsverdacht wegen eines Tötungsdeliktes bestanden habe. Dieser Anfangsverdacht sei aber inzwischen als unbegründet ausgeräumt worden.
„Ist doch alles klar“, meinte Bahn erleichtert. „Ich weiß gar nicht, was du überhaupt willst.“ Es ärgerte ihn zwar ungemein, daß die Informationen bekannt geworden waren, aber er zeigte es seinem Chef nicht.
„Nichts ist klar“, reagierte Taschen ungehalten. „Das Tageblatt wird hier in Zusammenhang mit dem Tod von Schramm gebracht. Das ist wirklich gut fürs Image“, spöttelte er. „Das hast du hervorragend hingekriegt. Der Verdacht wird immer an dir hängenbleiben und damit auch am Dürener Tageblatt“
„Blödsinn“, knurrte Bahn. „Da redet in ein paar Tagen doch kein Mensch mehr drüber.“
„Da irrst du aber gewaltig, mein Lieber“, widersprach Taschen heftig. „Heute haben mich schon zwei Leser angerufen und gefragt, ob das stimmt, was da im Expreß steht. Was wir doch für ein Sauhaufen seien.“
Taschen funkelte Bahn böse an. „Das wird Konsequenzen haben! Das muß Konsequenzen haben!“
„Und welche, wenn ich fragen darf?“ Bahn war erbost und zugleich irritiert.
Übertrieben höflich klärte ihn der Lokalchef auf. „Ich werde mit der Chefredaktion und der Verlagsleitung reden müssen. Du bist für mich in dieser Redaktion untragbar geworden.“ Taschen blickte seinen Untergebenen feindselig an.
„Am besten ist es, wenn du kündigst, bevor der Verlag dir kündigt. Du hättest den Schwachsinn mit der Strafanzeige lassen sollen.“
„Das ist doch kein Kündigungsgrund“, wehrte sich Bahn. Er war perplex.
„Das nicht“, bestätigte ihm Taschen. „Aber der Artikel heute im Expreß. Du kennst doch meine Redaktionsrichtlinien.“ Taschen zog demonstrativ ein Blatt aus einer Schreibtischschublade. „Nur für den Fall, daß du sie vergessen hast.“
Er las laut und pointiert vor: „Der Redakteur hat alles zu unterlassen, das den Namen des Dürener Tageblatts in Mißkredit bringen könnte.“ Der Lokalchef blickte Bahn wieder streng an. „Aber gerade das hast du getan.“ Er grinste hämisch. „Ein Verstoß gegen die Richtlinien rechtfertigt eine Kündigung. Das wird dir jedes Arbeitsgericht bestätigen.“ Taschen legte das Blatt zurück. „Überlege es dir bis morgen, was du zu tun beabsichtigst, bevor ich in Köln anrufe.“
Bahn wandte sich verunsichert ab.
„Ach ja, noch etwas“, sprach ihn Taschen scheinheilig von hinten an. „Hast Du der Kripo etwa nicht gesagt, daß du die Nacht gar nicht zu Hause verbracht hast und erst gegen sechs Uhr am Dienstag im Bett warst?“
Bahn erstarrte. Seine Nackenhaare sträubten sich. Taschen wußte, daß er Küpper nicht die Wahrheit gesagt hatte.
Doch ehe er nachfragen konnte, ritt sein Vorgesetzter schon die Attacke weiter: „Ich kann dir jetzt schon sagen, was morgen im Expreß steht. Willst du es hören?“
Ohne auf Bahns Antwort zu warten, setzte er seine hämische Rede fort: „Wo
Weitere Kostenlose Bücher